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Instandhaltung mit GPS und Tablet unterstützt

Erfassung von Kontrollresultaten und Instandsetzungsarbeiten direkt auf dem Tablet

09.04.2017

Das Elektrizitätswerk Obwalden setzt bei der Dokumentation von Kontroll- und Instandhaltungsarbeiten an seinem Verteilnetz auf GPS-Unterstützung und moderne Tablet-Technologie. Mit Erfolg: Die Datenqualität steigt und die Arbeitsabläufe werden verkürzt.

Kontrolle und Instandhaltung von Verteilnetzen sind wichtige Aufgaben der Verteilnetzbetreiber, denn sie garantieren eine sichere Versorgung und eine Verlängerung der Lebensdauer der Anlagen. Die Betreiber müssen alle Erkenntnisse und Aktivitäten der Instandhaltung dokumentieren, sodass diese bei Bedarf ohne grossen Aufwand abrufbar sind. Die Mitarbeiter des Elektrizitätswerks Obwalden (EWO) erfassen diese Daten sofort vor Ort in einer entsprechenden Lösung auf ihrem Tablet. Damit verringert sich der Aufwand, während die Qualität der Datenerfassung zunimmt. Die medienbruchfreie Übertragung ins System gewährleistet jederzeit konsistente Daten.

Instandhaltung mit vielen Aufgaben

Die Instandhaltung hat zum Ziel, die Lebensdauer von Anlagen und Geräten optimal zu nutzen. Damit kann Systemausfällen vorgebeugt und die Verfügbarkeit der Anlagen erhöht werden. Gleichzeitig lassen sich zukünftige Investitionen besser planen. Der Gesetzgeber schreibt in der Verordnung über elektrische Starkstromanlagen nicht nur vor, dass elektrische Anlagen mindestens im Fünf-Jahres-Rhythmus auf ihren Zustand überprüft werden müssen, sondern auch, dass die Resultate der Kontrollen dokumentiert und aufbewahrt werden müssen. Regelmässig kontrolliert und in­stand gesetzt werden Verteilerkabinen, Transformatorenstationen, Freileitungen und Tragwerke, Unterwerke sowie Kandelaber der öffentlichen Beleuchtung.

Arbeit vor Ort mit Tablet

Bislang wurden die Befunde der regelmässigen Kontrollen auf Papierformularen erfasst, die anschliessend archiviert wurden. Der Nachteil dieser Archivierung auf Papier ist, dass die erhobenen Daten nicht ohne Zusatzaufwand statistisch ausgewertet werden können. Damit die gesammelten Informationen in nachgelagerten Prozessen zur Instandhaltung verwendet werden können, müssen die Daten nachträglich im Büro nochmals in EDV-Systemen erfasst werden. Werden die Kontrollresultate hingegen vor Ort auf einem Tablet erfasst, entfällt einerseits die manuelle und fehleranfällige Übertragung der Daten in das System. Anderseits wird so auch ein Arbeitsschritt eingespart und die Daten stehen sofort zur weiteren Bearbeitung bereit.

Ein Tablet, das zur Datenerfassung vor Ort genutzt wird, muss erhöhten Anforderungen genügen und vor Nässe, Schmutz und Beschädigungen geschützt sein. Damit das Gerät im Winter mit Handschuhen bedient werden kann, muss es zusätzlich mit einem Stift bedienbar sein. Die Bildschirmoberfläche des Tablets sollte matt sein, damit das Gerät auch bei direkter Sonneneinstrahlung bedient werden kann. Auch die angewendete Software muss gewissen Anforderungen entsprechen. So sollte ihr Layout kontrastreich und mit grosszügigen Bedienelementen versehen sein.

Die Dateneingabe erfolgt, wann immer möglich, über vordefinierte Checkboxen und Auswahllisten. Diese standardisierten Eintragungen erleichtern die statistische Auswertung. Weitergehende Beschreibungen oder Bemerkungen können handschriftlich mittels der Schrifterkennung des Gerätes erfasst werden.

Vor Ort stehen den Benutzern alle relevanten Dokumente (Beschreibungen, Schemata, Inbetriebsetzungs- oder Mängelbehebungsprotokolle) und Fotos zur Verfügung. Das Tablet ist ausserdem mit einer Kamera ausgerüstet, welche direkt mit der Software der Instandhaltung verbunden ist. Die Dokumentation von Schadensbildern vor Ort wird damit sehr einfach, weil die Fotos in der Datenbank direkt dem Anlageobjekt zugeordnet werden.

Die Autonomiezeit der Batteriestromversorgung des Tablets muss mindestens für die Nutzung während eines halben Arbeitstages ausreichen. Über die Mittagszeit oder am Abend kann das Gerät im Auto nachgeladen werden. Aus Sicherheitsgründen soll das Tablet im Auto stabil und von aussen nicht sichtbar fixiert werden können.

Mit GPS zum Anlageobjekt

Leitungsmasten, Beleuchtungskandelaber und Verteilkabinen sind mit Ortskoordinaten, welche aus dem Geografischen Informationssystem GIS stammen, in der Betriebsmitteldatenbank gespeichert. Dank dieser Koordinaten sowie des im Tablet integrierten GPS können Anlageobjekte einfacher gefunden werden. Über den Standort erkennt die Software, bei welchen Leitungsmasten der Kontrolleur steht und welche Checklisten er zur Kontrolle aufrufen muss.

Die Karte auf dem Tablet zeigt auch, in welcher Distanz zum aktuellen Standort sich weitere Anlageobjekte befinden. Mit einem Klick auf das Objektsymbol auf der Karte können die Detaildaten des entsprechenden Objekts aufgerufen werden. Die Karte basiert auf dem Material der «Open Street Map», ist vollständig lokal auf dem Tablet gespeichert und kann auch offline ohne Internet-Verbindung genutzt werden.

Informationen werden in einer Datenbank gesammelt

Sämtliche erfassten Informationen sind in einer zentralen Datenbank gespeichert, welche alle Anlagenobjekte verwaltet. Die vor Ort erfassten Daten werden lokal im Tablet gespeichert und automatisch mit der zentralen Betriebsmitteldatenbank synchronisiert, sobald eine Online-Verbindung vorhanden ist. Dadurch können ohne Mehraufwand weiterführende Statistiken und Auswertungen erstellt werden.

So kann beispielsweise schnell und einfach festgestellt werden, bei welchen Anlagen Mängel gehäuft auftreten, wo häufig Reinigungsarbeiten nötig sind oder auch welche Anlagen einen guten Zustand aufweisen. Eventuelle Mängel werden in einer Mängelliste festgehalten. Auch die nachfolgenden Arbeitsschritte zur Behebung von Mängeln (zum Beispiel Auftragsvergabe an Unternehmer, Erstellen von Schaltaufträgen etc.) sind Teil des EDV-unterstützten gesamten Arbeitsablaufes der Instandhaltung.

Mehrere Personen können unabhängig voneinander mit der Erfassungs-Software arbeiten, da die Daten nach der Anmeldung am System automatisch der jeweiligen Person zugeordnet werden.

Erfahrungen in der Praxis

Seit Anfang 2015 erfolgt die Dokumentation der Instandhaltung im EWO beim Geschäftsfeld Netz mit Hilfe der Software ESL-EVU auf Tablet-Computern. Alle Anlagengruppen (Verteilkabinen, Trafostationen, Unterwerke, Leitungszüge und Tragwerke) werden nach identischen Checklisten geprüft und verwaltet. Seit 2016 erfolgt die Kontrolle der Leitungszüge und Tragwerke mit Hilfe der Karte und der GPS-Ortung. Das EWO setzte damit als eines der ersten Energieversorgungsunternehmen der Schweiz eine mobile Lösung, die GPS-Koordinaten verwendet, zur Instandhaltung von Tragwerken ein. Jede einzelne Anlage der Netzinfrastruktur kann so individuell beurteilt werden, was sich stark auf die strategische Instandhaltung und die Planung von Ersatzinvestitionen auswirkt.

Die Software unterstützt die verantwortlichen Mitarbeiter in der Planung, Steuerung, Analyse der Wartungs- und Instandhaltungsleistungen sowie in der Erstellung der mittel- bis langfristigen Investitionsplanung. Die ausgeführten Instandhaltungsarbeiten und Kontrollen werden dokumentiert, rückverfolgbar abgelegt und sind für alle einsehbar, ganz ohne Papier. Ein Prüfnachweis gegenüber dem Eidgenössischen Starkstrominspektorat ESTI ist jederzeit möglich. Prüfrückstände können aufgezeigt und Massnahmen ergriffen werden. Die Instandhaltungsverantwortlichen haben ausserdem konstant die Kontrolle über die Anlagen und deren Wartungsintervalle.

Die Lösung auf den mobilen Geräten ist beim EWO sehr gut angelaufen und stösst beim Instandhaltungspersonal auf breite Akzeptanz. Bei den Kontrollen werden auch Daten erfasst, die für diverse Folgeprozesse verwendet werden können. So werden Zustandsdaten aufgenommen, die für Asset-Management-Aufgaben als Basis dienen.

Um die erarbeiteten Checklisten gemeinsam mit den Anwendern zu testen und zu optimieren, wurde die Lösung stufenweise mit einzelnen Pilotanlagen eingeführt. Erst dann wurde sie auf alle Anlagen ausgerollt. Aufwendig war hingegen die Erarbeitung der Checklisten für die Inspektion und die Kontrollen. Die bisher verwendeten Papierlisten wurden textlich optimiert und wenn nötig ergänzt oder gestrafft. So konnte sichergestellt werden, dass gleiche Anlagengruppen mit identischen Checkpunkten inspiziert werden.

Das EWO setzt die ESL-EVU-Software seit 2011 als technisches Anlageninventar Netz ein. Daher waren, ausgehend von diesem Inventar, die Strukturen der Anlagen bereits teilweise vorhanden. Es hat sich aber gezeigt, dass vor allem bei den Unterwerken und bei den Transformatorenstationen diverse Anlagenelemente im ESL-EVU neu aufgebaut werden mussten, damit die Instandhaltung erfolgreich eingeführt werden konnte. Der Aufwand für den initialen Aufbau der Instandhaltung in den Systemen ist nicht zu unterschätzen. Dies ist aber unabhängig von der eingesetzten Software und muss bei allen Lösungen berücksichtigt werden.

Die Einführung beim EWO erfolgte schrittweise. So konnte das Instandhaltungspersonal langsam an die Software herangeführt werden. Dies erleichterte die Einführung, aber auch die Schulung. Die Bedienoberfläche ist mehrheitlich selbsterklärend, weshalb die Initialschulung (Handhabung Geräte und Software, Handhabung Kontrollen, Umgang mit Mängeln usw.) nur etwa einen halben Tag in Anspruch nahm.

Autor
Urs Jost

ist Leiter Netzwirtschaft beim EWO.

  • Elektrizitätswerk Obwalden, 6064 Kerns
Autor
Alois Huser

ist Geschäftsführer der Encontrol AG.

  • Encontrol AG, 5443 Niederrohrdorf
Autor
Yves Senn

ist Produktmanager Asset-Management bei Encontrol.

  • Encontrol AG, 5443 Niederrohrdorf

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