Freileitungen und Erdkabel für die Zukunft
Leitungsbautagung, 12. November 2025, Aarau
Ein Projekt der Superlative, die 230 km lange 380-kV-Wechselstromleitung Wahle–Mecklar von Tennet, machte den Auftakt der Leitungsbautagung. Andreas Jaeger, der die neue Leitung vorstellte, wies darauf hin, dass es für solche Projekte auch eine gewisse Kommunikationskultur braucht: Es sei essenziell, dass man auf Multiplikatoren wie Bürgermeister zugeht, um sie als Partner zu gewinnen, damit sie sich ihrerseits in der Gesellschaft für Akzeptanz einsetzen können. Nach 24'000 Einwendungen und 38 Planänderungen wurden schliesslich 7000 Verträge mit Betroffenen abgeschlossen, die den Bau der Leitung ermöglichten. Die Hoffnung, dass sich solche Projekte mit einer Teilerdverkabelung leichter realisieren lassen, hat sich nicht bestätigt. Deshalb wird die Kabelverlegung in Deutschland nur noch in urbanen Gegenden favorisiert.
Die Frage, wie viel Kabel das Übertragungsnetz verträgt, beantwortete Marcel Lenzin mit einem Verweis auf die Kabelstudie von Swissgrid, die aufzeigt, in welchen Situationen eine Verkabelung sinnvoll ist. Denn Kabel am «falschen» Ort verunmöglichen die Nutzung von Kabeln dort, wo von ihnen besonders profitiert wird. Die grosse Kapazität der Erdkabel führt nämlich im Vergleich mit Freileitungen zu elektrischen Phänomenen wie einer tieferen Resonanzfrequenz, was Instabilitäten begünstigen kann.
Auch in den folgenden Vorträgen zu Umweltaspekten schnitten Freileitungen gut ab: Thomas Pohl von der Umtech Technologie AG verglich die Umweltbilanz von Frei- und Kabelleitungen über einen Zeitraum von 80 Jahren. Er wies darauf hin, dass Freileitungen kleinere Verluste verursachen und weniger Ressourcen brauchen, beispielsweise für Aushubarbeiten und die benötigte Infrastruktur. Während die äquivalenten Emissionen pro Jahr bei Kabeln bei rund 40 kg CO2 für einen Laufmeter liegen, sind es bei Freileitungen 8,7 kg CO2.
Weitere Vorträge der Tagung gingen auf die Schonung der Landschaft ein, auf den Einsatz von BIM für die Planung neuer Leitungen, auf Innovationen wie die Hivoduct-Druckluftkabel, auf eine gute Erdung aus ESTI-Sicht sowie auf die künftige Situation beim Netz aus der Perspektive des Übertragungsnetzbetreibers sowie des Arbeitgeberverbands.