Marktdesign: Blick ins politische Epizentrum
Top-Themen der Energiepolitik
Der Anlass des VSE lockte am 8. November 2017 über 60 Teilnehmer nach Zürich. Im Zentrum standen das künftige Strommarktdesign – und die Erkenntnis, dass auch die nächsten Jahre von hitzigen politischen Diskussionen über eine sichere Stromversorgung geprägt sein werden.
Die Versorgungssicherheit der Schweiz sei bis 2035 gewährleistet, versicherte Pascal Previdoli, stellvertretender Direktor des Bundesamts für Energie, auf Basis der jüngsten Untersuchungen des Bundes. Mengenmässige Engpässe, vor allem im Winter, sollten durch operative Massnahmen aufgefangen werden können. Positiven Einfluss erwartet das BFE von einer vollständigen Marktöffnung – auch unabhängig von einem Stromabkommen. Diese helfe, die Effizienz des Energy-Only-Marktes zu erhöhen, neue Geschäftsmodelle im Sinn der Energiestrategie 2050 zu etablieren und die verbrauchsseitige Flexibilität zu stimulieren.
Für die Versorgungssicherheit entscheidend seien der Austausch der Schweiz mit und deren Integration in die umliegenden Strommärkte. In extremen Wettersituationen und falls namhafte Produktionskapazitäten in der Schweiz und im Ausland wegfallen sollten, müsste mit grösseren Versorgungsproblemen gerechnet werden. Für solche Worst Cases soll die Etablierung einer strategischen Reserve geprüft werden, welche situativ bei absehbaren Engpässen für die Vorhaltung entsprechender Kapazitäten sorgen soll.
Anschliessend vertieften Pascal Previdoli und Michael Frank, Direktor des VSE, die Erkenntnisse des BFE. Es brauche einen breiten Dialog mit Stakeholdern, kündigte Previdoli an. Dabei sei auch die Frage zu erörtern, ob sich nicht alle Endkunden an der Versorgungssicherheit und ihren Kosten beteiligen müssten. Es zeigte sich auch, dass unerwünschte Effekte auftreten könnten. So könnte eine vollständige Marktöffnung das Missing-Money-Problem verschärfen; und die Etablierung einer strategischen Reserve könnte den Energy-Only-Markt torpedieren. Entsprechend müssten auch flankierende Massnahmen geprüft werden.
Ein Stromabkommen mit der EU würde für das grenzüberschreitende Funktionieren des Strommarktes eine wichtige Rolle spielen. Die Befürchtung, dass die Schweiz im Krisenfall von der EU übergangen würde, teilte Previdoli jedoch nicht. Die Nachbarländer seien sich des Wertes der Schweizer Speicherkraftwerke und deren zentraler und stark vernetzten Lage hinreichend bewusst. Diese Trümpfe blieben der Schweiz sicher.
Unter Leitung von Jürg Meier, Wirtschaftsredaktor der NZZ am Sonntag, wurden die Überlegungen aus politischer Sicht gewürdigt. Die Diskussion mit den Ständeräten Martin Schmid (FDP/GR) und Beat Vonlanthen (CVP/FR) sowie den Nationalräten Bastien Girod (Grüne/ZH) und Christian Imark (SVP/SO) zeigte insbesondere, dass einer vollständigen Marktöffnung ein steiniger Weg bevorsteht und dass das Verständnis der Versorgungssicherheit und die Optionen zu deren Sicherstellung zu grossen politischen Debatten führen werden.
Im letzten Teil zeigte Felix Wirz, Geschäftsführer von Ecopolitics, die Variabilität der politischen Mehrheitsbeschaffung auf. Bei der Interessenvertretung müsse deshalb sachbezogen und temporär nach Koalitionen gesucht werden.
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