Rückschau Energiemarkt , Erneuerbare Energien

Die Schweizer Energiewende im europäischen Kontext

Energiezukunft, 14. Novem­ber 2023, Aarau

15.11.2023

Die Energiezukunft-Tagung vom 14.11.2023 dürfte die bisher internationalste gewesen sein, denn nebst Bruno Burger vom Fraunhofer ISE, der die nützliche Plattform energy-charts.info vorstellte, brachte auch der Experte der Europäischen Kommission, Arnulf Jäger-Waldau, in Aarau die europäische Sicht ein.

Am Anfang stand der Wasserstoff: Wie das leichte Gas mit Gasturbinen die volatile erneuerbare Einspeisung kompensieren kann, erläuterte Adnan Eroglu von Siemens Energy. Er ging auch auf die Herausforderungen ein wie die Versprödung von Eisen durch das Gas und die nötige Umstellung auf Edelstahlwerkstoffe sowie die höhere Diffusionsfähigkeit, die eine Neuzertifizierung von Dichtungen erfordert. Heutige Turbinen können einen H2-Anteil von bis zu 60% nutzen. Flurin Cavelti, Osterwalder Gruppe, stellte anschliessend die Rolle von grünem Wasserstoff im Schwerverkehr vor.

Dann kam die Windenergie an die Reihe. Saskia Bourgeois, BFE, erläuterte die Implikationen des Mantelerlasses für die Windenergie und stellte die Förderinstrumente des Bundes vor. Der Direktor von Suisse Eole, Lionel Perret, präsentierte die europäische Situation beim Windstrom sowie technologische Entwicklungen, die dazu führen, dass neuere Anlagen bei gleicher Anschlussleistung deutlich mehr Energie produzieren. Das Potenzial der Schweiz liesse sich also besser nutzen. Schon heute hat Windstrom den Vorteil, dass der Winterertrag rund zwei Drittel der gesamten Windkrafterzeugung beträgt. Alfredo Scherngell von EKZ konkretisierte die Herausforderungen der Windkraft am Beispiel des Projekts Thundorf, wo diverse Auflagen einen wuschgemässen Ausbau verunmöglichen. Er plädierte für hohe Anlagen mit einer Masthöhe von 166 m, die ausserhalb der Fledermaus-Schutzzone liegen und von höheren Windgeschwindigkeiten profitieren.

Der Fokus der Tagung lag auf dem Solarstrom. Das Fazit der PV-Marktübersicht von Arnulf Jäger-Waldau lautete: «Die Energiewende ist keine technische, sondern eine politische Herausforderung.» Auch die von Louis Sutter, Agroscope, vorgestellte Agri-PV, die Doppelnutzung bei Beerenplantagen, sowie die Alpine PV kamen zu Wort. Letztere wurde anhand des Scuol-Projektes von Caspar Felix detailliert vorgestellt. Im Anschluss daran wurde es wieder «urbaner» im Vortrag von Urs Ryf und Margarita Aleksieva, die Einblicke in das PV-Grossprojekt des Flughafens Bern gewährten. Abgeschlossen wurde die Tagung durch zwei Vorträge, die sich mit bereits Erreichtem befassten: Bastien Matthey von Siemens stellte das Wechselrichtersystem im MW-Bereich der leistungsstärksten Freiflächensolaranlage der Schweiz vor. Wieland Hintz erläuterte schliesslich die ersten Auktionsrunden des BFE für PV-Dachanlagen. Er war über die erreichten PV-Zuwachsraten erfreut: «190 MW im 2023 – die Auktionen haben von Anfang an funktioniert.» Mit dieser positiven Aussage schloss die vielseitige Tagung ab, die nebst der internationalen Perspektive auch wertvolle Einblicke in praktische Aspekte der Erneuerbaren bot.

Autor
Radomír Novotný

ist Chefredaktor des Bulletins Electrosuisse.

  • Electrosuisse
    8320 Fehraltorf

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