Energiespeicher für die Schweizer Industrie
Partnerschaft
Batteriespeichersysteme sind in Deutschland, unter anderem wegen des fortgeschrittenen Ausbaus der Photovoltaik, weiter verbreitet als in der Schweiz. Nun möchte die Pfiffner-Gruppe die Produkte und Dienstleistungen der deutschen Fenecon in die Schweiz holen. Im Interview erläutern die Geschäftsführer die Gründe für dieses neue Angebot.
Batteriespeicher sind im Kommen. Sie bieten unter anderem Möglichkeiten zur Entlastung der Verteilnetze und können den Eigenverbrauch optimieren. Um den Schweizer Markt mit zuverlässigen Speicherlösungen zu versorgen, haben sich zwei Unternehmen zusammengeschlossen und ihr Know-how kombiniert. Fenecon und Pfiffner können so von Synergien profitieren und optimale Speicherlösungen anbieten.
Bulletin: Fenecon ist ein Jahrzehnt im deutschen Energiespeichermarkt aktiv. In welchem Bereich sehen Sie das grösste Wachstum?
Franz-Josef Feilmeier: Im Bereich der Gewerbespeicher, also bei Speichern ab 1 MWh. Aber wir sehen mit Abstand das stärkste Wachstum im Bereich, der zwischen den Heimspeichern und den Gewerbespeichern liegt.
Weshalb gerade in diesem Bereich?
Bei Heimspeichern haben wir einen langen Investitionshorizont und einfache Anwendungen. Diese klare Situation haben wir im dazwischenliegenden Bereich heute nicht, denn da können Energiespeicher für die Lastspitzenkappung, die Optimierung der Stromqualität und die Überbrückung bei Netzausfällen eingesetzt werden. In diesem vielseitigen Bereich ist es auch erforderlich, Lösungen einzusetzen, deren Kapazität sich schrittweise erhöhen lässt, also beispielsweise durch Modularität. Zudem nimmt die Elektromobilität an Fahrt auf, wodurch der Bedarf nach Speicherlösungen wächst, um das Laden netzverträglich zu machen. Der Netzausbau lässt sich manchmal mit Speichern verhindern.
Ist Blindleistungskompensation da auch ein Thema?
Absolut. Jeder Speicher kann auf einfache Weise Blindleistung mitkompensieren, sozusagen als Multi-Use-Case. Einen Speicher nur für die Blindleistung einzusetzen, lohnt sich finanziell nicht, da gibt es bessere Lösungen.
Jetzt möchten Sie in die Schweiz expandieren. Wodurch unterscheidet sich der Schweizer Markt vom deutschen?
Wir erheben nicht den Anspruch, dass wir die Spezifika jedes Marktes kennen. Beispielsweise sind die Regulatorien in der Schweiz speziell. Deshalb brauchen wir jemanden, der den lokalen Markt kennt. In dieser Partnerschaft mit Pfiffner haben wir unsere Lösung gefunden. Fenecon hat es oft mit Firmen aus dem PV-Bereich zu tun, die sich weniger mit Spitzenlastkappung oder Blindleistungskompensation befassen. Mir macht es deshalb besonders Spass, dass wir durch diese Partnerschaft die Potenziale auch in anderen Bereichen nutzen können.
Sie setzen technisch auf Lithium-Eisenphosphat. Weshalb?
Lithium-Eisenphosphat hat sich herauskristallisiert als die Technologie für stationäre Speicher mit geringeren Leistungen, beispielsweise für die Eigenverbrauchsoptimierung. In der Industrie, wo die Leistungsfähigkeit eine Rolle spielt, und eventuell auch die Möglichkeit, den Standort zu transferieren, ist es besser, gebrauchte Elektroauto-Batterien auf Basis NMC-Technologie einzusetzen, denn sie wurden für den mobilen Gebrauch produziert und sind entsprechend leistungsfähig.
In der Schweiz ist die rechtliche Situation der Energiespeicher (Netzentgelte) – ausser bei den Pumpspeicherkraftwerken – noch nicht klar. Wie sieht dies in Deutschland aus?
In tatsächlich fast jedem Land kämpfen wir damit, dass Energiespeicher nicht als Speicher verstanden werden, sondern als Erzeuger, als Netzkomponenten oder als Verbraucher. Diese vierte Säule «Speicher» sollte endlich anerkannt werden.
Bulletin: Man kennt die Pfiffner-Gruppe von Hoch- und Mittelspannungs-Messtransformatoren und ähnlichen Produkten, aber nicht von Energiebatterien. Wieso interessieren Sie sich nun für Energiespeicher?
Jürgen Bernauer: Das muss man im Kontext der Veränderungen beim Energiesystem sehen. Früher wurde die Energie von den Grosskraftwerken «nach unten» gedrückt, heute haben wir auch die dezentralen Erzeuger. Vor zwei Jahren haben wir uns als Gruppe strategisch überlegt, was das für unser Produktportfolio heisst. Gibt es da Änderungen? Braucht es neue Produkte? Das war der Startpunkt, um den Markt anzuschauen und die neuen Komponenten kennenzulernen.
Aber der PV-Anteil ist hierzulande noch bescheiden und Netzspeicher sind noch nicht nötig. Wann denken Sie, dass es mit der Photovoltaik anziehen wird?
Fritz Hunziker: Das hat bereits angezogen. Die Branche hatte im letzten Jahr einen Zuwachs von rund 40 % und das Wachstum geht weiter. Wegen der grossen Nachfrage steigen die Preise heute sogar. Der Markt beginnt sich zu etablieren. Da das Pfiffner-Motto «Strom und Spannung sind unsere Leidenschaft» lautet, passen da neue Komponenten durchaus hinein. Die erneuerbaren Energien sind zudem auch eines unserer «Hobbys». Seit Jahren nutzen wir ein kleines Wasserkraftwerk und haben eine grössere PV-Anlage. Mit erneuerbaren Energien können wir so einen Drittel unseres Bedarfs abdecken.
Setzen Sie schon Energiespeicher ein?
Fritz Hunziker: Im Moment noch nicht, aber wir sind dabei, die Situation an unseren Standorten zu analysieren. Schliesslich muss es sich auch rechnen. Diese Erfahrung hilft uns, auch unseren Kunden aufzeigen zu können, wo es sich rechnet. Offenheit und Ehrlichkeit gegenüber unseren Kunden sind wichtig für einen guten Ruf.
Welche Bereiche deckt Ihre Kooperation ab?
Jürgen Bernauer: Die Zusammenarbeit deckt die Bereiche Industrie und Gewerbe und die EWs ab. Die sind bei ihren Projekten auch mit der Industrie verwoben. Deshalb haben wir in den letzten Wochen auch viele Gespräche mit EWs geführt und sehen, dass sich der Markt wirklich entwickelt.
Wieso hat sich Pfiffner für die Firma Fenecon entschieden?
Fritz Hunziker: Weil Fenecon und Pfiffner sich sehr gut ergänzen.
Jürgen Bernauer: Wir haben vor etwa einem Jahr als Pfiffner-Gruppe in die Entwicklung und das Verständnis dieses Marktes investiert. Wir haben uns die Batterie- und die Leittechnik sowie die Involvierten in diesem Markt angesehen und einen Platz in diesem Markt gesucht. So sind wir auf die Fenecon gestossen. Einerseits ist die Fenecon wie wir ein eigentümergeführtes KMU. Wir können also auf Augenhöhe miteinander reden. Zweitens verfügt Fenecon über ein zentrales Element, das die Steuerung der Batterie übernimmt. Dieses Element ist open source, also keine proprietäre Lösung, mit der man den Kunden bindet. Die Kunden können somit andere Erzeuger und Verbraucher anbinden. Das ist wichtig, denn sie haben oft noch keine konkreten Vorstellungen vom System. Je offener unsere Lösungen sind, desto grösser ist der Mehrwert für den Kunden. Der dritte Grund waren die Speicher der oberen Leistungsklasse: Sie sind technologisch überzeugend, ausgereift, modular und erweiterbar.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit?
Jürgen Bernauer: Wir haben vereinbart, dass wir auf dem Schweizer Markt der Ansprechpartner sind. Opportunitäten werden vom Verkauf von Pfiffner Systems identifiziert. Mit dem Kunden führen wir dann beratende Gespräche, in denen auch die Wirtschaftlichkeit diskutiert wird. Dann kommen die Ausschreibungen, bei denen die Bedingungen manchmal komplex sind. Wenn das Projekt akzeptiert wird, übernehmen wir die Projektleitung und sind der Ansprechpartner vor Ort, auch bei Service-Aufträgen. Der Ruf von Pfiffner bürgt dabei für Kontinuität.
Fritz Hunziker: Man sollte auch die Pfiffner Systems in diesem Kontext erwähnen, die in der Lage ist, Systemgeschäfte abzuwickeln – technisch, rechtlich und in Bezug auf Service.
Wie viele Konkurrenten gibt es im Speicherbereich in der Schweiz?
Jürgen Bernauer: Konkrete Erfahrungen haben wir bei Ausschreibungen gemacht. In der ersten Ausschreibung waren wir zu dritt. Die Anbieterzahl ist also überschaubar, besonders, weil die Projekte komplex sind. Bei reinen Liefergeschäften gäbe es sicher einige. Bei komplexen Speichern geht es nicht nur darum, etwas über die Theke zu verkaufen. Da muss man auch die Kommunikation und die Anpassung an die Leittechnik berücksichtigen, damit die Regelenergie bei Bedarf abgerufen werden kann. Wir nehmen die Kundenanforderungen auf und leiten sie an Fenecon weiter, die sie umsetzen.
Herr Feilmeier, wie sehen Sie die Komplexität des Speichereinsatzes?
Franz-Josef Feilmeier: Wir haben es manchmal erlebt, dass unsere Speicher als Standardprodukte eingesetzt wurden, dort aber die Anforderungen nicht erfüllt haben. Gewisse Speicher waren immer leer, weil sie nicht gemäss der konkreten PV-/Lastsituation ausgelegt wurden. Es genügt also nicht, den Speicher einfach zu installieren. Deshalb ist es uns wichtig, dass unser Partner, unser Gesicht zum Kunden, über diese Kompetenz verfügt, damit der Kunde eine Lösung erhält, die seinen Vorstellungen entspricht. Das schätze ich an der neuen Zusammenarbeit mit Pfiffner sehr.
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