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Leistungsfähigeres mobiles Internet

5G und adaptive Antennen

27.01.2020

Adaptive Antennen sind eine zentrale Komponente der neuen Mobilfunktechnologie 5G. Sie ermöglichen eine Formung des Sendersignals in Richtung des Nutzers und erreichen dadurch hohe Datenraten auf effiziente Weise. Bewegt sich der Nutzer, wird das Sendesignal dynamisch nachgeführt. Diese dynamische Richtcharakteristik wirft Fragen zur Einhaltung der Verordnung zu den nichtionisierenden Strahlen (NIS) auf, denn die Verordnung ist nicht für solche Felder konzipiert.

Um solche Fragen zu klären, führte die Forschungsstiftung Strom und Mobilkommunikation (FSM) zusammen mit Cercl’Air und Asut am 26. November 2019 in Bern eine sehr gut besuchte Informationsveranstaltung für NIS-Fachstellen durch.

Eine Geschichte des Mobilfunks

Christian Grasser, Geschäftsführer von Asut, stellte 5G in den Kontext der 40 Jahre Mobilfunk. Die Technologien wurden leistungsfähiger und effizienter. 4G sei nun am Anschlag und könne die Bedürfnisse der Nutzer kaum abdecken. Mit 5G stösst man nun in den Gbit/s-Bereich vor und hat den Vorteil, dass die Latenz deutlich besser ist. Dies ist besonders für industrielle und Mobilitäts-Anwendungen nützlich.

Grasser erläuterte einen weiteren zentralen Vorteil: Das Network-Slicing. Während sich im 4G-Netz Anwendungen konkurrenzieren, können bei 5G auf der gleichen Infrastruktur virtuelle Netze mit unterschiedlichen Anforderungen implementiert werden. Durch diese entkoppelten Netze kann beispielsweise die Verfügbarkeit für die Polizei und Sanität stets garantiert werden, Einbussen gibt es bei hohen Auslastungen eher beim Streamen von Videos. Die heutige Flaschenhals-Problematik wird auf diese Weise entschärft.

Eine mögliche Anwendung von 5G ist Smartrail von SBB, mit dem Blockabstände zwischen Zügen reduziert werden, wodurch die Effizienz des Zugnetzes optimiert und die Sicherheit erhöht werden. Mit der konventionellen Signalsteuerung wäre dies nicht möglich.

Auf die Frage, ob die Schweiz als Versuchskaninchen missbraucht werde, konterte Grasser mit der Aussage, dass die Schweiz beim 5G-Rollout in Europa nicht die Einzige sei. Südkorea habe zudem bereits 3 Mio. 5G-Kunden, die sich über die Möglichkeiten der neuen Technologie freuen.

Adaptive Antennen erklärt

Auf die Funktionsweise von adaptiven Antennen ging Frank Henschke, CTO bei Ericsson Schweiz, ein. Er erläuterte, wie man mit in einem Array angeordneten Antennen­elementen, die phasenverschoben und mit bestimmter Amplitude angesteuert werden, mittels Interferenz eine dynamisch veränderbare Richtwirkung erzeugen kann. Je höher die Anzahl gekoppelter Elemente ist, desto schmaler wird der Strahl und desto grös­ser die Antennenverstärkung.

Henschke erläuterte auch die Mimo-Technologie, das Multiple-Input-Multiple-Output-Verfahren, bei dem mehrere Kanäle mit geringeren Signalstärken für eine höhere Datenrate genutzt werden. Er erläuterte auch das Verfahren, einen kon­stant aktiven Broadcast Beam zum Etablieren einer Leitung zu nutzen und die Daten dann über den Traffic Beam zu übertragen.

Beamforming ist sowohl mit aktiven als auch mit passiven Antennen möglich, wobei bei beiden die Software das Antennendiagramm bestimmt. Da die einzelnen Signale in den aktiven Antennen aufbereitet werden, haben diese den Vorteil, dass es kein dickes Kabel braucht, sondern nur eine optische Faser und ein elektrisches Kabel.

Der grosse Vorteil des Beamforming ist die Tatsache, dass die Energie nur dorthin abgestrahlt wird, wo sie auch benötigt wird. Unbeteiligte werden verschont, bzw. nur dem viel schwächeren Broadcast Beam ausgesetzt.

Bei Hugo Lehmann von Swisscom wurde es noch konkreter: Wegen der höheren Datenrate bei 5G braucht man höhere Sendefrequenzen. Die Kehrseite davon sei die höhere Freifelddämpfung; die Signale dringen schlechter in Gebäude ein. Sendet man eine Bandbreite von 100 MHz mit einer Frequenz von 3,5 GHz statt eine Bandbreite von 20 MHz mit 1,8 GHz, muss man die Leistung um einen Faktor 16 erhöhen. Will man die NIS-Verordnung erfüllen, sind deshalb laut Asut über 15'000 neue Antennenstandorte nötig. Moratorien und zusätzliche Einsprachen verzögern den Bau solcher Antennen markant, was natürlich unerwünscht ist, denn man will die Dienstleistung möglichst rasch verfügbar machen.

Problematisch sei laut Lehmann die Praxis, die NISV-Berechnungen mit dem Worst-Case-Szenario zu machen. Dies sei für statische Antennensignale in Ordnung, werde aber den adaptiven, dynamischen Antennen nicht gerecht. Die realistische Maximalleistung hänge nämlich von der Nutzerverteilung, der Anzahl Nutzer, der Verbindungsdauer und weiterer Faktoren ab.

Der Event hat einen wertvollen Beitrag zum Verständnis von 5G geleistet. Unter den Vertretern der Vollzugsbehörden kristallisierte sich an der abschliessenden Diskussion heraus, dass noch einige politische und rechtliche Fragen offen sind. Behörden sind auf einen klaren gesetzlichen Rahmen angewiesen, um 5G unter Einhaltung der Grenz­werte zu ermöglichen.

 

Autor
Radomír Novotný

ist Chefredaktor des Bulletins Electrosuisse.

  • Electrosuisse
    8320 Fehraltorf

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