Fachartikel Regulierung

Handlungsempfehlungen für Netzbetreiber

Konzessionsabgaben

06.12.2018

Viele Schweizer Gemeinden und Kantone erheben von Verteilnetzbetreibern für die Verlegung ihrer Leitungen in öffentlichem Grund und Boden eine Konzessionsabgabe. Das Bundesgericht hat in den letzten Jahren mehrere Urteile erlassen, welche diverse offene Fragen abschliessend geklärt haben.[1]

Viele Gemeinwesen verlangen von den auf ihrem Gebiet tätigen Verteilnetzbetreibern, welche den öffentlichen Grund und Boden zum Bau und Betrieb ihrer ober- oder unterirdischen Leitungen und Anlagen benutzen, eine Entschädigung in Form einer Konzessionsabgabe. Die Netzbetreiber, welche diese Leitungen und Anlagen nicht zum Selbstzweck verbauen, sondern ihren Versorgungsauftrag gemäss Art. 5 Abs. 2 und 3 StromVG erfüllen müssen, wollen diese Abgaben an ihre Endverbraucher überwälzen.

Im Dreiecksverhältnis Endverbraucher (Kunde), Netzbetreiber und Gemeinwesen soll nachfolgend aufgezeigt werden, was es zu beachten gilt.

Verhältnis Endverbraucher zum Gemeinwesen

Endverbraucher stehen im Bereich der Elektrizitätsversorgung mit dem Gemeinwesen in keinem Rechtsverhältnis. Obwohl sie mittelbar davon einen Nutzen haben, dass der Netzbetreiber für ihre Versorgung den öffentlichen Grund in Anspruch nimmt, so sind sie durch den Netzbetreiber an die Elektrizitätsversorgung angeschlossen. Folglich steht es dem Gemeinwesen nicht zu, direkt von einem Endverbraucher eine Abgabe zu verlangen.[2]

Verhältnis Endverbraucher zum Netzbetreiber

Jeder Endverbraucher ist am Verteilnetz eines Netzbetreibers angeschlossen. Als Entgelt für den Bezug elektrischer Energie über das Verteilnetz steht dem jeweiligen Netzbetreiber nach der geltenden «Cost Plus»-Regulierung gemäss Art. 15 StromVG ein Netznutzungsentgelt zu. Im Unterschied zu den Entschädigungen an private Grundstückseigentümer sind Konzessionsabgaben an das Gemeinwesen nicht Teil der Betriebskosten und können folglich nicht nach der üblichen «Cost Plus»-Regulierung von Art. 15 Abs. 2 StromVG an die Endverbraucher überwälzt werden.

Hingegen gelten auch korrekt erhobene Konzessionsabgaben als Kosten des Verteilnetzes, welche er gemäss Art. 14 StromVG an Endverbraucher überwälzen darf. Während bis vor dem Urteil des Bundesgerichts vom 28. Mai 2018 nicht abschliessend bestimmt war, ob zusätzlich zu Art. 14 StromVG eine konkretisierende Überwälzungsnorm – beispielsweise in einem kantonalen oder kommunalen Gesetz oder in einem Vertrag – nötig ist, hat nun das Bundesgericht abschliessend geklärt, dass Art. 14 StromVG als Überwälzungsnorm von korrekt erhobenen Konzessionsabgaben ausreicht.[3] Auf Basis der klaren gesetzlichen Regelung können die Konzessionsabgaben unmittelbar gestützt auf das Stromversorgungsgesetz an die Endverbraucher überwälzt werden. Es bedarf keiner zusätzlichen gesetzlichen oder vertraglichen Grundlage.

Einzig beachtenswert ist, dass die Abgabe an das Gemeinwesen auf der Rechnung an Endverbraucher nicht im Netznutzungsentgelt an den Netzbetreiber enthalten, sondern gemäss Art. 12 Abs. 2 StromVG gesondert auszuweisen ist.

Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass sich die Überwälzung korrekt erhobener Konzessionsabgaben aus Art. 14 StromVG ergibt, diese jedoch gesondert auf der Rechnung auszuweisen sind.

Verhältnis Netzbetreiber zum Gemeinwesen

Staatliches Handeln erfordert eine gesetzliche Grundlage.[4] Zu staatlichem Handeln gehört auch die Erhebung einer Konzessionsabgabe von einem Verteilnetzbetreiber. Es ist somit zu klären, was die gesetzliche Grundlage zu bestimmen hat, damit die Abgabe rechtmässig erhoben werden kann.

Gemäss konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts qualifiziert eine Konzessionsabgabe, welche als Entgelt für die Benutzung des öffentlichen Grund und Bodens erhoben wird, als Kausalabgabe.[5] Kausalabgaben stellen die Gegenleistung für eine Leistung oder eine Vorteilsgewährung durch das Gemeinwesen an einen Privaten dar. Sie unterscheiden sich von Steuern durch den Bezug zu dieser Leistung beziehungsweise Vorteilsgewährung.

Damit eine Konzessionsabgabe rechtmässig erhoben werden darf, müssen die wesentlichen Elemente der Kausalabgabe in einem Gesetz im formellen Sinne enthalten sein. Ein Gesetz im formellen Sinne ist ein Erlass, der entweder vom Stimmbürger oder einem Parlament im Verfahren der Gesetzgebung beschlossen wird.[6] Verordnungen oder Konzessionsverträge, welche bloss durch eine Exekutive erlassen oder unterzeichnet wurden, qualifizieren nicht als Gesetz im formellen Sinn, und solche Erlasse bildeten folglich keine genügende gesetzliche Grundlage, um bei einem Netzbetreiber eine Konzessionsabgabe zu erheben. Stellt ein Netzbetreiber fest, dass die von ihm erhobene Konzessionsabgabe nicht auf einem formellen Gesetz beruht, ist ihm zu empfehlen, diese Konzessionsabgabe nicht mehr zu leisten und dies dem Gemeinwesen mitzuteilen.

Unterlässt ein Netzbetreiber dies, muss er letztlich damit rechnen, dass er diese Abgabe nicht an Endverbraucher überwälzen darf. Inwieweit und wie lange eine Rückforderung durch Endverbraucher möglich wäre, kann vorliegend offenbleiben, betrifft dies doch das Verhältnis des Endverbrauchers zum Netzbetreiber. Auf jeden Fall ist ein Netzbetreiber gut beraten, diese Situation zügig einer Korrektur zuzuführen.

Zu den wesentlichen Elementen einer Konzessionsabgabe zählen a) der Gegenstand der Abgabe, b) der Kreis der Abgabepflichtigen und c) mindestens die Grundzüge der Art der Anknüpfung und die Höhe der Abgabe (Bemessungsgrundlage). Die Festlegung der konkreten Höhe der Abgabe kann einer vollziehenden Behörde überlassen werden, sofern das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip eine Begrenzung der Höhe zulassen.[7] Im Einzelnen müssen in einem formellen Gesetz somit folgende Elemente enthalten sein:

Gegenstand der Abgabe: Der abgabebegründende Gegenstand bei einer Konzessionsabgabe ist die Benutzung des öffentlichen Grund und Bodens durch elektrische Leitungen und Anlagen. Ob die Benutzung oberirdisch, zum Beispiel durch Freileitungen, Transformatorenstationen und Unterwerke, oder unterirdisch, etwa durch in Strassen verlegte Kabel, erfolgt, liesse sich zwar unterscheiden, ist jedoch nicht von besonderem Interesse.

Kreis der Abgabepflichtigen: Wie bereits ausgeführt, wird der öffentliche Grund und Boden durch den Netzbetreiber benutzt. Er hat dafür eine Abgabe zu entrichten. Der Endverbraucher seinerseits benutzt das Verteilnetz, entsprechend hat er dafür eine Entschädigung zu bezahlen. Eine direkte Inanspruchnahme des Endverbrauchers durch das Gemeinwesen hat das Bundesgericht korrekterweise als unzulässig beurteilt.[2] Das formelle Gesetz, welches die Konzessionsabgabe regelt, muss somit die auf dem jeweiligen Gebiet des Gemeinwesens tätigen Netzbetreiber als Abgabepflichtige bezeichnen.

Art der Anknüpfung und Höhe der Abgabe: Während die Bestimmung der beiden ersten Elemente zur korrekten Erhebung einer Kausalabgabe im vorliegenden Kontext verhältnismässig einfach ist, hat die Normierung der korrekten Art der Anknüpfung und der Höhe der Abgabe vielerlei zu beachten. Dies ist insbesondere dem Umstand geschuldet, dass das Kostendeckungs- sowie das Äquivalenzprinzip einzuhalten sind. Diese machen es erforderlich, dass je schwieriger die Überprüfung der Einhaltung dieser beiden Prinzipien sind, je detaillierter die Anforderungen an die formalgesetzlichen Bestimmungen werden.

Das Kostendeckungsprinzip besagt, dass ein Gemeinwesen die Abgabe grundsätzlich nicht höher ansetzen darf, als die tatsächlichen Kosten des Gemeinwesens sind.[8] Entstehen dem Staat bei der Erbringung der Leistung oder der Vorteilseinräumung keine oder bloss marginale Kosten, spricht man von kostenunabhängigen Kausalabgaben.[9] Die begrenzende Funktion des Kostendeckungsprinzips entfällt.

Durch den Bau und den Betrieb elektrischer Leitungen entstehen dem Gemeinwesen in der Regel keine Kosten. Alle direkt dem Netzbetreiber zurechenbaren Kosten werden direkt von ihm getragen. So bezahlt der Netzbetreiber (und letztlich der Endverbraucher) sämtliche Grab- und Bauarbeiten. Ob und inwieweit Minderwerte beispielsweise in Strassen durch nachträgliche Leitungsverlegungen entstehen können, lässt sich kaum je abschlies­send ermitteln. Lehre und Rechtsprechung qualifizieren Konzessionsabgaben für elektrische Anlagen typischerweise ebenfalls als kostenunabhängige Kausalabgaben.[10] Entsprechend hat das Kostendeckungsprinzip vorliegend praktisch keine begrenzende Funktion.

Massgeblich ist jedoch die Begrenzung durch das Äquivalenzprinzip. Dieses konkretisiert die verfassungsrechtlichen Schranken des Verhältnismässigkeitsprinzips und des Willkürverbots.[11] Nur wenn in einem Gesetz willkürfreie und verhältnismässige Abgaben normiert werden, dürfen sie rechtmässig vom Abgabepflichtigen erhoben werden.

Dem Äquivalenzprinzip zufolge muss die Höhe der Kausalabgabe im jeweiligen konkreten Einzelfall in einem objektiven Verhältnis zur staatlichen Leistung für den Abgabepflichtigen stehen. Der objektive Wert einer staatlichen Leistung entspricht dem Nutzen, den der Abgabepflichtige aus der Nutzung bezieht, wobei ein schematischer, auf Wahrscheinlichkeit und Durchschnittserfahrung beruhender Massstab angelegt werden darf. Konkret stellt sich also die Frage, welchen Nutzen der Netzbetreiber aus den Nutzung des öffentlichen Grund und Bodens zieht. Dabei darf gemäss neuester Rechtsprechung des Bundesgerichts aber auch der Nutzen beim Endverbraucher berücksichtigt werden, der indirekt aus der Nutzung eine Leistung bezieht.

Grundsätzlich müsste sich die Leistung des Gemeinwesens nach dem Marktwert richten, sofern ein solcher vorhanden ist. Da gemäss Auffassung des Bundesgerichts kein solcher besteht, verfügt der Gesetzgeber über verhältnismässig grossen Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung der Höhe der Kausalabgabe. Auch dem Äquivalenzprinzip kommt kaum begrenzende Funktion zu.

In jedem Fall ist gemäss dem Bundesgericht ein sachlich haltbarer Anknüpfungspunkt für die Abgabe notwendig, wobei verschiedene Lösungen denkbar sind. Ausgehend vom Nutzen des Netzbetreibers wäre etwa das Anknüpfen an der gelieferten Energie möglich; ebenfalls denkbar wäre ein Anknüpfen an der benutzten Fläche, für welche ein bestimmter Preis zu bezahlen wäre.

Im einen wie im anderen Fall ist der zu bezahlende Betrag des Netzbetreibers abhängig von der über das Verteilnetz ausgespiesenen Energie. In beiden Fällen ist zu beachten, dass Endverbraucher mit besonders hohem Stromverbrauch nicht übermässig belastet werden, indem ihnen entweder praktisch die gesamten Abgaben an ein Gemeinwesen überbürdet werden oder ihr Verbrauch und mithin ihre Nutzung des Verteilnetzes übermässig ins Gewicht fallen würde.[4, 12] Dies trifft auch dann zu, wenn der Nutzen beim Endverbraucher berücksichtigt wird, da auch dieser nach der Überwälzung durch den Netzbetreiber nicht übermässig belastet werden darf. Entsprechend bietet sich eine Limitierung auf einer bestimmten Anzahl Gigawattstunden pro Jahr an.[13]

Viele Gemeinwesen stellen ohne konkrete Berücksichtigung der benutzten öffentlichen Fläche eine Abgabe auf Basis der ausgespeisten Energie durch sämtliche Endverbraucher des jeweiligen Netzbetreibers als Konzessionsabgabe in Rechnung (gemessen in Kilowattstunden). Diese Bemessungsgrundlage ist die unkomplizierteste Lösung. Werden die maximalen Kilowattstunden je Endverbraucher hier berücksichtigt, ist auch sichergestellt, dass keine unverhältnismässige Belastung des Netzbetreibers erfolgt.

Konzessionsabgaben dürfen abgewälzt werden

Wird in einem formalen Gesetz eine verhältnismässige Konzessionsabgabe bestimmt, welche für die Nutzung des öffentlichen Grund und Bodens vom Netzbetreiber erhoben wird, so steht einer Überwälzung dieser Abgabe auf Endverbraucher nichts entgegen. Welcher konkrete Betrag dies letztlich ist beziehungsweise sein kann, hängt von vielerlei Faktoren ab, welche einer detaillierten Prüfung im Einzelfall zu unterziehen sind.

Referenzen

[1]   Vgl. etwa BGE 138 II 703, 2C_169/2010 vom 17. November 2011 (Pra 2011 Nr. 86, S. 576 ff.), 4A_582/2014 vom 17. April 2015, 2C_1100/2016 vom 17. März 2017, 2C_399/2017 vom 28. Mai 2018.
[2]   Im Verfahren 2C_169/2010 vom 17. November 2011 (Pra 2011 N. 86, S. 576 ff.) wurde dies durch einen Bürger des Kantons Tessin zu Recht beanstandet.
[3]   E. 9.1 des Urteils des Bundesgerichts 2C_399/2017 vom 28. Mai 2018 mit weiteren Hinweisen.
[4]   Art. 5 Abs. 1 BV.
[5]   Vgl. z.B. BGE 138 II 70, 74, E. 6.1; bestätigt im Urteil des Bundesgerichts 2C_399/2017 vom 28. Mai 2018, E. 6.2.4.
[6]   Daniela Wyss, «Kausalabgaben», Diss. Basel 2009, S. 196, BGE 121 I 230, 236, E. 3e, 131 II 735, 740, E. 3.2. Kommunale Erlasse qualifizieren als Gesetze im formellen Sinn, wenn sie von der durch das kantonale Recht ermächtigten Gemeindelegislative beschlossen werden oder sie stattdessen dem (obligatorischen oder fakultativen) Referendum unterstehen, vgl. BGE 127 I 60, 66, E. 2e.
[7]   Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, «Allgemeines Verwaltungsrecht», 7. A., 2010, N 2799 f. sowie Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli/Markus Müller, «Allgemeines Verwaltungsrecht», 4. A., 2014, § 59 N 3.
[8]   Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, a.a.O., N 2760 sowie Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli/Markus Müller, a.a.O., § 58 N 13.
[9]   Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, a.a.O., N 2760.
[10]   BGE 131 II 735, 740, E. 3.2. sowie Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, a.a.O., N 2760.
[11]   Art. 5 Abs. 2 und 9 BV sowie Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, a.a.O., N 2785 ff.
[12]   So brächte es beispielsweise in einer Gemeinde ein Korrektiv (zum Beispiel in Form einer Limitierung auf eine maximale Anzahl Gigawattstunden pro Endverbraucher und Jahr), wenn einerseits eine Fabrik mehrere Hundert Gigawattstunden Strom pro Jahr aus dem Verteilnetz ausspeist und diese bloss mittels einigen wenigen Strommasten angeschlossen ist, anderseits die ebenfalls dort ansässigen Endverbraucher, welche ein fein verästeltes Verteilnetz und dafür viel öffentlichen Grund in Anspruch nehmen, bloss einige Megawattstunden Strom pro Jahr ausspeisen würden.
[13]   Im Kanton Tessin sind dies beispielsweise 8 GWh pro Endverbraucher und Jahr, vgl. Art. 10c Regolamento della legge cantonale di applicazione della legge federale sull’approvvigionamento elettrico (RLA-LAEl) (del 23 novembre 2010).

Autor
Dr. Etienne Schön

ist Rechtsanwalt bei Agon Partners Legal  AG.

  • Agon Partners Legal AG, 8008 Zürich
Autorin
Phyllis Scholl

ist Partnerin und Leiterin der Rechtsberatung bei Baryon AG.

  • Baryon AG, 8002 Zürich

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