Felderfahrungen mit Wärmepumpen
Verbesserungspotenziale und Entwicklungen
Wärmepumpen nutzen zum Heizen erneuerbare Wärme aus der Umgebungsluft, aus der Erde, aus Grundwasser oder Oberflächengewässern. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur CO2-Emissionsreduktion im Gebäudepark, zur Steigerung der Energieeffizienz und zu den nationalen Klimazielen. Aber wo liegt ihr Optimierungspotenzial heute?
Im Heizungsbereich nimmt die Bedeutung von Wärmepumpen (WP) in der Schweiz stark zu. Wie Bild 1 zeigt, wurden im Jahr 2022 bereits 41 209 WP verkauft (22,8% Wachstum von 2021 bis 2022), davon sind über 70% Luft/Wasser-WP mit steigendem Marktanteil [1, 2]. Die Verkäufe von Öl-/Gas-Kesseln und -Brennern gehen sukzessive zurück.
Seit 2015 führt das Institut für Energiesysteme (IES) und das Wärmepumpen-Testzentrum Buchs (WPZ) umfangreiche Feldmessungen von WP im Auftrag von EnergieSchweiz durch. Jedes Jahr werden dabei mehrere WP-Anlagen nach bestimmten Kriterien ins Messprogramm aufgenommen und im Feld mit genauen, zeitlich hochauflösenden Messungen begleitet. Mit der Feldmessung soll die Effizienz unter realen Bedingungen ermittelt werden, um fundierte Aussagen über Installation und Verhalten in der Praxis ableiten zu können.
Wesentliche Erkenntnisse aus Felderfahrungen
Dieser Beitrag fasst wesentliche Erkenntnisse dieser Felderfahrungen aus dem Zeitraum 2015 bis 2021 [3] zusammen und skizziert Verbesserungspotenziale [4]. Er gibt auch einen Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen von WP bis 2050 [5].
Bild 2a zeigt die gemessenen Jahresarbeitszahlen (JAZ) für Sole/Wasser (S/W)- und Luft/Wasser (L/W)-WP in Abhängigkeit von der eingestellten Heizkurve für die Betriebsart «Heizen & Trinkwarmwasseraufladung (TWW)». S/W-WP sind wesentlich effizienter als L/W-WP, da sie über das Jahr gesehen von einer stabileren Quellentemperatur aus der Erdwärme profitieren [4]. Bei L/W-WP wird die Effizienz von der schwankenden Aussentemperatur beeinflusst. Zudem wird für die Abtauung zusätzliche Energie benötigt. Die Vorlauftemperatur ist das wichtigste Kriterium für die Effizienz und stellt die Temperatur des Wassers aus der WP im Auslegungspunkt dar (Neubau: 30 °C bis 35 °C, Sanierung: 40 °C bis 45 °C, Altbau: 50 °C bis 55 °C).
Empfehlungen
Eine klare Empfehlung ist, S/W-WP in der Sanierung einzusetzen. Im Neubau sind auch L/W-WP möglich, da der Gesamtenergieverbrauch geringer ist (ca. Faktor 5 bis 10) und die Vorlauftemperaturen niedriger sind. Mit einer Vorlauftemperatur von ca. 30 °C bis 35 °C im Auslegepunkt erreichen L/W-WP derzeit gemessene JAZ von 3,5, S/W-WP eine JAZ von rund 4,9 (Betriebsmodus Heizen & TWW). Eine JAZ von 3 bedeutet, dass über das ganze Jahr hinweg mit jeder kWh Strom 3 kWh Wärme produziert werden.
Die Tabelle in Bild 2b zeigt auch die zukünftige Entwicklung der JAZ bis 2050, wenn die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen so gelegt werden, dass eine Weiterentwicklung der WP-Technologie durch die Hersteller erfolgt. In einem durchschnittlichen Szenario mit 60% Gütegrad (thermodynamisches Limit) können bis 2050 JAZ von 6,3 bzw. 7,9 erreicht werden (Heizen & TWW), was einer markanten Steigerung der Effizienz gegenüber heute entspricht [5].
Der Vergleich von drehzahlvariablen WP mit konventionellen On/Off-WP offenbart einen deutlichen Unterschied in der Effizienz und den Regelungsstrategien. Bild 3 zeigt einen detaillierten Vergleich der JAZ von L/W-WP mit fixer und variabler Drehzahl in Abhängigkeit vom Temperaturhub (Vorlauftemperatur minus Aussentemperatur) [4]. Jeder Punkt stellt einen Tagesmittelwert dar. Zur Orientierung wurde zusätzlich der Gütegrad von 30% und 50% aufgetragen. Bei einem Temperaturhub von 25 K sind die untersuchten L/W-WP mit Inverter (JAZ 4,67) durchschnittlich 22% effizienter als solche mit fester Drehzahl (JAZ 3,85). Bei einem Temperaturhub von rund 40 K arbeiten beide Verdichtertypen im Mittel gleich effizient. Dies ist zu erwarten, da die Temperaturunterschiede in den Wärmetauschern im Teillastbetrieb mit einem drehzahlvariablen Verdichter geringer sind.
Hoher Standby-Verbrauch
Die Feldmessungen zeigen auch, dass der Standby-Stromverbrauch von manchen Inverter-WP-Anlagen kritisch zu betrachten ist, da mehrere WP-Systeme unnötig hohe Verluste aufweisen, wenn der Kompressor nicht in Betrieb ist. WP mit fester Drehzahl starten dafür im Durchschnitt häufiger als Systeme mit variabler Drehzahl. Die durchschnittliche Betriebszeit der drehzahlgeregelten Verdichter ist mehr als doppelt so hoch als bei Systemen mit fixer Drehzahl. Dies deutet darauf hin, dass viele drehzahlgeregelte Verdichter trotz tendenzieller Überdimensionierung und oft nicht optimaler Parametrierung in einem besseren Betriebspunkt laufen als Systeme ohne Leistungsregelung [4].
In Hinblick auf die durchschnittliche Effizienz ist der Aussentemperaturbereich von 0 °C bis 10 °C im Mittelland am wichtigsten, da hier rund 80% des Heizenergiebedarfs anfallen. In Bild 4 ist die Verteilung der Heizenergie einer L/W-WP in Funktion der Aussentemperatur dargestellt. Tiefe Temperaturen sind selten, aber für die Stromnetzbelastung durchaus relevant. Der Heizenergieanteil für Tage mit sehr niedrigen Temperaturen unter 0 °C beträgt nur rund 15%. Den überwiegenden Anteil der Heizenergie verursachen somit nicht die (wenigen) sehr kalten Tage (wie man intuitiv vermuten könnte), sondern die relativ häufigen milderen Wintertage im Bereich von 0 °C bis 10 °C. An diesen Tagen laufen die gemessenen L/W-WP auch in Verbindung mit Radiatoren bereits mit einer hohen JAZ (blaue Kurve), da die erforderlichen Vorlauftemperaturen (rot) typischerweise nur noch bei rund 40 °C liegen.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass WP im Feld relativ gut laufen und bereits eine gute Effizienz erreichten. Einzelne Optimierungspotenziale gibt es vor allem in der korrekt eingestellten Regelung. Die richtige Dimensionierung, Integration und Parametrierung sind der Schlüssel zu einem effizienten und dauerhaften Betrieb. L/W-WP mit drehzahlgeregelten Verdichtern als Heizsystem sind besonders für neue Wohngebäude mit niedrigen Vorlauftemperaturen (z. B. Fussbodenheizung) gut geeignet. In der Sanierung sind auf Grund der höheren Vorlauftemperaturen und höheren Heizleistungen S/W-WP zu bevorzugen. Bei L/W-WP ist eine Zeitsteuerung der Trinkwarmwasseraufladung über den Tag sinnvoll, da zu dieser Zeit die Aussentemperaturen höher liegen als in den frühen Morgenstunden [6]. Eine weitere Empfehlung ist die Aufheizung des Warmwasserspeichers mittels WP auf die maximal mögliche Temperatur während einer Zeit mit möglichst geringem Trinkwarmwasserbezug (z. B. in der Nacht), und erst danach eine Nacherwärmung mit dem Elektroheizstab für die Legionellenschaltung, sofern nötig.
Weitere Tipps und Tricks zur Optimierung der Reglereinstellungen in WP finden sich in verschiedenen Jahresberichten und Fachartikeln [7] sowie im Vortrag anlässlich der Energieforschungsgespräche in Disentis 2023 [8].
Referenzen
[1] GebäudeKlima Schweiz 2023, Statistik für Heizkessel, Brenner, Wärmepumpen, Solaranlagen, Energiespeicher, Wassererwärmer, Stand 17.1.2023.
[2] FWS Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz: Statistik 2022, Stand 5.6.2023.
[3] M. Prinzing, M. Berthold, S. Bertsch, M. Eschmann, «Feldmessungen von Wärmepumpen-Anlagen Heizsaison 2020/21», EnergieSchweiz, BFE, Jahresbericht, 19. Oktober 2021.
[4] R. Kuster, M. Prinzing, M., Berthold, M., Eschmann, S. Bertsch, «Field Performance of Domestic Heat Pumps for Heating and Hot Water in Switzerland: Insights and Analysis», 19th International Refrigeration and Air Conditioning Conference at Purdue, 10– 14 July, 2022.
[5] M. Prinzing, M. Berthold, S. Bertsch, «Ausblick auf mögliche Entwicklungen von Wärmepumpen-Anlagen bis 2050», im Auftrag des BFE, 30. November 2019.
[6] M. Berthold, M. Uhlmann, M. Eschmann, S. Bertsch, «Feldmessungen von Wärmepumpen-Anlagen Heizsaison 2021/22», EnergieSchweiz, BFE, Jahresbericht, 2. November 2022.
[7] Verschiedene Artikel in der Fachzeitschrift «Planer+ Installateur».
[8] C. Arpagaus, R. Kuster, M. Uhlmann, M. Berthold, M. Eschmann, S. Bertsch, «Felderfahrungen mit Wärmepumpen in der Schweiz: Verbesserungspotenziale und zukünftige Entwicklungen», Energieforschungsgespräche Disentis 2023, 25. bis 27. Januar 2023, Video des Vortrags.
Kommentare