Fachartikel Erneuerbare Energien , Regulierung

Gute Absichten – jetzt braucht es Taten!

Runder Tisch Wasserkraft

01.02.2022

Stromproduzenten, Kantone und NGOs haben am Runden Tisch Wasserkraft teilgenommen. Dabei wurden die 15 vielversprechendsten Speicherwasserkraftprojekte identifiziert, die möglichst geringe Auswirkungen auf Biodiversität und Landschaft haben. Ihre Realisierung würde es erlauben, bis 2040 eine zusätzliche saisonale Speicherproduktion von 2 TWh zu erreichen.

Vertreterinnen und Vertreter wichtiger Akteure im Bereich der Wasserkraft haben sich an einem Runden Tisch über die Herausforderungen der Wasserkraft vor dem Hintergrund der Energiestrategie 2050, des Netto-Null-Klimaziels, der Versorgungssicherheit und des Erhalts der Biodiversität ausgetauscht. Der Bundesrat hat der Wasserkraft als Rückgrat der schweizerischen Stromversorgung eine Schlüsselrolle zugedacht. Die Wasserkraft soll ihre Produktion steigern und so einen Beitrag zur Herausforderung der saisonalen Speicherproduktion leisten. Doch wie kann zur Vergrösserung der Produktionskapazitäten und -reserven im Winter beigetragen werden, wenn jedes Entwicklungsprojekt auf mangelnde Akzeptanz stösst und dagegen Einsprachen eingehen?

Auf Einladung von Bundesrätin Simonetta Sommaruga haben sich die Vertreterinnen und Vertreter von Stromproduzenten, Kantonen und NGOs seit August 2020 dreimal getroffen. Ziel des Runden Tisches Wasserkraft war es, eine gemeinsame Erklärung zu verabschieden. Am abschliessenden Treffen vom 13.  Dezember 2021 war es dann so weit. In dieser Erklärung haben die Beteiligten 15 Speicherwasserkraftprojekte identifiziert, die gemäss heutigem Kenntnisstand energetisch am vielversprechendsten sind und gleichzeitig mit möglichst geringen Auswirkungen auf Biodiversität und Landschaft umgesetzt werden können. Ihre Realisierung würde es erlauben, bis 2040 eine saisonale Speicherproduktion im Umfang von 2 TWh zu erreichen und damit das vom Bundesrat in seiner Botschaft zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien genannte Ausbauziel zu erfüllen.

15 vielversprechende Projekte

Eine von Professor Michael Ambühl von der ETH Zürich moderierte Begleitgruppe hat insgesamt 33 Projekte der Speicherwasserkraft anhand von energiewirtschaftlichen sowie von Biodiversitäts- und Landschaftskriterien bewertet. Bei diesen ausgewählten 15 Projekten ist der Biodiversitäts- und Landschaftseingriff pro zusätzliche GWh Speicher am geringsten. Sie verteilen sich auf fünf Kantone (8 im Wallis, 3 in Bern, 2 in Graubünden, 1 im Tessin und 1 in Uri). Bei 13 Projekten ist eine Erhöhung einer bestehenden Staumauer vorgesehen, bei zwei ein Neubau. Im Wallis ist insbesondere die Gemeinde Zermatt betroffen: Das Projekt Gornerli will den Rückzug des Gletschers nutzen und Wasser aus dem gesamten Einzugsgebiet des Monte Rosa auffangen. In den Berner Alpen gilt es in erster Linie, das Projekt am Triftgletscher, das schon seit 15  Jahren auf dem Tisch liegt, endlich zu validieren.

Der Runde Tisch schlägt vor, dass zu diesen 15 Projekten vertiefte energiewirtschaftliche und ökologische Abklärungen vorgenommen und Verhandlungen zwischen den Umweltverbänden, den Betreibern und den Kantonen aufgenommen werden. Der Runde Tisch empfiehlt eine Reihe von Massnahmen für die Planung und das Bewilligungsverfahren von Wasserkraftprojekten, zur Förderung der Wasserkraft, zur ökologischen Sanierung der Wasserkraftwerke sowie zum Schutz von Biodiversität und Landschaft. Voraussetzung für die Erteilung der Konzession oder für die Betriebsbewilligung ist eine verbindliche Festlegung der Ausgleichsmassnahmen.

Jetzt ist Zeit, um zu handeln

Am Runden Tisch Wasserkraft sind die wichtigsten Akteure zusammengekommen, sodass zumindest die vielversprechendsten Projekte identifiziert werden konnten. Aber es ist noch ein weiter Weg. Die gemeinsame Erklärung, die vom Runden Tisch verabschiedet wurde, ist nur eine Absichtserklärung. Zudem bleiben die Kantone bei der Beurteilung der verschiedenen Projekte, die bereits gewiss oder weiterhin Gegenstand von Einsprachen sind, unabhängig. Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz hat zwar am Runden Tisch teilgenommen, sich letztlich aber geweigert, die Erklärung zu unterzeichnen. Ein schlechtes Omen? Auf die guten Absichten müssen nun definitiv Taten folgen!

Autorin
Valérie Bourdin

ist Redaktorin VSE.

  • VSE,
    1003 Lausanne

Runder Tisch

Auf Einladung der Vorsteherin des Uvek haben sich die Teilnehmenden des Runden Tisches Wasserkraft dreimal getroffen (am 18. August 2020, am 21. Juni 2021 und am 13. Dezember 2021). Am Runden Tisch teilgenommen haben die Konferenz der kantonalen Energiedirektoren, die Regierungskonferenz der Gebirgs­kantone, die Konferenz der Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren, Pro Natura, WWF Schweiz, die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, der Schweizerische Fischerei-Verband, der Verband Schweizerischer Elek­trizitätsunternehmen, der Schweizerische Wasserwirtschaftsverband, Swiss Small Hydro, Swisspower AG und die Axpo Group.

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