Kurznachricht Hardware , ICT

Fehleranalyse von Elektronik

Neue Methoden für die Untersuchung von Bauteilen und Systemen

Mehr Zuverlässigkeit von elektronischen Komponenten und Systemen durch Reduzierung der Fehlerrate entlang der Wertschöpfungskette: Mit diesem Ziel arbeiten 79 Partner aus 14 europäischen Ländern unter der Federführung der Infineon Technologies AG im Forschungsprojekt «IREL 4.0» zusammen.

Zukunftstechnologien wie autonomes Fahren, Internet der Dinge, Elektromobilität oder intelligente Lösungen für Energieeffizienz und Medizin­technik benötigen immer leistungs­fähigere elektronische Bauelemente und Systeme. Durchsetzen werden sie sich nur, wenn die Anwender auf die Robustheit der eingesetzten Elektronik vertrauen können. Dazu will das bis 31. Mai 2022 laufende europäische Forschungsprojekt «Intelligent Reliability 4.0 (iRel40)» einen entschei­denden Beitrag leisten. Weltweit führende Experten aus Industrie und Wissenschaft haben sich darin zusammen­geschlossen, um den gesamten Prozess der Elektronik-Entwicklung vom Wafer/Chip über Gehäuse und Board bis hin zum System im Hinblick auf Zuverlässigkeit und Lebensdauer zu optimieren.

«Schon heute sind die Heraus­forde­rungen beträchtlich. Der Trend zur Miniaturi­sierung sorgt dafür, dass immer mehr Funktionalität in ein immer kleineres Volumen gepackt wird. Dort noch einzelne Komponenten untersuchen oder kleinste Fehler aufspüren zu können, ist nur mit einer Weiter­entwicklung der entspre­chenden Verfahren möglich», sagt Frank Altmann, der das Teilprojekt des Fraunhofer IMWS leitet. «Für die künftigen, noch komplexeren Anfor­derungen reichen kleine Verbes­serungen dieser Technologien nicht mehr aus. Wir brauchen grosse Fortschritte und neue Ansätze, beispielsweise durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen. Genau das will das Konsortium mit geballtem Wissen aus Physik, Chemie, Material­wissenschaft und Elektronik erreichen.»

Das Institut in Halle wird dabei Versagens­modelle für spezifische Zuverlässig­keits­risiken und innovative Methoden für die Material­charak­terisierung und physikalische Analyse entwickeln, stets bezogen auf die Anforderungen neuer Fehlermodi und Degrada­tions­mecha­nismen. Gemeinsam mit Partnern ist das Fraunhofer IMWS in mehreren der insgesamt sechs Arbeitspakete von «IREL 4.0» aktiv und bringt insbesondere seine Expertise und metho­dischen Kompe­tenzen in der Material­charakte­risierung, Modellie­rung, hochauflösenden Mikrostruktur­analyse und physika­lischen Fehler­diagnostik ein. «Dieses tiefgehende Verständnis durch ‹Physics of Failure› ist unabdingbar, wenn man dem Ideal von vollkommen fehlerfreien Anwendungen möglichst nahekommen will. Dass gar keine Defekte mehr auftauchen, ist leider eher unrealistisch. Aber wir halten es für ein machbares Ziel, im Rahmen dieses Gross­projekts beispielsweise die operative Lebensdauer von Elektronik in Automobilen um den Faktor 10 zu erhöhen», sagt Altmann.

Mit seinem Team beschäftigt er sich dabei insbeson­dere mit Halbleiter­techno­logien auf Basis von Galliumnitrid (GaN). Diese ermöglichen höhere Schalt­frequenzen als Silizium-basierte Lösungen, zusammen mit höchsten Energie­umwand­lungs­wirkungs­graden und einer hohen Miniatu­risierung auf Systemebene. Beim Einsatz dieses neuen Materials gilt es aber auch, mögliche neue Degradations­prozesse und Fehlerrisiken zu untersuchen und schliesslich zu beherrschen. Im Projekt werden Degradations­modelle für GaN-Bauelemente erarbeitet, mit denen sich die Ursachen und der zeitliche Verlauf für elektrische, thermische und mechanisch spannungsinduzierte Defekte beziehungs­weise solche, die im Herstel­lungs­prozess entstehen können, bewerten lassen.

Zudem erforscht das Fraunhofer IMWS die Auswirkungen von Material­konta­minationen aus der Chip- und Packaging-Ebene auf Zuverlässig­keits­risiken beim Wafer­bonding. Dabei sollen verbesserte Methoden zur Detektion von durch Verun­reini­gungen verursachten Defekten entwickelt werden. Das Forschungsteam untersucht auch, wie sich Feuchte­korrosion, Kontami­nationen und Durchschlags­festigkeit von Kunststoff-Verkapselungs­materialien der Leistungs­elektronik auf die Zuverläs­sigkeit auswirken und entwickelt dafür notwendige neue Analyseverfahren und Versagens­modelle.

«Für all diese Fragestellungen können wir auf eine erstklassige Analytik-Technik sowie umfangreiche Vorkenntnisse zurückgreifen, sei es zu GaN, akustischer Mikroskopie, der Analyse und Bewertung von Korrosions­prozessen mikro­elektronischer Komponenten oder der physikalischen und chemischen Spurenanalyse. Wir freuen uns deshalb auf die Zusammen­arbeit mit vielen namhaften Partnern und sind sicher, hier einen signifikanten Beitrag leisten zu können», sagt Altmann.

In weiteren Arbeitspaketen werden im Projekt, das zum europä­ischen Entwicklungs­vorhaben ECSEL (Electronic Components and Systems for European Leadership) gehört, beispiels­weise die Möglichkeiten durch neue Sensoren erschlossen, um das Voraussagen von kommenden Fehlern von Systemen zu ermöglichen. Das ist Voraussetzung für Konzepte wie «Smart Maintenance» und die Echtzeit-Kontrolle von Prozessschritten. Zugleich ermöglichen solche Daten ein digitales Abbild der Materialien, Komponenten und Systeme («Digitaler Zwilling»), das weitere Optimie­rungen möglich macht und dazu beitragen kann, zugrunde­liegende Effekte schneller zu verstehen, zielgerichtet zu beeinflussen und somit Zuverlässigkeit und Lebensdauer zu steigern.

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