Rückschau Energieeffizienz , Gebäudeautomation , Installationstechnik

Leistungsfähig im Hintergrund: das künftige Smart Home

Smart-Home-Forum vom 7. März 2019 in Basel

07.03.2019

Neue Konnektivitätstechnologien haben dem Thema «Smart Home» frischen Schwung verliehen. Auf welche Weise, das erfuhr man am Forum vom 7. März 2019 in Basel. Das Spektrum der behandelten Themen war breit: Kundenbedürfnisse, Systeme, Energiefragen und das Internet-der-Dinge wurden betrachtet und entsprechende Trends aufgespürt.

Den Auftakt machte Markus Kramer von der Cass Business School, London. In seiner Keynote betrachtete er das Smart Home aus der Vogelperspektive: «Technologie ist für eine Firma wie Sauerstoff für einen Menschen. Aber wenn man sich nur aufs Atmen konzentriert, fehlt etwas.» Er plädierte für einen emotionalen, erlebnisbasierten Einsatz von Technologien, der den Nutzern Mehrwert bringt. Die Technologien sollen dabei nicht sichtbar sein, sondern flexibel im Hintergrund aktiv sein und sich intuitiv bedienen lassen. Der Mensch soll mit seinen Bedürfnissen im Zentrum stehen. Das durch eine hohe Zuverlässigkeit entstehende Vertrauen bildet dabei die Basis für eine Akzeptanz der Systeme.

«Worauf muss man achten, wenn man ein neues Produkt entwickelt?», war die zentrale Frage im Vortrag von Anna Stettler von Post Immobilien. Die Herausforderungen der Post ändern sich kontinuierlich: Durch den Abbau von Poststellen fällt nutzbare Fläche weg. Um diesen Veränderungen zu begegnen, braucht man eine Vision – die Vision des digitalen Gebäudes: Daten aus klassischen IT-Systemen werden mit Daten aus Gebäudeleitsystemen, IoT-Systemen oder Open Data (Wetterdaten etc.) kombiniert, um smartere Services anbieten zu können. Predictive Maintenance statt periodischer Wartungen ist einer dieser Dienste, die Effizienzsteigerungen bieten. Der Techniker muss nicht mehr periodisch kontrollieren, ob alles in Ordnung ist, denn Sensoren melden, wenn etwas ausgetauscht werden muss. Die bedarfsorientierte Wartung ist effizienter und preisgünstiger.

Die Post testet die Business Cases meist in kleineren Projekten, bevor sie grossflächig eingesetzt werden. Die Reinigung einer PV-Anlage war ein solches Projekt: Man hat eine PV-Anlage, die periodisch alle vier Jahre gereinigt wurde, bezüglich Ertrag analysiert. Die Analyse hat gezeigt, dass die Reinigung erst ab sechs Jahren wirklich nötig ist. Diese Ertragsanalyse kann nun auch auf grössere PV-Anlagen übertragen werden. Der Reinigungsaufwand und der Ertrag lassen sich so faktbasiert optimieren.

Ein weiteres Thema ihrer Präsentation war «Service on Demand». Gewöhnlich kontrolliert man alle relevanten Orte periodisch nacheinander. Mit Service on Demand kann man IoT-Buttons einsetzen, mit denen Benutzer beispielsweise dem Facility Management mitteilen können, dass irgendwo Handlungsbedarf besteht. Rund 20% der Arbeit kann so gespart werden. Zudem ist die Nutzerzufriedenheit grösser.

Ivo Bracher von Bonainvest ging auf die Möglichkeiten ein, die ältere Personen haben, um ihre Sicherheit mittels Technologien in Senioren-Wohnungen zu erhöhen, beispielsweise bei der Alarmierung im Fall von Stürzen oder beim sicheren Ausschalten von Herdplatten. Er stellte ein Smart-Living-Konzept vor, bei dem Baustandards, Sicherheits- und Vernetzungsstandards eingesetzt wurden. Zentral dabei ist, dass die Lösungen auch für über 80-jährige Personen nutzbar sind. Systeme müssen erklärt, Nutzungsbarrieren abgebaut werden. 5000 bis 7000 CHF werden heute bei Bona­invest für die Vernetzung und Infrastruktur pro Wohnung investiert.

Die Energieperspektive im Smart Home stand im Vortrag von Dominik Müller im Vordergrund. Er befasst sich mit PV-Installationen im industriellen Bereich, wobei die gebäudetechnische Integration von PV auch ein Thema ist. Der Zusammenschluss von Eigenverbrauchern kann dabei eine zusätzliche Einnahmequelle für Besitzer und Investoren sein. Dies sei auch ein neuer Markt für Dienstleister und EWs. Mit dem vorgestellten System wird die Abrechnung für alle Medien – Heizung, Strom, Gas, Wasser – ermöglicht. Eine App zeigt den Mietern individuelle Energieflüsse an. Diese lassen sich auch mit dem Durchschnitt vergleichen, um die Mieter anzuspornen, Energie zu sparen. Mieter profitieren von umweltfreundlichem Solarstrom vom eigenen Gebäude, was früher nur Eigenheimbesitzern möglich war. Müller betonte auch, dass die Nutzung der Eigenenergie Wohnungen auch beim allfälligen Verkauf attraktiver macht.

Reiner Hofmann, Feller AG, ging auf die Realität ein, dass oft «fliegende» Smart-Home-Installationen eingesetzt werden: «Sind das nur Lösungen für Teilprobleme, die nebeneinander existieren? Oder sind es einfach Spielereien?» Es gäbe da gute Produkte, die ihre Berechtigung haben. Der Markt wächst, es gibt ein breites Spektrum an Lösungen. Das vernetzte Heim ist die Grundlage des Smart Home. Die Vernetzung findet dabei auf diversen Ebenen statt: auf der App/Analytik-Ebene, auf der Steuerungslösungsebene und auf der Feldebene, in der Produkte vernetzt werden. Smart Home wird zunehmend zu einer Softwarefrage. Bei Feller verschwindet der Begriff Smart Home, der Begriff Connected Home gewinnt dafür an Bedeutung. Da geht es um eine höhere Effizienz, mehr Sicherheit und mehr Komfort.

Leo Putz von Avelon stellte Lora-WAN (LPN) als geeignete Funktechnologie für anspruchsvolle Situationen in Gebäuden vor. Funkstrecken von 300 m bis 30 km lassen sich damit überbrücken, wobei nur niedrige Datenraten übertragen werden können.

Bei der Podiumsdiskussion wurde klar, dass sich involvierte Firmen der Herausforderung stellen müssen, dass die Software an Bedeutung gewinnt. Besonders für Hardware-Hersteller gäbe es hier viel Arbeit. Eine weitere Erkenntnis war, dass sich alles auch ohne Smart Phone bedienen lassen muss, denn Besucher müssen auch in der Lage sein, die Beleuchtung einschalten zu können.

Am Nachmittag ging es dann um die Energie. Eike Johann von BKW Energie erläuterte, dass Kunden zunehmend nachhaltige Systeme wollen. Eine Herausforderung ist da, die verschiedenen Gewerke und Lösungen zusammenzubringen, denn oft sind die Systeme nicht aufeinander abgestimmt. Die zentrale Frage ist: «Wer ist der Dirigent im Haus?»

Die Installateure seien gefordert, neue Kompetenzen aufzubauen, da die IT vermehrt Einzug hält. Die Elektromobilität ermöglicht eine Steigerung des Eigenverbrauchs, wenn die Steuerung des Ladestroms intelligent geschieht. Die Eigenverbrauchsquote und der Autarkiegrad hängen stark vom Verbrauchsprofil ab, z. B. ob das Warmwasser elektrisch erzeugt wird.

 

 

Die Performance von Heimspeichersystemen stand im Mittelpunkt des Vortrags von Nina Munzke, KIT. Sie schilderte die Emulation eines Hauses mit PV-Anlage. Als Referenz wurde ein 5-Personenhaushalt mit einer 3,5 kW Nennleistung PV und einem Strombedarf von 4,2 MWh angenommen. Der Wirkungsgrad der Batterien lag zwischen 78% und 98%. Die Leistungselektronik wirkt sich dabei am stärk­sten auf die Energieeffizienz aus. Zudem sind die Batteriewirkungsgrade grundsätzlich höher bei grösseren Lade- und Entladeleistungen. Auch beim Standby-Verbrauch gibt es deutliche Unterschiede: Gewisse Batterien haben sehr geringe Verluste im Standby. Wichtig ist auch eine intelligente Systemsteuerung, denn sie erhöht den Autarkiegrad, maximiert die Batterielebensdauer und vermeidet die Kappung von PV-Spitzenleistung am Mittag.

Claudio Pfister präsentierte die Welt der Elektrofahrzeuge und wies auf ihre im Vergleich mit Verbrennungsmotoren hohe Energieeffizienz hin. Er ging dann auf die diversen Typen von Ladesteckern ein. Als grösste Herausforderung sieht er die Tatsache, dass viele einfach aus Bequemlichkeit nicht auf die Elek­tromobilität umsteigen wollen.

Im letzten Teil des Forums wurden Sicherheitsthemen und Aspekte der Interaktion und der Interoperabilität im Internet der Dinge diskutiert.

Autor
Radomír Novotný

ist Chefredaktor des Bulletins Electrosuisse.

  • Electrosuisse
    8320 Fehraltorf

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