Forschungsinfrastruktur für innovative Stromnetze
Testplattform soll 2030 am KIT in Betrieb gehen
Dezentrale Einspeisungen von Strom aus erneuerbaren Quellen ersetzen vermehrt zentrale Kraftwerke. Dies verändert die Anforderungen an die Stromnetze. Am High Power Grid Lab (HPGL) werden künftig neue Netztechnologien in einer Testumgebung untersucht, die das reale Stromnetz so präzise wie möglich nachbildet. Im Fokus stehen Nieder- und Mittelspannungsnetze zur regionalen Stromverteilung.
Durch die zunehmende Elektrifizierung gewinnen miteinander gekoppelte Mittelspannungsnetze, regionale Verteilnetze sowie Industrienetze immer mehr an Bedeutung. Das Smart Energy System Simulation and Control Center des Energy Lab am KIT kombiniert die Echtzeitsimulation von Stromnetzen mit den künftig im HPGL verfügbaren Emulatoren für Mittelspannungsnetze. Dabei bestimmt die Echtzeitsimulation das Systemverhalten der Stromnetze, während die Emulatoren dieses Verhalten in der realen Welt mit realem Leistungsfluss nachbilden. So können verschiedene Komponenten umfassend erprobt werden. Es entsteht eine flexible Testumgebung – Power Hardware in the Loop –, die mit ihrem Verhalten das reale Netz so exakt wie möglich darstellt. So lässt sich zum Beispiel der Energiefluss von einem Mittelspannungsnetz in ein anderes regeln. Als eine der grössten Forschungsplattformen Europas verknüpft das Reallabor Energy Lab Versuchsanlagen zur Stromerzeugung, Energiespeicherung und -nutzung miteinander, um ein intelligentes Gesamtsystem zur Energieversorgung zu entwickeln.
«Die im HPGL eingesetzten Mittelspannungs-Emulatoren werden speziell für dieses Projekt entwickelt», erklärt Lukas Stefanski, wissenschaftlich-technischer Projektleiter des HPGL. «Wir können Wechselspannungsnetze bis 20 kV und Gleichspannungsnetze bis 35 kV transformatorlos bis zu einer Leistung von 40 MVA emulieren. Das ist ein entscheidender Fortschritt für die Forschung an leistungsstarken Technologien für die immer wichtiger werdenden Mittelspannungs-Verteilnetze», sagt der Wissenschaftler. Dr. Rüdiger Schwendemann, Teilprojektleiter für die HPGL-Komponenten, betont: «Ein zentrales Ziel des HPGL ist es, innovative leistungselektronische Betriebsmittel für Mittelspannungsnetze zu entwickeln und unter realen Bedingungen zu testen. Die Emulatoren erlauben es, das Netzverhalten präzise abzubilden sowie Betriebs- und Fehlerzustände reproduzierbar und sicher zu emulieren.»
An dem Gesamtprojekt sind am KIT neben dem ETI das Institut für Elektroenergiesysteme und Hochspannungstechnik, das Institut für Automation und angewandte Informatik sowie das Institut für Technische Physik beteiligt. Ausserdem sind in der Aufbauphase viele nationale und internationale Industrieunternehmen, Netzbetreiber sowie Forschungsinstitute involviert. Das HPGL bildet somit eine Brücke für den schnellen Transfer von Forschungsergebnissen in die praktische Anwendung.
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