Lichtbogendetektoren bei PV-Anlagen
Zuverlässigkeitsstudie
Wird ein stromführender Leiter unterbrochen, kann sich ein Lichtbogen bilden. Bei Wechselstrom erlöscht dieser meist sofort wieder, bei Gleichstrom nicht. Lichtbogendetektoren in PV-Anlagen können solche Lichtbögen erkennen und löschen. Am PV-Labor der Berner Fachhochschule wurde im Auftrag der Gebäudeversicherung Bern untersucht, wie gut Lichtbogendetektoren in PV-Wechselrichtern funktionieren.
Gleichstrom ist bezüglich der Lichtbogengefahr gefährlicher als Wechselstrom, da er keine Nulldurchgänge hat. Um die entsprechenden Risiken zu reduzieren, werden für neue PV-Anlagen in den USA bereits über zehn Jahre Lichtbogendetektoren verlangt. In Europa war man diesbezüglich zurückhaltender, weil Mehrkosten und Fehldetektionen befürchtet wurden. Bislang gibt es keine einheitliche europäische Forderung, solche Detektoren einzusetzen. Immer mehr Hersteller von Wechselrichtern bieten nun aber auch in ihren europäischen Geräten Lichtbogendetektoren an. Nicht zuletzt, weil seit Mai 2023 mit der neuen IEC 63027 eine internationale Norm für die Prüfung von Lichtbogendetektoren verfügbar ist.
In diesem Artikel werden die relevantesten Arten von Lichtbögen und die Funktionsweise der Detektoren aufgezeigt sowie Messergebnisse von Tests an drei handelsüblichen Geräten vorgestellt.
Serie- und Parallellichtbogen
Ein Lichtbogen kann automatisch gelöscht werden, indem der Stromfluss lang genug unterbrochen wird. Bei Wechselstrom geschieht dies beim Nulldurchgang 100-mal pro Sekunde, was eine Selbstlöschung begünstigt. Bei Gleichstrom muss der Stromunterbruch durch einen bewussten Schaltvorgang ausgelöst werden.
Die überwiegende Mehrheit von in einer PV-Anlage auftretenden Lichtbögen sind Serielichtbögen. Sie entstehen, wenn beispielsweise ein Stecker unter Strom getrennt wird oder ein Kabel aus einer Crimpung oder losen Schraubverbindung herausgezogen wird.
Für die Entstehung eines Serielichtbogens kann ein Einzelfehler ausreichen. Serielichtbögen können von einem Wechselrichter mit Lichtbogendetektor detektiert und durch Trennung des Stromkreises gelöscht werden.
Parallellichtbögen sind viel seltener, denn sie entstehen nur bei einem Mehrfachfehler. Ein Beispiel dafür ist, dass an zwei Stellen in einer Strangverkabelung gleichzeitig die Isolation versagt und es dadurch zur Bildung eines Parallellichtbogens zwischen Plus- und Minus-Leiter kommt. Ein Parallellichtbogen kann nicht aktiv vom Wechselrichter gelöscht werden, sondern der Wechselrichter kann nur einen Beitrag zur Selbstlöschung leisten. Hierfür müsste der Wechselrichter den betroffenen Strang kurzschliessen.1)
Im Folgenden befasst sich dieser Artikel nur mit Serielichtbögen und damit, wie Wechselrichter mit integrierten Lichtbogendetektoren diese erkennen und löschen können. Lichtbogendetektoren (LBD) werden im Englischen übrigens auch als «Arc Fault Protective Equipment» (AFPE), «Arc Fault Detection Device» (AFDD) oder «Arc Fault Circuit Interrupter» (AFCI) bezeichnet.
Funktion der Lichtbogendetektoren
Lichtbogendetektoren in PV-Wechselrichtern kommen in der Regel als Kombination einer Detektions- und einer Trenneinheit vor. Der Detektor misst Strom und Spannung und verarbeitet die Daten. Die Trenneinheit besteht meist aus einer halbleiterbasierten Trennstelle, die den Nennstrom einer PV-Anlage unterbrechen kann. Im Wesentlichen kann ein Lichtbogendetektor zwei Phänomene detektieren:
Wenn ein Lichtbogen entsteht, fällt die Strangspannung schrittartig um rund 20 V, wobei sich der MPP-Arbeitspunkt im PV-Strang sofort verändert.
Ein brennender Lichtbogen sendet hochfrequente Störungen auf das Kabel aus.
Während ältere Detektoren in der Regel nur den Spannungsfall respektive die Arbeitspunktveränderung detektieren, analysieren neuere Detektoren hochfrequent den Strom-Spannungsverlauf und erkennen dabei typische Muster der Lichtbögen. Bei niederfrequenten Detektionsmethoden kommen die Wechselrichter meist ohne zusätzliche Hardware aus. Werden hingegen hochfrequente Signale zur Erkennung des Lichtbogens verwendet, so ist in der Regel zusätzliche Sensorik nötig. Dank der Fortschritte im Bereich der computergestützten Mustererkennung darf man davon ausgehen, dass Lichtbogendetektoren immer besser werden und damit die Fehldetektionen abnehmen.
Um eine bestehende Anlage mit einem Lichtbogendetektor auszurüsten, kann auf externe Detektoren zurückgegriffen werden. Als Alternative bietet sich in diesem Fall auch der Ersatz des Wechselrichters durch einen mit integriertem Lichtbogendetektor an.
Fehlauslösung von Lichtbogendetektoren
Während Lichtbogendetektoren in den USA bereits seit 2011 für PV-Anlagen auf Gebäuden gefordert werden (NEC 690.11), gibt es in Europa keine einheitliche Forderung. Dieser Unterschied beruht vor allem auf unterschiedlichen Sicherheitsphilosophien. In den USA war man ursprünglich der Meinung, dass nur im grossen Stil eingesetzte Lichtbogendetektoren ohne automatische Wiedereinschaltung das Sicherheitsniveau von PV-Anlagen anheben würden. In Europa vertrat man den liberalen Ansatz, Lichtbogendetektoren – falls verfügbar – freiwillig einzusetzen.
Diese beiden Philosophien sind auf den Umgang mit Fehlauslösungen zurückzuführen, denn beim Aufkommen der Lichtbogendetektoren haben Fehlauslösungen, sogenannte «False Trippings», die Akzeptanz von Lichtbogendetektoren geschmälert. In den USA waren wegen der fehlenden automatischen Wiedereinschaltung viele PV-Anlagen nach Fehlauslösungen unproduktiv und etliche Anlagenbetreiber verloren einen Teil des Energieertrags. So lag die Massnahme nahe, den Lichtbogendetektor auszuschalten, statt durch Fehlauslösungen die Gefahr weiterer Produktionsausfälle zu riskieren.
Es ist klar, dass sich die Deaktivierung der Lichtbogendetektoren negativ auf die Anlagensicherheit auswirkt und sich diese Massnahme nicht etablieren darf. Die Wiedereinschaltung nach einer erwiesenen Fehlauslösung scheint aber sinnvoll und setzt sich durch, womit sich der durch Lichtbogendetektoren erhoffte Sicherheitsgewinn realisieren lässt. Zudem leisten die Hersteller mit immer besserer Mustererkennung ihren Beitrag zur Akzeptanz von Lichtbogendetektoren und schaffen es, Fehlauslösungen weiter zu minimieren. Die Unterscheidung von echten Lichtbögen gegenüber fehlinterpretierten Signalen in PV-Anlagen wird aber auch künftig eine Herausforderung bleiben. Im Umkehrschluss kann somit auch nicht restlos jeder Lichtbogen detektiert werden.
Prüfung nach IEC 63027:2023
Die IEC 63027 «Photovoltaic power systems – DC arc detection and interruption» erschien im Mai 2023 als internationale Norm, die den Test von Lichtbogendetektoren beschreibt. Während früher beispielsweise in der UL 1699B ein Lichtbogen mit einer Stahlwolle gezündet wurde, was zwar recht einfach detektiert werden kann, aber nicht besonders praxisnah ist, wird der Lichtbogen heute sowohl in der UL-Norm als auch in der IEC 63027:2023 zwischen einem Wolframring und einer Wolframkugel gezündet. Dieses Verfahren, bei welchem die Kugel im aktiven System aus dem Ring bis zu einem definierten Abstand gezogen wird, ist schwerer detektierbar und einfacher replizierbar.
Im Labor werden zur Prüfung von Lichtbogendetektoren statt PV-Modulen sogenannte Kennliniensimulatoren verwendet, also DC-Quellen, welchen die Charakteristik eines PV-Moduls einprogrammiert wird. Verglichen mit PV-Modulen haben sie architekturbedingt meist eine hohe Kapazität gegenüber dem Erdpotenzial, die zu Verfälschungen der Lichtbogendetektion in den Wechselrichtern führen kann. Ein sogenanntes «Decoupling Network» (Bild 1) wird zur Kompensation dieser unerwünschten Einflüsse zwischen DC-Quelle und Wechselrichter geschaltet [1]. Die Tests der Lichtbogendetektoren erfolgen bei verschiedenen Systemströmen für Serielichtbögen an unterschiedlichen Positionen im Strang. Die zu überprüfenden Kriterien sind die Energie und die Zeit bis zur Löschung respektive Meldung des Lichtbogens.
Wechselrichter müssen Lichtbögen nach IEC 63027:2023 innerhalb von 2,5 s oder bevor die Lichtbogenenergie 750 J erreicht, löschen – je nachdem, was früher eintritt. Das Gerät muss dabei immer eine entsprechende Fehlermeldung verschicken, ausser wenn der Lichtbogen rechtzeitig erlöscht, bevor die Lichtbogenenergie 200 J überschreitet. In diesem Fall muss der Lichtbogen nicht gemeldet werden [1] (Bild 2).
Prüfungen im PV-Labor
Laborprüfungen sollen möglichst realitätsnah sein, sie müssen jedoch zwingend wiederholbar sein und bei gleichen Prüflingen zu identischen Testergebnissen führen. Gerade um dem letzten Punkt gerecht zu werden, werden in der Normenprüfung einige praxisrelevante Fragestellungen übersprungen. So wird im normativen Test beispielsweise nicht systematisch überprüft, ob ein Lichtbogendetektor auch bei langen Kabeln oder grossen Induktivitäten vergleichbar funktioniert. Auch Lichtbögen, die nicht über der normativ vorgegebenen Ring-Ball-Trennstelle, sondern beispielsweise im Innern eines Solarsteckers auftreten, werden nicht direkt untersucht.
Am PV-Labor der Berner Fachhochschule wurden solche Situationen exemplarisch nachgestellt und mit den normativen Tests verglichen – teilweise mit erstaunlichen Ergebnissen, wie die folgenden Ausführungen zeigen.
Messresultate im Labor
Die Lichtbogendetektoren von je einem Wechselrichter der Haushaltsklasse der Hersteller Huawei, SMA und SolarEdge wurden am PV-Labor der BFH nach IEC 63027:2023 und mit ergänzenden Messungen geprüft.
Alle drei Wechselrichter löschen die grosse Mehrheit der Lichtbögen im normativen Test ohne Schwächen (Bild 3). Sie können also die Energie eines Serielichtbogens massiv begrenzen und so einen signifikanten Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit von PV-Anlagen leisten.
Etwas anders sehen die Testresultate aus, wenn abweichend zu den normativen Vorgaben lange Kabel in den Testaufbau integriert werden. Vom PV-Labor wurden arbiträr 20 m Kabellänge gewählt, die zur Erhöhung der Induktivität lose aufgerollt in den Laboraufbau integriert wurden. Damit wird die Induktivität deutlich längerer Leitungen nachgebildet. Die gemessenen Lichtbogenenergien in Bild 4 zeigen nun, dass nur noch ein Wechselrichter alle Lichtbögen erkannt respektive gelöscht hat, während sie bei den anderen Wechselrichtern je nach Lichtbogenposition nicht mehr detektiert werden konnten.
Fazit und Ausblick
Lichtbogendetektoren in PV-Wechselrichtern sind nun auch in Europa im Kommen. Die Hersteller von Wechselrichtern konnten dank dem frühen Obligatorium der Lichtbogendetektoren in den USA wertvolle Praxiserfahrung sammeln und bieten heute meist gut funktionierende Lichtbogendetektoren an. Lichtbogendetektoren sind in modernen Wechselrichtern bereits jetzt oft eine vorhandene Option, welche sich einfach aktivieren lässt.
Da Lichtbogendetektoren heute für PV-Anlagen keine hohen zusätzlichen Kosten verursachen und – wie es die Messungen des PV-Labors zeigen – grundsätzlich gut funktionieren, könnte ihre verstärkte Nutzung die Sicherheit, besonders bei älteren PV-Anlagen, erhöhen. Praktische Einschränkungen wie zum Beispiel lange DC-Leitungen wurden in Labormessungen identifiziert und sollten weiter untersucht werden. Dank bedeutender Fortschritte im Bereich des maschinellen Lernens ist zu erwarten, dass die Lichtbogendetektoren kontinuierlich verbessert werden und künftig ihren Beitrag zur Sicherheit von vielen verschiedenen PV-Anlagen verlässlich leisten werden.
Nach wie vor gilt es aber, grundsätzlich auf eine hohe Qualität bei den Elektroinstallationen zu achten, besonders im DC-Bereich. Nach Einschätzung des PV-Labors sollten Lichtbogendetektoren derzeit nicht obligatorisch sein, sondern lediglich als zusätzliche, objektspezifische Massnahme für den Brandschutz in Betracht gezogen werden.
Referenz
[1] IEC 63027 «Photovoltaic power systems – DC arc detection and interruption», IEC, 2023.
Links
1) Den Autoren dieses Artikels sind bislang keine Wechselrichter mit einer entsprechenden Funktionalität bekannt.
Die Lichtbogendetektortests wurden im Auftrag und mit der Unterstützung der Gebäudeversicherung Bern (GVB) durchgeführt.
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