Inspirierendes zu Smart Home und effizienter Beleuchtung
Triple-Forum in Basel vom 15. Juni 2022
Drei Veranstaltungen vereint: Am 15. Juni 2022 trafen sich Interessierte in Basel zum kombinierten Event «Forum Smart Home, Swiss Lighting Forum und Tageslicht-Symposium». Der Triple-Event ermöglichte es Fachleuten, sich ohne grösseren Aufwand auch mit aktuellen Trends benachbarter Disziplinen vertraut zu machen.
Zum Einstieg wurden globale Entwicklungen vorgestellt. Marcel Aberle erläuterte, was Megatrends auszeichnet: Sie müssen global und epochal (mindestens 50 Jahre) sein und Gesellschaft, Wirtschaft und Politik beeinflussen. Er präsentierte einige der Trends (Individualisierung, Gender, Silver Society, Neo-Ökologie, Konnektivität, Globalisierung, Urbanisierung ...) und wie sie Wirtschaft und Gesellschaft verändert haben. Seine Beobachtung: «Zukunft entsteht stets rekursiv, nie linear.» Trends lösen also oft Gegentrends aus, da durch gesellschaftliche Interaktionen Rückkopplungen stattfinden.
Facetten des Smart Home
Dann entschied man sich für einen der drei bis fünf Streams. Im Smart-Home-Stream erläuterten Leonie Basler und Manuela Stucki, wie mit Smart Home Nutzen entstehen und wie das Leben vereinfacht werden kann, beispielsweise durch technologieübergreifende Szenarien (Guten-Morgen-Setting usw.). Damit es klappt, brauche es viel Aufklärungsarbeit, denn die Kunden kennen die Möglichkeiten oft nicht. Interessant war die Aussage, dass sich die Bedürfnisse von ländlichen und städtischen Mietern kaum unterscheiden. Aus Sicht der Wünsche spielt es also keine Rolle, wo die Liegenschaft steht.
Vom heimischen Komfort ging man dann über zur Energieeffizienz in Gebäuden. Hans Fischer erläuterte eine herstellerunabhängige Verbrauchssteuerung, ein zentrales Energiemanagement mit einem Master, der sicherstellt, dass die Wärmepumpe nicht das Nachsehen hat, wenn die Energiebatterie immer als schnellste einschaltet. Die damit verbundene App erläutert Kunden, was eine Kilowattstunde ist, um ein Gefühl für den Verbrauch zu entwickeln. Das präsentierte Energiemanagement verbindet viele Ansätze: die Eigenverbrauchsoptimierung, das Lastmanagement, die Rundsteuerung, bidirektionales Laden, die Wärmepumpensteuerung und den Zusammenschluss zum Eigenverbrauch.
Im Vortrag von Klaus Wächter tauchte man ein in die Inkompatibilitäten der in Smart Homes eingesetzten Technologien und Geräte. Das Hauptproblem seien die verschiedenen Ökosysteme – Google, Apple, Amazon und SmartThings von Samsung. Einige kommunizieren zudem via Cloud, andere nicht. Mit KNX IoT können nun fast alle Geräte, die in Smart Homes vorkommen, eingebunden werden. Durch die KNX-Anwendungsbibliothek hebt sich der Funktionsumfang von anderen Systemen ab. Wächter erläuterte auch die verschiedenen bei IoT eingesetzten Kommunikationsstandards: Z-Wave ist ein drahtloser Kommunikationsstandard, Thread ist IP-basiert, eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist da möglich. Matter ist kein Ökosystem, sondern ein neuer Applikationsstandard, ein interoperables Protokoll. Es ist eine Weiterentwicklung von Zigbee und ermöglicht das gleichzeitige Anschliessen eines Gerätes in verschiedenen Ökosystemen.
Enrico Marchesi fing seinen Vortrag mit einem eindrücklichen Statement an: «Wenn wir der Extrapolation der Weltbevölkerung bis 2050 glauben, brauchen wir für die Gebäude das Material von New York – pro Monat!» Er plädierte dafür, die Kreislaufwirtschaft nicht als ein Materialthema zu betrachten, sondern als Planungsthema. Recycling soll die letzte Möglichkeit sein, «mit etwas etwas zu machen, bevor es zu Abfall wird.» Maintain, reuse, refurbish sollen vorher kommen.
Bei Ruwen Konzelmann standen urbane Energiesysteme im Fokus. Er wies auf die Herausforderungen hin, die daraus entstehen, dass einerseits dezentrale, volatile Erzeuger ins Netz integriert werden und Aufgaben der Grosskraftwerke übernehmen müssen, andererseits millionenfach neue grosse Lasten mit hoher Gleichzeitigkeit in der Nachfrage (E-Mobilität, Wärmepumpen) entstehen. Als Lösung schlug er Smart Meter als Kommunikationsplattform vor, die mit Steuerfunktionen ergänzt wurden.
Sämi Zgraggen stellte die Siedlung am Aawasser in Buochs mit Wasserkraft und PV-Anlagen vor. Eine Beckhoff-SPS – das Herz der smarten Siedlung – verfügt über spezielle IO-Module für die Wohnungen. Mittels App kann man beispielsweise die Waschmaschine bedienen. Die Raumtemperatur wird auch über die App eingestellt. Die monatliche Akontozahlung wird auf die einzelnen Energieträger aufgeteilt. Im Preis sind Betriebskosten und Anlagenkosten berücksichtigt und die Amortisation wird verursachergerecht aufgeteilt. Zu jedem Zeitpunkt, beispielsweise bei Mieterwechsel, kann für alle Energieträger in Echtzeit abgerechnet werden.
Lichtplanung konkret
Der erste Vortrag der Session Swiss Lighting kam aus der Feder der Schweizer Licht Gesellschaft SLG. Geschäftsführer Philippe Kleiber betonte, dass in keinem anderen Bereich so einfach Strom gespart werden könne wie bei der Beleuchtung. Mittels LEDs, Tageslicht, Sensorik und optimierter Lichtplanung lasse sich der Stromverbrauch um mindestens 50 % reduzieren – häufig mit einem Gewinn an Qualität und Komfort. Rund 12 % der Stromausgaben in der Schweiz werden für die Beleuchtung ausgegeben, das entspricht 7 TWh.
Dann stellte Jürg Minnerup die Bedeutung der neuen Lichtnorm EN 12464-1:2021 vor und erläuterte deren Wichtigkeit angesichts der veränderten Erkenntnisse aus dem Bereich der Lichtforschung. Diese betreffen insbesondere die Bedürfnisse der Anwender, die heute vermehrt berücksichtigt werden. So muss etwa die Beleuchtungsstärke bei älteren Menschen erhöht werden, da der Mensch mit zunehmendem Alter an Sehkraft verliert. Auch Faktoren wie Farbwiedergabe und Blendung werden in der neuen Norm besser berücksichtigt.
Abgerundet wurde der Stream mit dem Vortrag von Tran Quoc Khanh, Professor an der TU Darmstadt, der sich mit den bevorzugten Werten für die Beleuchtungsstärke, Farbtemperaturen und -wiedergabe befasste. Er stellte sich die Frage, welche Wertbereiche jenseits aktueller Lichtnormen für die optimale Innenraumbeleuchtung und für die integrative Lichtplanung gelten. Er präsentierte die auf visuellen Experimenten basierenden Ergebnisse. Mit einem Abriss der historischen Entwicklungen in der Lichtforschung, die in den 1930er-Jahren ihren Anfang nahm, zeigte er auf, welche Fortschritte – und Fehler – gemacht wurden. Khanh schloss seinen Vortrag mit verschiedenen Lichtqualitätsmodellen ab, stellte ein neues Diagramm der TU Darmstadt 2021 vor und präsentierte die optimalen Werte für die Beleuchtung im Innenraum.
Die technischen Details
Ein Stream war der Lichttechnik, Steuerung und dem Internet der Dinge gewidmet. Dort ging es um die Möglichkeiten des seit über 20 Jahren existierenden Dali-Standards, der sich durch eine vernetzte Beleuchtung, Zuverlässigkeit und Interoperabilität auszeichnet. Künftig kann gemäss Martin Hutzl Dali noch mehr: Aus der Beleuchtungsanlage lassen sich viele zusätzliche Daten auslesen und beispielsweise für Diagnostik und Predictive Maintenance nutzen.
Stefan Gasser stellte die Initiative «Energylight» der SLG vor, die auf der Vernetzung der Leuchten und dem Einsatz von Präsenz- und Tageslichtsensoren basiert, um den Energieverbrauch um rund die Hälfte zu reduzieren. In Zusammenarbeit mit der Industrie und Bauherren wurde das Einsparpotenzial anhand von sieben konkreten Messprojekten aufgezeigt.
Zum Abschluss kamen die Teilnehmer der Streams in den Genuss des Poetry-Slam-Schweizermeisters Remo Zumstein, der den Tag auf unterhaltsame Weise zusammenfasste.
Fazit
Der Triple-Event in Basel stiess auf grosses Interesse, dank dem breiten Spektrum an Themen, die neuste Trends und aktuelle Erkenntnisse im Smart-Home- und Lichtbereich umfassten. Es wurde klar, dass es noch einiges zu tun gibt, damit Smart-Home-Komponenten nicht nur in ihrem eigenen Ökosystem funktionieren, sondern wirklich interoperabel sind. Gelingt es zudem, die Benutzerschnittstellen so zu gestalten, dass die Möglichkeiten ohne Einführungskurse verstanden werden, könnte Smart Home bezüglich Komfort und Energieeffizienz auf breitere Akzeptanz stossen.
Auch die Streams zur Lichtplanung im Innen- und Aussenbereich sowie zum architektonischen Einsatz des Tageslichts – zwei komplementären Themen – sensibilisierten für Energieeffizienz, technische Möglichkeiten und allfällige Konfliktpotenziale, wie der intensiven Nutzung von Gebäudeoberflächen für die PV, die das Tageslicht selbst nutzen möchte.
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