Komplexe Anbindung dezentraler Speicher
Speichersysteme werden günstiger
Die Kosten für dezentrale Speichersysteme sinken. Das fördert die Verbreitung solcher Systeme. Fragen stellen sich aber noch zu Anschluss und Betrieb von dezentralen Speichern.
Wurden elektrische Speicher bisher fast ausschliesslich durch Unternehmen der Energiewirtschaft in Form von Pumpspeicherkraftwerken erstellt, werden heute auch dezentrale Batteriespeicher von Endverbrauchern meist in Kombination mit Energieerzeugungsanlagen (EEA, zum Beispiel PV-Anlagen) installiert. Die Kosten von Speichersystemen sinken laufend, was die Verbreitung dieser Systeme fördert. Beim Anschluss und dem Betrieb von dezentralen Speichern sind aber noch diverse Fragen offen, insbesondere bezüglich Anschluss, Messung, Betrieb und Abrechnung. Dezentrale Speicher können nicht mit den etablierten Methoden, weder wie Pumpspeicherkraftwerke noch wie Endverbraucher, gehandhabt werden. Im Moment werden sie vor allem für die Optimierung vom Eigenverbrauch eingesetzt, aber auch der Einsatz in einem Regel-Pool wird durch Anbieter von Systemdienstleistungen angestrebt.
Noch kaum kommerziell nutzbar
In den Medien, Fachmagazinen und auf Fachmessen werden unterschiedliche Speicher- und Batterietechnologien vorgestellt und angepriesen. Aktuell dominieren Blei- und Lithium-basierte Speicher den Markt, insbesondere bei kleinen Systemen. Für Grossspeicher (zum Beispiel als Ersatz für ein Pumpspeicherkraftwerk) wären andere Technologien wie die Redox-flow- oder die Natrium-Schwefel-Batterie vermutlich geeigneter, da diese das Elektrolyt in Tanks lagern und somit skalierbar sind. Diese Technologien wurden aber noch nie in einem so grossen Massstab umgesetzt und sind (für diese Anwendung) daher auch noch nicht als kommerzielle Produkte erhältlich.
Auch Druckluftspeicher oder Schwungräder sind nicht als Standardprodukte erhältlich. Schwungräder werden eingesetzt, um die Spannungsqualität zu optimieren und Unterbrüche zu verhindern, nicht aber, um Energie zu speichern.
Wärmespeicher sind etabliert und weit verbreitet, werden aber nicht als Elektrizitätsspeicher eingesetzt, da sie in der Regel zu Zeiten mit tiefen Energiepreisen oder grosser Eigenproduktion geladen werden, die gespeicherte Wärme aber üblicherweise nicht mehr in elektrische Energie umwandeln können. In diesem Artikel wird daher auf die am häufigsten installierte Kombination von Batteriespeicher und PV-Anlage fokussiert.
Alle bekannten Prognosen gehen von weiter sinkenden Kosten und somit einer stärkeren Verbreitung von privaten Batteriespeichern aus. Obwohl Batteriespeicher schon ab etwa 1500 Franken pro kWh (ohne Einbau) erhältlich sind [1], ist der Einbau von Speichern aus finanzieller Perspektive in der Regel noch nicht interessant. In Deutschland entwickelt sich, vermutlich auch dank der Förderung, die Anzahl installierter Speicher nahezu exponentiell: Ende 2013 zählte man rund 5000 PV-Speicher. Ein Jahr später waren es bereits dreimal so viele und bis Anfang 2016 stieg die Zahl installierter PV-Speicher in Deutschland bereits auf 35 000. In der Schweiz ist ebenfalls ein starkes Wachstum der Anzahl Speicher zu beobachten, wenn auch auf deutlich tieferem Niveau.
AC- oder DC-gekoppelte Speicher
Batteriespeicher werden üblicherweise mit einer Produktionsanlage, meistens einer PV-Anlage, angeschlossen. Dies kann auf zwei Arten erfolgen: Wird ein Speicher als eigenes System mit eigenem Wechselrichter installiert, wird das als AC-gekoppelter Speicher bezeichnet. Ein DC-gekoppelter Speicher wird dagegen zusammen mit der PV-Anlage über einen gemeinsamen Wechselrichter angeschlossen.
DC-gekoppelte Systeme sind bei Neuinstallationen tendenziell günstiger, haben einen kleineren Platzbedarf und kleinere Umwandlungsverluste. Die Nachrüstung bestehender Systeme ist aber aufwendig. Die Abrechnung der Rückspeisung aus der PV-Anlage und das Ausstellen von Herkunftsnachweisen (HKN) kann anspruchsvoller sein, da die Energieflüsse aus der PV-Anlage und der Batterie messtechnisch nicht separiert werden können.
AC-gekoppelte Systeme können flexibler und unabhängig von der PV-Anlage installiert und nachgerüstet werden. Dafür sind die Kosten für den zusätzlichen Wechselrichter und die Umwandlungsverluste etwas höher.
Herkunftsnachweise und Netznutzungsentgelte
Eine grosse Herausforderung sind die Messung und Abrechnung der Energielieferung an den Endverbraucher, die Vergütung der Einspeisung durch eine PV-Anlage sowie die HKN-Ausstellung im Zusammenhang mit dezentralen Speichern.
Die gesetzlichen Vorgaben für die Be- oder Entlastung von Speichern mit Netzentgelten sind nicht eindeutig. Nur die Befreiung der Pumpspeicherkraftwerke von den Netzentgelten ist in Art. 4 Abs. 1b StromVG klar geregelt. Der gleiche Artikel definiert Endverbraucher als Kunden, welche Elektrizität für den eigenen Verbrauch kaufen. Art. 14 StromVG legt zu guter Letzt fest, dass die Netznutzungsentgelte von den Endverbrauchern je Ausspeisepunkt zu entrichten sind. Der Betreiber eines Speichers ohne angeschlossenen Endverbraucher kauft die Energie für den späteren Weiterverkauf. Damit kann er Arbitrage-Geschäfte tätigen, Systemdienstleistungen anbieten oder dafür sorgen, dass die dezentral produzierte Energie vor Ort verbraucht wird. Er ist deshalb nicht als Endverbraucher zu behandeln. Endverbraucher, welche einen Speicher installiert haben, nutzen diesen in erster Linie zur Optimierung des Eigenverbrauchs oder des Bezugsprofils und kaufen die Energie somit für den eigenen Verbrauch. Sie müssen daher grundsätzlich als Endverbraucher behandelt und mit Netzentgelten belastet werden.
Der Bundesrat hat die Motion 16.3265 [2] der UREK-N zur generellen Befreiung der Speicher von den Netzentgelten mit einer ähnlichen Begründung abgelehnt.
Für die Ausstellung von HKN und die KEV-Abrechnung muss die aus dem Netz bezogene, zwischengespeicherte und wieder in das Netz eingespeiste Energie von der Produktion der PV-Anlage separiert werden. Auch bei der Vergütung der aus der PV-Anlage in das Netz eingespeisten Energie muss dies berücksichtigt werden. Energie, welche aus der PV-Anlage nach einer Zwischenspeicherung in das Netz eingespeist wird, muss durch den Netzbetreiber abgenommen und vergütet werden. Wird Energie aus dem Netz bezogen, gespeichert und wieder eingespeist, besteht für den Netzbetreiber gemäss Art. 7 EnG aber weder eine Abnahme- noch eine Vergütungspflicht.
Kann bei einem Endverbraucher mit Speicher die aus dem Netz bezogene, gespeicherte und wieder eingespeiste Energie exakt separiert werden, könnte diese Energie theoretisch von den Netzentgelten befreit werden. Die Experten der Arbeitsgruppe Speicher haben aber keine Möglichkeit gefunden, diese Energiemengen exakt festzulegen. Wird ein Speicher sowohl aus der PV-Anlage als auch aus dem Netz geladen und zu einem späteren Zeitpunkt in das Netz entladen, ist die Qualität der eingespeisten Energie unklar (vgl. Bild unten). Da bei der Ausstellung von HKN die Herkunft der Energie unzweifelhaft klar sein muss, ist eine Erfassung im HKN-System nicht zulässig. Bei Anlagen über 30 kVA Produktionsleistung müssen zwingend HKN ausgestellt werden, was die möglichen Betriebsarten von Speichern einschränkt.
In der öffentlichen Diskussion wird viel vom netzdienlichen Verhalten von Speichern geschrieben und gesprochen, wobei oft eine Befreiung von den Netzentgelten gefordert wird. Bei dieser Diskussion muss zwischen netzdienlichem Verhalten (Entlasten vom Verteilnetz) und systemdienlichem Verhalten (Systemdienstleistung wie Primärregelung) unterschieden werden. Beiden gemeinsam ist, dass der Speicherbetreiber in der Regel zu wenig Informationen hat, um jederzeit das Netz zu entlasten. Wird er aber von einem Netz- oder Regel-Pool-Betreiber beauftragt, basiert dies auf Marktprozessen und muss vom Auftraggeber vergütet werden. Im regulierten Umfeld müssen alle Anschlussnehmer gleich behandelt werden. Eine Befreiung von den Netzentgelten wäre daher nicht korrekt.
Optimierung und Erhöhung des Eigenverbrauchs
Die meisten dezentralen Speicher werden zur Optimierung und Erhöhung des Eigenverbrauchs installiert. Die durch die PV-Anlage produzierte und nicht zeitgleich verbrauchte Energie wird zum späteren Gebrauch zwischengespeichert. So kann der Eigenverbrauch signifikant erhöht werden.
Um diesen Anwendungsfall abzubilden, ist es nicht notwendig, Energie aus dem Speicher in das öffentliche Netz einzuspeisen. Wird diese (für die meisten Endverbraucher unbedeutende) Einschränkung durch den Speicherbetreiber sichergestellt, kann der Messaufwand deutlich verringert werden. Die gesamte in das Netz eingespeiste Energie stammt aus der PV-Anlage, was die Vergütung und Ausstellung von HKN stark vereinfacht. Für Produktionsanlagen <30 kVA kann sogar ein bidirektionaler Zähler ausreichend sein. Da dieses Verhalten auch in Deutschland gefordert wird, sind Wechselrichter mit einem sogenannten Energieflussrichtungssensor erhältlich. Diese messen mit einem eigenen Sensor die Energieflussrichtung direkt beim Stromzähler und sperren den Wechselrichter in Entladerichtung, sobald der Energiefluss in Richtung Netz geht.
Alternativ kann auch das Laden aus dem Netz unterbunden werden, wodurch ebenfalls die gesamte in das Netz eingespeiste Energie in der PV-Anlage produziert würde. Ein Teil der Energie kann in diesem Anwendungsfall im Speicher gespeichert und später eingespeist werden, was aber keinen Einfluss auf den Ursprung der Energie hat.
Speicher können auch dafür eingesetzt werden, die Bezugs- oder Einspeiseleistung zu minimieren. Insbesondere im Zusammenhang mit Produktionsmaschinen mit hohen Anlaufströmen können Speicher helfen, Leistungsspitzen (und somit die entsprechende Netznutzung) zu verhindern. Dafür müssen Speicher bei geringem Energiebedarf des Endverbrauchers aus dem Netz geladen und bei hohem Energiebedarf entladen werden.
Auch hier kann der Messaufwand deutlich verringert werden, wenn der Speicher nicht in das Netz entladen werden kann.
Netzentlastungen statt Netzausbau
Die Leistungsspitzen der Endverbraucher treten in den meisten Fällen nicht gleichzeitig auf, wodurch das Netz nicht für die maximale Bezugsleistung aller Endverbraucher ausgelegt werden muss. Die Leistungsspitzen von PV-Anlagen in einem Netzgebiet sind aber üblicherweise synchron, was schnell zu einer Überlastung der Netze führen kann. Anstatt eines teuren Netzausbaus könnte ein Quartierspeicher während der Produktionsspitzen geladen und zu einem späteren Zeitpunkt entladen werden.
Aufgrund der hohen Kosten und der noch nicht so hohen Durchdringung mit PV-Anlagen wurden bisher noch nicht viele Quartierspeicher installiert. EWZ hat 2015 mit dem «BES DORA» einen Quartierspeicher mit 120 kW Leistung und 720 kWh Energieinhalt erfolgreich getestet. [3]
Batteriespeicher können in kürzester Zeit sehr grosse Leistungssprünge machen. In Pilotversuchen mussten sogar Schutzeinstellungen angepasst werden, weil der Anlagenschutz aufgrund grosser Leistungssteigerung innert Millisekunden einen vermeintlichen Erdschluss detektiert und somit ausgelöst hatte. Mit den heute auf dem Markt verfügbaren Produkten können aber keine grossen Energiemengen gespeichert werden. Batterien können daher schnelle und grosse Leistungsreserven anbieten, während Wasserkraftwerke über grosse Energiemengen verfügen.
Ist ein Speicher alleine oder in Verbindung mit einer Produktionsanlage an das Netz angeschlossen, wird die gesamte aus dem Netz bezogene Energie) wieder in das Netz eingespeist. Abgezogen werden lediglich Verluste und der Eigenbedarf, also jene Energie, welche ein Kraftwerk zur Produktion der Energie benötigt, wie zum Beispiel zur Belüftung, Steuerung oder für Rührwerke von Biogasanlagen. Diese Energie ist von den Netzentgelten befreit. Die Abrechnung und das Ausstellen von HKN sind ohne weitere Einschränkungen möglich, solange kein Endverbrauch berücksichtigt werden muss.
Regelenergie-Pooling und Smart Grid
Die Flexibilität von Kleinstanlagen kann der Swissgrid nicht direkt angeboten werden. Aggregatoren kontrollieren eine Vielzahl dieser Klein- und Kleinstanlagen und bieten deren Flexibilität gebündelt an. Verschiedene Regel-Pools bieten daher der Swissgrid Regelenergie mit verteilten Lasten und kleineren Produktionsanlagen an. Zukünftig ist auch die Integration von Speichern denkbar, wobei dies mit gewissen Einschränkungen verbunden ist.
Unter dem Schlagwort Smart Grid werden unterschiedliche Dinge verstanden, aber fast immer gehört eine intelligente Steuerung von Speichern dazu. Die Speicher sollen ihr Verhalten autonom oder aufgrund von Regelsignalen vom Netzbetreiber netz- oder systemdienlich gestalten.
Bei Speichern in Verbindung mit Endverbrauch, die aus dem Netz geladen und wieder ins Netz entladen werden, können die HKN nicht ausgestellt und die aus der PV-Anlage in das Verteilnetz ausgespeiste Energie nicht korrekt vergütet werden, da die Qualität der Energie nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann. Speicher ohne Verbindung zu einem Endverbraucher können ohne grössere Einschränkungen in einen Regel-Pool eingebunden werden. Möchte ein Speicherbetreiber nicht auf die Ausstellung von HKN und die Vergütung der produzierten Energie verzichten, muss er den Bezug aus dem Netz oder die Einspeisung in das Netz verhindern. Die Teilnahme am Regelenergiemarkt könnte weiterhin erfolgen, indem die Ladeleistung der Speicher moduliert wird. Wenn ein Speicher planmässig mit 50% seiner Ladeleistung geladen wird, kann die Ladeleistung jederzeit um 50 % erhöht oder verringert werden. Auf diese Weise kann einem symmetrischen Regelsignal gefolgt werden, bis der Speicher vollständig geladen ist.
Arbeitsgruppe von VSE, Versorgern und Swissolar
Der VSE hat eine Arbeitsgruppe mit Experten der Energieversorgungsunternehmen und von Swissolar gebildet, um das Handbuch Speicher zu erarbeiten. Dieses dient den Netzbetreibern und Installateuren als Anleitung beim Anschluss von dezentralen Speichern, macht aber keine politischen Aussagen. Im Laufe der Arbeiten wurde die Arbeitsgruppe von der Komplexität der Materie etwas überrascht und musste die Kernaussagen vom Dokument mehrfach komplett überarbeiten.
In diesem Handbuch Speicher werden verschiedene Möglichkeiten zur Messung und Abrechnung aufgezeigt, um die verschiedenen Anschluss- und Betriebsarten von Speichern abzubilden. Obwohl die Sachlage auf den ersten Blick verhältnismässig einfach erscheint, sind die Zusammenhänge und Abhängigkeiten deutlich komplexer. Die Arbeitsgruppe hat sich entsprechend bemüht, für alle denkbaren Varianten eine Lösung anzubieten. Um die HKN-Ausstellung und -Abrechnung korrekt durchzuführen, müssen dabei gewisse Randbedingungen oder Einschränkungen vom Speicherbetreiber akzeptiert werden.
Das Handbuch Speicher soll in der ersten Hälfte 2017 auf der VSE-Website (www.strom.ch) publiziert werden.
Referenzen
[1] www.solarmarkt.ch.
[2] https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20163265.
[3] siehe auch Master Thesis Grid Integration of PV Systems and Local Storage in Distribution Networks, Hannes Vollenweider, EEH Power Systems Laboratory, Swiss Federal Institute of Technology (ETH) Zurich.
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