Kabel in Bauwerken
Vorgaben ab Mitte 2017
Der 1. Juli 2017 ist ein wichtiges Datum für die Kabelhersteller in Europa und hat ebenfalls Auswirkungen für die Anwender. Nach dem 1. Juli 2017 in Verkehr gebrachte Kabel müssen die Vorgaben der Bauprodukteverordnung erfüllen.
Die Bauprodukteverordnung führt neue Regeln für Bauprodukte ein, u.a. für Kabel. Das Brandverhalten von Energie-, Steuer- und Kommunikationskabeln wird neu nach einheitlichen Testmethoden bewertet und in Brandklassen eingeteilt. Für Bauvorhaben ist zwingend zu klären, welche Brandklassen einzusetzen sind. Mehrere Schweizer Richtlinien definieren die Anforderungen an Kabelinstallationen. Unter Berücksichtigung dieser Richtlinien empfiehlt die Arbeitsgruppe «CPR-Cable» ausgewählte Brandklassen für unterschiedliche Standard-Anwendungsbereiche in Bauwerken (Bild 1).
Inverkehrbringen im Gegensatz zur Installation
Zwischen Inverkehrbringen von Kabeln und deren Installation muss klar unterschieden werden (Bild 2). Die Bauprodukteverordnung BauPV (engl. CPR, Construction Products Regulation) regelt das Inverkehrbringen und jede weitere Bereitstellung von Kabeln auf den Markt, was für Hersteller, Importeure und Händler relevant ist. Neu müssen Kabel, die dauerhaft in Bauwerken (Bauten des Hoch- und Tiefbaus) eingesetzt werden, nach der Bauprodukteverordnung geprüft und klassifiziert worden sein. Die Installation von klassifizierten Kabeln in Bauwerken ist jedoch nicht in der Bauprodukteverordnung geregelt. Bauherren, Planer und Installateure müssen deshalb nach Schweizer Vorgaben die erforderliche Brandklasse bestimmen und installieren.
Inverkehrbringen
Die Bauprodukteverordnung der Europäischen Union wurde im schweizerischen Bauproduktegesetz und der Bauprodukteverordnung verankert. Ab dem 1. Juli 2017 gelten nun in Europa einheitliche Massstäbe für die Klassifizierung von Kabeln bezüglich des Brandverhaltens. Die Kabel werden gemäss den erreichten Ergebnissen in die Brandklassen Fca (keine Brandanforderung) bis B2ca (sehr hoher Brandschutz) und meist in Zusatzklassen eingeteilt.
Kabel, die als Bauprodukt verwendet werden, dürfen nach dem 1. Juli 2017 nur noch mit einer genau definierten Leistungserklärung in Verkehr gebracht werden. Diese deklariert u.a. den Verwendungszweck und die Brandklasse. Die wichtigsten Angaben der Leistungserklärung sind ebenfalls auf dem Etikett ersichtlich, welches auf dem Produkt oder der Verpackung angebracht ist.
Regeln für Bauherren, Planer und Installateure
In der Schweiz liegt der Brandschutz in der Verantwortung der Kantone. In deren Auftrag wurden die Brandschutzvorschriften durch die Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF) erstellt. Die Anforderungen an das Brandverhalten sind in den Richtlinien der VKF geregelt und sind schweizweit einzuhalten. Der Schwerpunkt der VKF-Richtlinien liegt bei den horizontalen und vertikalen Fluchtwegen. Die genannten Richtlinien können um die Empfehlung «Einsatz von Elektrokabeln» der Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren (KBOB) oder mit anderen Anforderungen durch den Bauherrn ergänzt werden (Bild 3). Die KBOB-Empfehlungen können zum Beispiel für Bundesbauten und Hochschulen angewendet werden und dienen neben dem Personenschutz zusätzlich dem Sachwertschutz und der Werterhaltung der jeweiligen Bauwerke.
Ausnahmen
Ausgenommen von der Bauprodukteverordnung sind Kabel, welche nicht in Bauwerken eingesetzt werden (z.B. in Fahrzeugen). Innerhalb von Bauwerken sind folgende Anlagen nicht betroffen (nicht abschliessende Aufzählung): Aufzugsanlagen/Fahrtreppen, Anlagen nach der Maschinenrichtlinie und temporäre Installationen (Provisorien). Zusätzlich sind nicht dauerhaft verlegte Anschluss-, Verbindungs- und Rangierkabel nicht betroffen. Sicherheitskabel mit Anforderungen an den Funktionserhalt/Isolationserhalt sind derzeit noch von der Bauprodukteverordnung ausgenommen. Für ausgenommene Kabel kann keine Leistungserklärung zur Verfügung gestellt werden.
Einfache Wahl aus wenigen Brandklassen
Die von der Arbeitsgruppe «CPR-Cable» erarbeitete Empfehlung von Brandklassen (Bild 1) reduziert die theoretisch mögliche sehr grosse Anzahl der Brandklassen für die Standardinstallationsumgebung auf vier, damit für alle notwendigen Kabeltypen die Verfügbarkeit sichergestellt werden kann.
Praxisinformationen
Weitere Informationen werden in einem ausführlichen Artikel auf www.bulletin.ch erscheinen. Der Artikel wird folgende Themen detailliert beschreiben:
- Anwendungsregeln von VKF, KBOB und NIN
- Verantwortlichkeiten aller Beteiligten
- praktische Anwendungsbeispiele
- Anforderungen für spezielle Bereiche (BAV, ASTRA, SBB, Elektrizitätsversorgern etc.)
- Quellenangaben
Vorbehalt
Die Informationen in diesem Artikel sind nach bestem Wissen der Arbeitsgruppe zusammengestellt und beziehen sich auf den Stand vom 13. Juni 2017. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in Zukunft gewisse Bereiche aktualisiert werden müssen.
Brandklassen
Klasse Fca
Für Aussenkabel, die keine Auswirkungen auf den Brandschutz haben, stehen andere Eigenschaften wie Robustheit, Beständigkeit gegen Wasser usw. im Vordergrund. Solche Kabel erfüllen typischerweise nur die Brandklasse Fca. Sie werden im Bauwerk bis zum Übergabepunkt verwendet, jedoch nicht im Fluchtweg. Aus Umweltschutzgründen empfehlen wir halogenfreie Kabel zu verwenden, geprüft nach SN EN 60754-1.
Klasse Eca
Sie können nach den Anforderungen der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF) in allen Bereichen von Gebäuden ausser dem Fluchtweg verwendet werden. Sie sind leicht flammhemmend. Heute sind dies teilweise Kabel aus PVC. Die Nachteile von PVC-Kabeln sind in der Niederspannungs-Installations-Norm (NIN) 2015 beschrieben. Daneben stehen auch weiterhin Kabel der Klasse Eca, die halogenfrei sind, zur Verfügung, jedoch geprüft nach SN EN 60754-1. Aus Umweltschutzgründen wird die Verwendung von solchen halogenfreien Kabeln empfohlen.
Klasse Dca-s2,d2,a2
Sie eignen sich für alle üblichen Installationen, wo heute brandhemmende, halogenfreie Kabel eingesetzt werden. Aufgrund ihrer Eigenschaften erzeugen sie gegenüber TT-Kabeln (aus PVC) viel weniger Rauch, setzen eine geringere Wärmeenergie frei und erzeugen kaum korrosive Brandgase (geringe Azidität). Die heute in weiten Bereichen eingesetzten halogenfreien Installationskabel FE0 werden von nun an mit Dca-s2,d2,a2 klassifiziert zur Verfügung stehen und heissen nun FE0D. Sie sind nicht für Installation in Fluchtwegen vorgesehen, weil sie die VKF-Mindestanforderung dafür (Dca-s2,d1,a2) nicht erfüllen.
Klasse Cca-s1,d1,a1
In Bereichen mit höherer Anforderung an die Brandsicherheit und insbesondere in Fluchtwegen werden Kabel der Brandklasse Cca-s1,d1,a1 empfohlen. Sie erfüllen sowohl die höhere Anforderung von KBOB als auch die Anforderungen des VKF für Fluchtwege. Sie haben ein verbessertes Brandverhalten: geringe Brandfortleitung, reduzierte Abgabe von Wärmeenergie, sehr geringe Rauchemission, minimales brennendes Abtropfen und sehr geringe Azidität. Am Beispiel Energiekabel heissen diese nun nicht mehr FE 5, sondern neu FE05C.
Spezielle Anwendungen
Dafür existieren noch höhere Anforderungen bis zu B2ca-s1a,d0,a1.
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