Fachartikel Regulierung

Korrekturen bei den Messkosten angeordnet

Tarife für Lastgangmessungen

27.08.2018

Aufgrund der vielerorts hohen Messtarife hat die ElCom Messkosten und -ausrüstungen in der Schweiz mittels einer Umfrage bei den Schweizer Netzbetreibern vertieft untersucht. Erhoben wurden die im Jahr 2016 in der Schweiz verwendeten Zähler, die Messpunkte sowie die Kosten des Messwesens und insbesondere die Kosten der Lastgangmessungen mit Fernauslesung.

Die von den Netzbetreibern in Rechnung gestellten Tarife für Lastgangmessungen variierten in den ersten Jahren nach Inkrafttreten des Stromversorgungsgesetzes (StromVG; SR  734.7) erheblich und betrugen bis zu über 2000  CHF pro Jahr. Aufgrund einer Analyse hat die ElCom in einer Mitteilung vom 12.  Mai 2011 jährliche Kosten für die Messstelle und die Messdienstleistungen von 600  CHF pro Lastgangmessung als Aufgreifkriterium festgelegt. [1] Seither gingen zahlreiche Beschwerden von Verbrauchern und Produzenten, insbesondere von Betreibern von Photovoltaikanlagen, bei der ElCom ein. Mit mündlichen und schriftlichen Interventionen des Fachsekretariats der ElCom konnten die Messtarife für Lastgangmessungen einiger Netzbetreiber gesenkt werden. Weitere Netzbetreiber haben ihre Messtarife aufgrund der Informationskampagne der ElCom von sich aus reduziert.

Aufgrund der vielerorts nach wie vor hohen Messtarife hat die ElCom 2016 beschlossen, die Messkosten in der Schweiz vertieft zu untersuchen. 94 % der angeschriebenen Netzbetreiber, welche über 99 % aller Messpunkte verfügen, haben den Erhebungsbogen ausgefüllt. In der Messkostenerhebung sind somit praktisch alle Netzbetreiber und Messpunkte der Schweiz enthalten.

Die zwischen Mai und Oktober 2017 durchgeführte Erhebung schafft einen Überblick über die Messausrüstung und die gesamten Messkosten im Untersuchungsjahr 2016. Zudem zeigt sie für die Lastgangmessungen auf, welche Kosten und Tarife für vergleichbare Leistungen in der Schweiz üblich sind. Es konnte also unter Berücksichtigung der Anzahl der zu bewirtschaftenden Messpunkte untersucht werden, ob die Leistungen im Zusammenhang mit dem Messwesen von den Netzbetreibern effizient erbracht werden. Mit den Resultaten der Messkostenerhebung [2] haben Netzbetreiber sowie Endverbraucher und Produzenten Anhaltspunkte, ob einzelne Kosten- oder Tarifpositionen zu hoch sind.

In der Messkostenerhebung wurden das Mengengerüst und die gesamten Messkosten in Analogie zur Kostenrechnung erfasst. Zu den Lastgangmessungen mit Fernauslesung, welche aArtikel 8 Absatz 5 der Stromversorgungsverordnung (StromVV; SR  734.71) unterliegen1), wurden die Tarife und die Kosten der Messstellen, der Übertragung sowie der Messdienstleistungen abgefragt.

Die Auswertung der Messpunkte zeigt im obenstehenden Bild , dass von den insgesamt 5,4 Millionen Messpunkten 91 % auf Endverbraucher und Prosumer mit einem Verbrauch bis 50  MWh pro Jahr fallen. Die restlichen 9 % betreffen die grösseren Endverbraucher und Prosumer, Produzenten (ohne Eigenverbrauch) sowie «Weitere». Im folgenden Bild  sind die Messpunkte der Produktion inklusive Eigenverbrauch dargestellt. Diese machen lediglich 1,5 % der gesamten Messpunkte aus.

Die Auswertung nach Zählerarten ergibt, dass die mechanischen Zähler und die in der Regel vor Ort abgelesenen elektronischen Zähler mit insgesamt 85 % überwiegen (untenstehendens Bild). Demgegenüber stellen die intelligenten Messungen und die in der Regel fernablesbaren Lastgangmessungen mit 8 beziehungsweise 2 % nur einen kleinen Anteil dar.

Die Zählerdaten wurden im Untersuchungsjahr zu rund 90 % vor Ort abgelesen. Der mit etwa 10 % noch geringe Anteil der fernausgelesenen Zähler wird in den kommenden Jahren aufgrund der in der Energiestrategie 2050 vorgesehenen Verbreitung von Smart Metern deutlich zunehmen. Mit über 60 % bildet die Übertragungsart Power Line Communication (PLC) heute den grössten Anteil der Fernübertragungssysteme (Bild  unten).

Diese Übertragungsart wird hauptsächlich zur Kommunikation mit intelligenten Messungen verwendet. Die Fernauslesung mit PLC ist zu über 90 % in der Verbrauchsgruppe bis 50  MWh zu finden (Bild  unten).

Resultate zu den gesamten Messkosten

Die gesamten jährlichen Messkosten pro Messpunkt liegen bei 50 % aller Netzbetreiber zwischen 32 und 68  CHF, der Median beträgt 48  CHF. Ein Skalen­effekt aufgrund der Unternehmensgrösse kann nicht festgestellt werden. Dazu wurden die Unternehmen nach «klein» (weniger als 1000 Messpunkte), «mittel» (1000–10 000 Messpunkte) und «gross» (über 10 000 Messpunkte) unterteilt. Die Maxima der Gruppen sind im nächsten Bild zur besseren Lesbarkeit auf 200 begrenzt.

Die gesamten Messkosten pro Messpunkt der kleinen, mittleren und gros­sen Unternehmen wurden zudem in Gruppen von Unternehmen, die gemeinsam beschaffen (Pooling), und Unternehmen, die einzeln beschaffen, verglichen. Wider Erwarten wiesen die Gruppen mit gemeinsamer Beschaffung gleiche oder sogar höhere Kosten aus als jene, die einzeln beschaffen.

Insgesamt betrieben rund 8 % aller Netzbetreiber im Erhebungsjahr PLC-Übertragungssysteme für intelligente Messstellen. Die Kosten von Netzbetreibern mit PLC-Netzen liegen 23 bis 58 % über den Messkosten der Netzbetreiber ohne PLC-Netze.

Vergleich Kosten und Tarife der Lastgangmessungen

Werden die Kosten mit den Tarifen verglichen, gibt es bei einem Teil der Netzbetreiber grosse Differenzen. Bei 60 % der Netzbetreiber, die Kosten für Lastgangmessungen auf NS-Ebene ausweisen, übersteigen die Messtarife die Messkosten. Im Median übersteigen die Tarife die Kosten um 57 %. Im nächsten Bild sind die Messtarife (blaue Kurve) und die Messkosten (rot) jener Netzbetreiber dargestellt, die höhere Tarife als Kosten ausgewiesen haben. Umgekehrt weisen 40 % der Netzbetreiber höhere Messkosten aus, als sie mittels ihrer Messtarife in Rechnung stellen. Die Kosten und Tarife für die Lastgangmessungen auf MS-Ebene ergeben ein vergleichbares Bild.

Generell ist festzuhalten, dass die Messkosten und Messtarife der Lastgangmessungen auf NS und MS, die aArtikel 8 Absatz 5 StromVV unterliegen, bei rund 25 % der Netzbetreiber stark auseinandergehen. Nur 8 % der Netzbetreiber mit Lastgangmessungen auf NS-Ebene und 6 % der Netzbetreiber mit Lastgangmessungen auf MS-Ebene haben zwischen ihren Tarifen und Kosten eine vergleichsweise kleine Differenz von weniger als 50  CHF pro Jahr. Die Auswertung zeigt also, dass ein grosser Teil der Netzbetreiber Messtarife anwendet, die erheblich von den Messkosten abweichen. Diese Tarife entsprechen somit nicht aArtikel 8 Absatz 5 StromVV, da sie nicht die verursachergerechten Kosten widerspiegeln. Hohe Tarife für Lastgangmessungen bilden dadurch einen wesentlichen Kostenblock im Betrieb der Produktionsanlagen.

Kosten der Lastgangmessungen mit Fernauslesung

Die Kosten für die Lastgangmessungen mit Fernauslesung gemäss aArtikel 8 Absatz 5 StromVV umfassen die Kapital- und Betriebskosten der Messstelle, die Übertragungskosten sowie die Kosten der Messdienstleistungen (Daten­erfassung, -aufbereitung und -verarbeitung; vgl. nächstes Bild). Erhoben wurden die gesamten Kosten sowie die einzelnen Kostenelemente.

Im obenstehenden Bild ist die Zusammensetzung der verursachergerechten Kosten für Lastgangmessungen mit Fernauslesung ersichtlich. [3] Von den Beschaffungskosten der Messstelle werden die jährlichen Abschreibungen und Zinsen in die Kosten eingerechnet. Hinzu kommen die jährlichen Kosten der Datenübertragung, des Betriebs, der Wartung sowie der Messdienstleistungen.

Der Tarif pro Messung wird aus der Summe der jährlichen Kosten, dividiert durch die Anzahl der betriebenen Lastgangmessungen mit Fernauslesung, berechnet. Im Bericht «Messkosten in der Schweiz» sind die Auswertungen der einzelnen Kostenkomponenten zu finden.

Im Folgenden werden die von den Netzbetreibern ausgewiesenen Messkosten für Lastgangmessungen mit Fernübertragung und Datenauswertung dargestellt. Um einen Vergleich mit der 600-Franken-Regel der ElCom gemäss Mitteilung vom 12. Mai 2011 zu ermöglichen, wurden die Übertragungskosten nicht berücksichtigt. In den Auswertungen im nächsten Bild wurde zwischen Wandler-Messungen NS und MS sowie Direktmessungen (ohne Wandler) unterschieden, da die Abschreibungs- und Zinskosten der Wandler in den erfassten Kosten enthalten sind und MS-Wandler wesentlich teurer sind als NS-Wandler.

Auf NS-Ebene weisen 59 % der Netzbetreiber für Lastgangmessungen mit Direktmessungen und 54 % der Netzbetreiber für Lastgangmessungen mit Wandler-Messung Kosten bis höchstens 600  CHF pro Jahr aus. Damit unterschritt die Mehrheit der Netzbetreiber den Betrag von 600  CHF für Lastgangmessungen auf NS-Ebene. Der Wert ist bei einem effizienten Messbetrieb entgegen aller von Netzbetreibern geäusserten Kritik also durchaus realistisch. Auf MS-Ebene betragen die Kosten bei 38 % der Netzbetreiber höchstens 600  CHF und bei 51 % (38  +  13 %; vgl. nächstes Bild) maximal 766  CHF. Diese zweite Grenze lässt sich durch die höheren Wandlerkosten auf MS-Ebene begründen. [4]

Obenstehendes Bild zeigt die Messkosten für die Lastgangmessungen mit Fernauslesung inklusive Übertragungskosten nach Art der Übertragung und Messung sowie nach Spannungsebene (NS, MS). Pro Gruppe gibt es folgende Berechnungsarten:

Blauer Balken: Die dem Leitfaden [3] zu Grunde liegenden Werte. Für die Übertragungskosten wurden die Medianwerte aus der Messkostenerhebung hinzugerechnet.
Hellblauer Balken: Von den Netzbetreibern ausgewiesene Werte, die aber mit einer einheitlichen Nutzungsdauer von 15 Jahren für die Messstelle und 35 Jahren für die Messwandler berechnet wurden. Von dieser Vereinheitlichung sind ausschliesslich die Kosten für Abschreibungen und Verzinsung betroffen. Unverändert bleiben die deklarierten Beschaffungskosten.
Grüner Balken: Es wurden die von den Netzbetreibern ausgewiesenen Werte verwendet.
Gelber Balken: Es wurde mit dem 1.  Quartil der Beschaffungskosten der einzelnen Komponenten (Zähler, Wandler, Betriebskosten, Messdienstleistungen etc.) und den Nutzungsdauern gemäss Leitfaden von 15 Jahren für die Messstelle und 35 Jahren für die Wandler gerechnet.

Auffällig ist, dass sich die Mediankosten je nach Berechnungsart für die NS-Messungen zwischen 600 und 700  CHF und darunter bewegen, obwohl die Übertragungskosten – im Gegensatz zur Mitteilung vom 12.  Mai 2011 – mit eingerechnet sind. Die von den Netzbetreibern ausgewiesenen Werte (grüner Balken) sind im Durchschnitt für die NS-Messungen rund 4 % höher als die Standardwerte (hell­blauer Balken). Bei den MS-Messungen übersteigen die angegebenen Werte die Standardwerte gar um rund 17 %. Dies ist insbesondere auf die unterschiedlichen verwendeten Nutzungsdauern zurückzuführen, die beispielsweise für die Wandler zwischen 10 und 60 Jahren liegen.

Kosten für Lastgangmessungen im Vergleich mit Deutschland

Die Bundesnetzagentur hat für Deutschland die durchschnittlichen Kosten für die Standardleistungen registrierender Leistungsmessungen  ermittelt. [5] In ihrem Monitoringbericht 2017 weist die Bundesnetzagentur für Verbraucher, welche über 100 000  kWh beziehen, 374  € pro Jahr und Messung aus. [6] Die jährlichen Kosten für die Messwandler sind zusätzlich und nicht in der Standardleistung enthalten. Die durchschnittlichen Kosten von 374  € entsprechen rund 441  CHF, wenn der von der Schweizerischen Nationalbank für den Monat Mai 2018 veröffentlichte Durchschnittskurs von knapp 1.18  CHF/€ zur Umrechnung verwendet wird. Werden die Wandlerkosten (Basis Messkosten­erhebung) dazugerechnet, ergibt das für eine Messung mit NS-Messwandler rund 468  CHF (441  +  27  CHF) pro Jahr und für eine Messung mit MS-Messwandler rund 637  CHF (441  +  196  CHF) pro Jahr. Verglichen mit obenstehendem Bild kommen diese Werte den Kosten des 1.  Quartils (gelber Balken) am Nächsten, das heisst die Messkosten in Deutschland sind verglichen mit den Medianwerten der Erhebung (grüner Balken) durchschnittlich um rund 50 % tiefer.

Fazit zur Lastgangmessung mit Fernauslesung

Die ElCom hat Messkosten bis 600  CHF pro Jahr als unauffällig bezeichnet. Die Messkostenerhebung hat gezeigt, dass dieser Betrag in einem realistischen Bereich liegt. Wenn die Netzbetreiber Übertragungs- und Messdienstleistungen ausschreiben und so dem Wettbewerb aussetzen sowie das Material für Messstellen gemeinsam beschaffen und die Kosten verursachergerecht berechnen (vgl. Leitfaden) [3], sind Messkosten selbst unter Berücksichtigung der Übertragungskosten unterhalb von 600  CHF realisierbar.

Die ElCom hat inzwischen die Netzbetreiber aufgefordert, gegebenenfalls ihre Messkosten zu senken und die Mess­tarife anzupassen.

Referenzen

[1]   www.elcom.admin.ch/elcom/de/home/dokumentation/mitteilungen.html.
[2]   www.elcom.admin.ch/elcom/de/home/dokumentation/berichte-und-studien.html.
[3]   «Berechnung der Messkosten gemäss Art. 8 Abs. 5 StromVV».
[4]   «Bericht zur Auswertung der Messkostenerhebung 2017», Ziff. 4.
[5]   Vgl. § 35 Abs. 1 des Gesetzes über den Messstellenbetrieb und die Datenkommunikation in intelligenten Energienetzen (MsbG).
[6]   «Monitoringbericht 2017», S. 277, Tabelle 77.

1)   Gemäss Artikel 31e Absatz 4 StromVV richtet sich die Kostentragung bei Lastgangmessungen, die vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 1.  November 2017 – das heisst vor dem 1.  Januar 2018 – eingesetzt wurden, nach wie vor nach dem alten per 1.  Januar 2018 aufgehobenen Artikel 8 Absatz 5 (aArtikel 8 Absatz 5 StromVV).

2)   Lesehilfe Boxplots: Dank eines Boxplots lassen sich Lage und Streuung der Messkosten darstellen. Dabei bilden jeweils der höchste und der tiefste Wert die beiden Extreme der Beobachtungen. Der Kasten (Box) umfasst 50 % aller Werte, oberhalb und unterhalb des Kastens befinden sich je ein Viertel aller Beobachtungen. Der grüne Strich im Kasten entspricht dem Medianwert.

3)   Zu den Kosten der ersten Eichung: Gemäss Artikel 5 und 15 der Verordnung des EJPD über Messmittel für elektrische Energie und Leistung (EMmV; SR 941.251) müssen seit 2015 Elektrizitätszähler (unter anderem Lastgangmessungen) nicht mehr einer Ersteichung unterzogen werden. Gemäss Artikel 6 EMmV muss die erste Eichung für Elektrizitätszähler mit elektronischem Messwerk zehn Jahre nach Inverkehrsbringung vorgenommen werden. Alternativ kann die Messbeständigkeit der Elektrizitätszähler mittels statistischem Prüfverfahren überprüft werden. In diesem Verfahren werden alle fünf Jahre Stichproben gezogen und in einer Eichstelle gemessen (Artikel 6 Absatz 3 EMmV).

Autor
Markus Bill

Markus Bill ist Fachspezialist Preise und Tarife bei der ElCom.

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