Erfolgreiche Sanierungen und Umstieg auf Erneuerbare
Energieeffizienz-Steigerungen bei Gebäuden
An vielem wird im Gebäudebereich bezüglich Nachhaltigkeit geforscht, gearbeitet und umgesetzt. Im Interview zeigt Matthias Sulzer auf, wo bereits grosse Fortschritte verzeichnet werden konnten und in welchem Bereich es noch Handlungsbedarf gibt.
Bulletin: Woran arbeiten Sie zurzeit bezüglich der Energieeffizienz?
Matthias Sulzer: Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms NFP70 arbeiten wir an neuen Energievorschriften für Gebäude. Wir suchen grundlegend neue Ansätze mit dem Ziel, die Energievorschriften und deren Vollzug gleichermassen einfach wie wirkungsvoll zu gestalten, verbunden mit einem möglichst hohen Freiheitsgrad für zukünftige Technologien und Lösungen.
Wo sehen Sie grösseres Potenzial, bei passiven Massnahmen oder aktiven Systemen?
In den letzten Jahrzehnten wurde sehr viel im Bereich effiziente und umweltverträgliche Gebäudehüllen erreicht. Die Umstellung von fossiler zu erneuerbarer Energieversorgung hat leider nicht im gleichen Ausmass stattgefunden. Gebäude decken heute immer noch 50 % ihres Energiebedarfs aus fossilen Quellen. Eine radikale Umstellung der Heizsysteme auf Wärmepumpen, Biomasse und Solar ist in den nächsten Jahren entscheidend, um die CO2-Ziele einzuhalten.
Wo besteht Ihrer Ansicht nach der grösste Handlungsbedarf?
Die Technologien für umweltgerechte Heizsysteme sind heutzutage vorhanden. Im Neubaubereich werden fast ausnahmslos solche Systeme eingesetzt. Die Herausforderung liegt im Bestand. Ein Heizsystem zu wechseln, ist in einem bestehenden Gebäude komplexer und braucht mehr Wissen, Erfahrung und Planung. Wie bekommt ein Hausbesitzer schnell, kostengünstig und unkompliziert eine neue, umweltgerechte Heizung? Diesen Prozess der Heizungserneuerung müssen wir ganzheitlich überdenken, verbessern und standardisieren.
Und welches Projekt möchten Sie als bahnbrechendes positives Beispiel in diesem Bereich erwähnen?
Die Energieversorgung ohne Importe komplett aus erneuerbaren Quellen sicherzustellen, wird schwierig für die Schweiz. Synthetisches oder biogenes Gas und Öl ist eine Alternative, um erneuerbare Energie zu importieren. Dieses Gas bzw. Öl kann überall hergestellt, transportiert und bedarfsgerecht in das Energiesystem Schweiz eingespeist werden. Geopolitisch interessant ist die Unabhängigkeit von einzelnen Produktionsländern und Infrastrukturen. Diese Energieträger sind auch technologieoffen, das heisst, sie können in verschiedensten Umwandlungssystemen für die Mobilität, Elektrizitäts- und Wärmeversorgung genutzt werden.
Noch eine persönliche Frage zum Schluss: Hat sich Ihre Energieeffizienz-Arbeit auch irgendwie auf Ihr Verhalten im Privaten ausgewirkt?
Ja, ich habe vor rund zehn Jahren mein altes Haus aus den 1930er-Jahren saniert, eine Photovoltaikanlage in das Dach integriert und eine Brennstoffzelle eingebaut, welche Strom und Wärme bereitstellt. Dies waren meine ersten Gehversuche im Bereich Netzkonvergenz und ganzjährige Eigenstromproduktion. Jetzt bin ich daran, Mobilität, elektrische Speicher und PV zu kombinieren. Der Carport mit Solarmodulen ist in Planung …
Zur Person
Prof. Matthias Sulzer ist leitet das Schweizer Kompetenzzentrum für Energieforschung – Gebäude und Areale (SCCER-FEEBD) an der Empa und lehrt an der ETH Zürich und der Hochschule Luzern. Matthias Sulzer gründete mit drei Partnern die Inretis Holding AG. 2018 erfolgte der Zusammenschluss mit der Poenina. Heute ist die börsenkotierte Firmengruppe mit über 1000 Mitarbeitenden im Bereich Energie- & Gebäudetechnik tätig.
- Empa, 8600 Dübendorf
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