Fachartikel Energiemarkt

Innovationsökosystem unter der Lupe

Förderangebote für Energie-Innovationen

28.10.2021

Schweizweit bieten rund 180 Programme nicht monetäre Unterstützung im Bereich Energie-Innovation, die zu den Anforderungen von Gewerbe und Industrie passen. Dies zeigt eine explorative Studie im Auftrag des BFE.

Zur Umsetzung der Energiestrategie und der Nachhaltigkeitsziele des Bundes leisten Innovationen im Energiebereich einen substanziellen Beitrag: Sie ermöglichen das effizientere Bereitstellen, Speichern, Verteilen und Nutzen von Energie. In der Schweiz sind viele Unternehmen von Start-ups über KMU bis zu Grossunternehmen an solchen Innovationen aktiv beteiligt. Ein wichtiger Katalysator für diese Innovationen ist die Unterstützung durch Bund, Kantone, Gemeinden, aber auch durch Stiftungen, Forschungseinrichtungen, Netzwerke, Cluster, Allianzen, Vereine, Verbände und viele weitere. Daraus entsteht
das einzigartige Energie-Innovations-Ökosystem der Schweiz, bestehend aus Anbietern von Unterstützungsdienstleistungen und jenen, die solche nutzen.

Als wichtiger Akteur und Stakeholder in diesem Energie-Innovations-Ökosystem hat das Bundesamt für Energie (BFE) eine Studie zu diesen Unterstützungsangeboten in Auftrag gegeben. Die zentrale Forschungsfrage dieser Studie ist, wie präsentiert sich das Energie-Innovations-Öko­system heute? Es handelt sich damit um eine systematische Bestandsaufnahme.

Abgleich von Angebot und Nachfrage

Die vom Competence Center for Business Engineering (CC BE) an der Hochschule Luzern (HSLU) durchgeführte Studie zielt auf einen systematischen Abgleich von Angebot und Nachfrage im Energie-Innovations-Ökosystem ab. Im Fokus der Angebotsanalyse stehen dabei Unterstützungsangebote, welche über nicht-monetäre Leistungen operieren. Nicht-monetäre Angebote stellen Leistungen wie Kontaktvermittlung, Fachexpertisen, Coaching, Informationsveranstaltungen und weitere zur Verfügung. Die Nachfrageseite besteht aus den Unternehmen, welche im Energiebereich tätig sind. Solche betreiben typischerweise Innovationen im Bereich Produkte, Prozesse sowie Dienstleistungen und Geschäftsmodelle.

Die Datenbasis zur Charakterisierung der Angebotsseite entstand durch eine systematische Desktop-Recherche: Angebote wurden identifiziert und anhand der angebotenen Unterstützungsleistungen und geografischer Eigenschaften kategorisiert. Diese Kategorisierung ist dabei die Aussensicht auf die Angebote.

Für die Quantifizierung der Nutzerseite wurde ein zweistufiger Ansatz gewählt. Im Fokus standen dabei die Erfahrungen und Anforderungen bestehender und potenzieller Nutzer der untersuchten Förderangebote. Zuerst wurden potenzielle Nutzer solcher Förderangebote über eine breit gestreute Umfrage strukturiert befragt. Danach erfolgten semi-strukturierte Interviews mit ausgewählten Repräsentanten verschiedener Branchen (Bild unten).

Breit und divers aufgestelltes Angebot

Im Rahmen dieses Vorgehens wurden rund 180 verschiedene Unterstützungsangebote identifiziert, welche im Energiebereich Innovationen durch nicht-monetäre Leistungen fördern. Diese Angebote bieten Kooperationsförderung, Technologie- und Wissens­transfer, Coaching, Veranstaltungen und Networking an.

Bei der Analyse der Angebote kommen Häufigkeitsanalysen zum Einsatz. Dabei wird untersucht, welche Eigenschaftskombinationen bei den Angeboten besonders häufig oder selten auftreten (Bild unten). Die angebotenen Unterstützungen decken mit Gebäude, Industrie, Landwirtschaft und Mobilität verschiedenste Branchen ab. Meistens deckt ein Angebot auch mehrere Branchen gleichzeitig ab. Dabei lassen sich zwei Gruppen von Angeboten bilden: erstens Angebote, welche Unterstützung von der Idee- über die Konzeptentwicklung bis zur Lösungsentwicklung bieten; zweitens solche, die sich auf die Phasen ab der Lösungs- bis zur Marktentwicklung fokussieren. Letztere sind dabei häufiger anzutreffen. Die meisten Angebote versuchen über das Fördern von Kooperationen, Networking, Veranstaltungen sowie Technologie- und Wissenstransfer Innovationen und die Zusammenarbeit zu fördern. Einfach ausgedrückt beabsichtigt ein grosser Teil der untersuchten Angebote, die richtigen Akteure an den Tisch zu bekommen, um gemeinsam Energie-Innovationen anzustossen.

Drei Nutzer mit verschiedenen Herausforderungen

Der Angebotsseite gegenüber stehen die potenziellen Nutzer dieser Angebote, welche sich in drei Kategorien mit verschiedenen Herausforderungen einteilen lassen:

  • Unternehmen mit begrenztem Zeitbudget für die Analyse und Akquise von Unterstützungsangeboten. Dabei handelt es sich typischerweise um Start-ups und KMU, welche in der Vergangenheit bereits Angebote genutzt haben und/oder bereit sind, solche in der Zukunft zu nutzen. Die Herausforderung für diese Unternehmen ist, mit der begrenzten personellen Kapazität zielgerichtet und effizient an die richtigen Förderangebote zu gelangen.
  • Grossunternehmen, welche intern spezialisierte Stellen für die Analyse und Akquise von Förderangeboten haben. Diese Unternehmen haben in der Vergangenheit mehrfach bestimmte Angebote genutzt. Dies meistens während der Entwicklungsphase.
  • Unternehmen, welche sich als «nicht energierelevant» einstufen. Solche Unternehmen haben typischerweise noch keines der Angebote genutzt, schätzen das Thema «Energie» als sekundär ein und beabsichtigen nicht, in der nahen Zukunft Unterstützungsangebote im Energie-Innovationsbereich zu nutzen. Daran ändern auch die intern verfügbaren Ressourcen bei den grösseren Unternehmen nichts. Die Herausforderung besteht hier in der Sensibilisierung dieser Unternehmen für das Thema Energie.


Unternehmen aus den ersten beiden Kategorien wünschen sich heute eine bessere Unterstützung in der Partnervermittlung. Die wichtigsten Gründe für das Nicht-in-Anspruch-nehmen der bestehenden Angebote sind, dass die Unternehmen zu wenig Kenntnis über die Angebote haben und ihnen die Zeit für Recherchen und Anträge fehlt.

Generell nutzen die befragten Unternehmen der ersten und zweiten obenstehenden Kategorie primär Unterstützungsangebote während der Kon­­zept- und Lösungsentwicklung von Energie-Innovationen. Wichtig sind ihnen dabei insbesondere Technologie- und Wissenstransfer, Networking und Forschungseinrichtungen sowie der Besuch von Veranstaltungen. Die Herausforderungen sehen die Unternehmen heute vor allem in der Markteinführung dieser Innovationen sowie in der Beschaffung der notwendigen Finanzierung.

Das bestehende Angebot deckt die Anforderungen

Die grosse Stärke des bestehenden Angebots von nicht-monetären Unterstützungen im Energie-Innovations-Ökosystem liegt in der guten Abstimmung zwischen Nachfrage und Angebot. Die für die potenziellen Nutzer relevanten Bereiche können vom Angebot grundsätzlich gedeckt werden. Gründe dafür, warum keine Unterstützung in Anspruch genommen wird, liegen vielfach darin, dass die Leute zu wenig gut informiert sind, und weniger, weil sie die Angebote als unpassend erachten.

Auffällig ist, dass die befragten Unternehmen die Markteinführung als grosse Herausforderung sehen, jedoch Angebote für eine entsprechende Unterstützung vergleichsweise selten nutzen. Dabei sind die Angebote gleich häufig wie beispielsweise jene in der Konzept- und Lösungsentwicklung; dennoch werden sie weniger als halb so oft genutzt. Ob die Ursache in der Qualität der Angebote oder im fehlenden Wissen darüber liegt, konnte innerhalb dieser Studie nicht geklärt werden.

Schneller und effizienter zum richtigen Förderangebot

Die grosse Stärke im bestehenden System liegt in der inhaltlichen Breite und Diversität der bestehenden Angebote. Diese Angebote decken dabei weitestgehend die Anforderungen der potenziellen Nutzer ab. Einige Förderangebote haben bereits heute ein breites Wissen über die Möglichkeiten und das Innovationspotenzial für bestimmte Unternehmensarten und Problemstrukturen aufgebaut. Kann dieses Wissen bei der Eingabe neuer Projekte für Energie-Innovationen aktiv verwendet werden, besteht eine wesentlich höhere Erfolgsaussicht. Die Angebote würden so zusätzlich als Wissenszentren auftreten.

Die Schwächen im Energie-Innovations-Ökosystem werden im als zu hoch empfundenen Zeitaufwand für die Identifikation und Akquise geeigneter Unterstützungsangebote sowie in der fehlenden Information über die verfügbaren Angebote identifiziert. Diese beiden Schwächen haben einen direkten kausalen Zusammenhang.

Gefahren bestehen primär darin, dass gute Angebote aufgrund fehlender Informationen von potenziellen Nutzern gar nicht in Anspruch genommen werden und die dadurch möglichen Innovationen nicht oder nur verzögert umgesetzt werden. Weiter können Unternehmen, welche sich selbst als «nicht energierelevant» einstufen, nicht für Verbesserungsmassnahmen gewonnen werden. Der dafür notwendige Sinneswandel benötigt eine zusätzliche Sensibilisierung.

Aufbauend auf den bestehenden Stärken des Energie-Innovations-Ökosystems der Schweiz schlägt die Studie vor, darauf zu fokussieren, dass Förderangebote einfacher identifiziert und genutzt werden können. Gerade wegen der begrenzten Zeit- und Ressourcenbudgets potenzieller Nutzer ist ein schneller und effizienter Zugang zum richtigen Förderangebot entscheidend. Es wird empfohlen, dafür insbesondere die bestehenden Angebote als Wissenszentren zu nutzen. Form und Umsetzungsmöglichkeiten solcher vereinfachten Zugänge sind bereits Teil aktueller Forschungsprojekte.

Autor
Dr. Simon Züst

ist Dozent am Institut für Innovation und Technologiemanagement IIT der Hochschule Luzern.

 

Autor
Richard Lüchinger

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am CC Business Engineering am Institut für Innovation und Technologiemanagement IIT der Hochschule Luzern.

  • Hochschule Luzern, 6048 Horw
Autor
Oliver Stoll

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am CC Business Engineering am Institut für Innovation und Technologiemanagement IIT der Hochschule Luzern.

 

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