Graphit statt Gold
Innovative Beschichtung für Bipolarplatten in Brennstoffzellen
Elektroautos, die in fünf Minuten vollgetankt sind, auf Reichweiten wie ein Diesel kommen und doch «sauber» fahren: Das schaffen mit Wasserstoff betankte Brennstoffzellen-Fahrzeuge schon heute. Aber sie sind bisher noch selten und teuer. Neben Effizienzproblemen und der fehlenden Ladeinfrastruktur liegt das unter anderem an einer Kernkomponente: Goldbeschichtete Bipolarplatten (BiP) in Brennstoffzellen. Sie sind ausserdem aufwendig in der Herstellung. Das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS Dresden, der deutsche Automobilkonzern Daimler und das finnische Stahlunternehmen Outokumpu Nirosta haben nun eine preiswerte Alternative für die schnelle Massenproduktion entwickelt, die auch eine kontinuierliche Produktion von Bipolarplatten ermöglicht. Statt mit Gold werden die Platten hauchdünn mit Kohlenstoff beschichtet. Dieses Konzept ist massenproduktionstauglich und kann die Fertigungskosten stark reduzieren. Zudem liefert es einen wichtigen Beitrag zum Bau umweltfreundlicher Fahrzeuge.
Brennstoffzellen sind interessante technologische Alternativen zu Batteriekonzepten. «Wenn die Automobilindustrie heute von alternativen Antriebskonzepten redet, ist meist das batterieelektrische Fahren gemeint», erklärt IWS-Leiter Prof. Christoph Leyens. «Für Einsatzszenarien wie zum Beispiel Lastkraftwagen, die eine grosse Reichweite brauchen, könnten Brennstoffzellen eine interessante technologische Alternative bieten. Deshalb arbeiten wir mit unseren Partnern aus der Wirtschaft eng zusammen, um preisgünstigere und leistungsfähige Brennstoffzellen zu ermöglichen.»
Wie funktioniert eine Brennstoffzelle?
Brennstoffzellen funktionieren wie Mini-Kraftwerke: Sie werden mit dem Energieträger Wasserstoff sowie mit Sauerstoff gespeist und erzeugen daraus in einer chemischen Reaktion Wasser, Strom und Wärme. Dafür kommen unterschiedliche Bauweisen in Betracht. Eine weit verbreitete ist die PEM-Brennstoffzelle. Sie bestehen aus Stapeln («Stacks») vieler Einzelzellen, in deren Mitte sich jeweils eine Protonen-Austausch-Membran (englisch: «Proton Exchange Membrane» = PEM) befindet. Rechts und links dieser Membran sind Elektroden mit Katalysatoren, je eine Gasdiffusionslage (GDL) und ganz aussen auf beiden Seiten sogenannte Bipolarplatten angeordnet. Durch diese Platten strömen Wasserstoff und Sauerstoff in die Zelle. Sie bestehen aus jeweils zwei Edelstahl-Halbblechen, auf die in einem Umformungsprozess spezielle Strukturen für den Gasfluss und die Wärmeabfuhr geprägt und die dann zusammengeschweisst werden.
Weil aber Stahloberflächen Strom nur mässig gut leiten, werden Bipolarplatten oft mit Gold beschichtet, um Rostbildung zu vermeiden. Vor allem aber sorgt das Edelmetall dafür, dass der Strom gut fliessen kann, der Kontaktwiderstand zwischen der Gasdiffusionslage und der Bipolarplatte also gering bleibt. Allerdings ist Gold teuer.
Daher sind die IWS-Forscher und ihre Partner aus der Automobil - und Stahlindustrie neue Wege gegangen: Statt mit Gold beschichten sie die etwa 50 bis 100 µm dünnen Stahlbleche mit einer nur wenige Nanometer dünnen graphit-ähnlichen Schicht. Dafür setzen sie die «Physikalische Gasphasenabscheidung» (PVD) ein. Dabei verdampft ein Lichtbogen in einer Vakuumkammer zunächst den Kohlenstoff, der sich dann in einer hochreinen, gleichmässigen und sehr dünnen Schicht auf dem Edelstahl niederschlägt.
Beschichtungskosten halbiert
Bereits im Vorserienstadium erreicht diese Kohlenstoffschicht einen ähnlich niedrigen Kontaktwiderstand wie Gold. Anders ausgedrückt: Wenn die Ingenieure ihr Verfahren bis zur Massenproduktion weiter verfeinern, wird ihre Schicht den Strom mindestens ebenso gut wie das Edelmetall leiten, womöglich sogar besser – bei halbierten Beschichtungskosten.
Zudem verspricht die innovative Technologie auch ein höheres Produktionstempo. Denn die Kohlenstoffschicht ist so dünn, dass die Beschichtung selbst nur Sekunden dauert. Zudem können Stack-Produzenten in Zukunft ganze Blechrollen noch vor der Umformung «am laufenden Band» beschichten. Denn die Fraunhofer-Schicht ist so strapazierfähig, dass sie auch den Umform- und Schweissprozess aushält. «Das ermöglicht einen kontinuierlichen Fertigungsprozess und damit einen viel höheren Produktionsdurchsatz als bisher», erklärt Dr. Roch.
Brennstoffzellen-Fahrzeuge mit der Reichweite eines Diesels
Solcherart aufgebesserte und preiswertere Brennstoffzellen sind insbesondere für den mobilen Einsatz wichtig. Sie eignen sich beispielsweise für umweltfreundlichere Autos, Busse und Lastkraftwagen mit grosser Reichweite, die schnell nachtankbar sein müssen.
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