Energiesparen mit und in der IT
Einsatzmöglichkeiten von Computern im Energiebereich
Die IT ist berüchtigt dafür, dass sie viel Energie verbraucht. Dass sich aber Forscher damit befassen, wie sie eingesetzt werden kann, um die Nachhaltigkeit und den Energieverbrauch zu senken, ist weniger bekannt. Der Fantasie, wie IT in diesem Bereich genutzt werden kann, scheinen kaum Grenzen gesetzt.
Bulletin: Wo kann IT eingesetzt werden, um die Energieeffizienz zu steigern?
Martina Kolpondinos: Da gibt es viele Möglichkeiten. Ein Bereich für Energieeinsparungen sind Prozessoptimierungen. Navigationssysteme können Transportwege optimieren und Simulationen ermöglichen die Berechnung der Energieeffizienz von Gebäuden anhand der Architekturpläne vor Baubeginn. Mit Ubiquitous Computing, also kleinen, günstigen und vernetzten Komponenten, die in Alltagsgegenstände eingebettet sind, kann die Energieeffizienz durch die Kombination von Information erhöht werden. Beispielsweise kann eine Heizungssteuerung mit dem Kalender der Bewohner und der Wettervorhersage verbunden werden, um die Raumtemperatur zu regulieren. Ein weiterer Bereich ist die Substitution von Produkten: eBooks können gedruckte Bücher ersetzen, Video-Konferenzen die Anzahl Flugmeilen reduzieren und Home Office die Pendlerströme vermindern. Ein Hauptproblem bei all diesen Möglichkeiten sind jedoch Rebound-Effekte, welche dann vorliegen, wenn die Effizienzsteigerung nicht zu einer Ressourceneinsparung, sondern zur Steigerung von Produktion und Konsum führt. Ein Beispiel: Man hat ein Navi im Auto, das einem sagt, wie man am schnellsten zum Ziel kommt. Die eingesparte Zeit kann dann für zusätzliche Fahrten genutzt werden. Eine weitere Herausforderung sind die Umwelteinflüsse, die durch die Produktion, Installation, Wartung, Nutzung und Entsorgung von IT selbst entstehen. Unter diesem Gesichtspunkt ist es beispielsweise nicht immer so, dass elektronische Medien wie eBooks energieeffizienter sind als Printmedien.
Und wo kann man bei der IT selbst Strom sparen?
Beispielsweise können Datenzentren effizienter gekühlt oder zusammengelegt werden. Zudem gibt es Bestrebungen, welche die Software selbst betreffen. Diese werden häufig unter dem Begriff «Green Software» zusammengefasst und umfassen unter anderem die Entwicklung von Programmcode, der die Hardware effizienter nutzt. Es gibt aber auch unerwünschte Mengeneffekte. So haben die Komponenten des Ubiquitous Computing im Einzelnen zwar einen geringen Energiebedarf, können jedoch in grosser Anzahl beispielsweise für das Internet der Dinge oder in Smart Cities zu dessen Erhöhung führen
Wie kann man Leute zum Energiesparen bewegen?
Effizienzsteigerungen sind häufig erst in Kombination mit Suffizienz gewinnbringend. Dazu muss man die Leute jedoch mit ins Boot nehmen, ihnen die Technologien erläutern. Die Akzeptanz spielt da eine grosse Rolle. Zudem ist insbesondere die Elektrizität etwas, das man nicht einfach so anfassen kann und daher für viele ein abstrakter Begriff. Hierzu haben wir kürzlich eine Studie zum Thema Energy Efficient Fitness im Rahmen des Nest-Projektes der Empa durchgeführt. Im Fokus der Studie stand die Stromproduktion mit Ausdauergeräten. Wir haben Anforderungen an ein Softwaresystem erhoben, welches potenzielle Benutzer solcher Fitnessgeräte dazu motivieren soll, die Geräte intensiver zu nutzen und somit mehr Strom zu erzeugen. Die Resultate waren unterschiedlich: Manche wollten eine spielerische Motivation, z. B. ein Display mit einem Vogel, der aktivitätsabhängig gefüttert wird, andere fanden Vergleiche mit Alltagsaktivitäten wie das Betreiben einer LED-Lampe oder eines Mixers motivierend, und wieder andere waren an der effektiven Anzahl Wattstunden interessiert. Diese Art der Energiegewinnung stellt einen emotionalen Bezug zur abstrakten Grösse Strom her, was die Leute im Umgang mit ihr sensibilisiert.
Und wie sparen Sie zu Hause Energie?
Wir verwenden beispielsweise hauptsächlich LED-Leuchten. Zudem haben wir einen Current Cost Meter installiert. Jedesmal, wenn ein elektrisches Gerät eingeschaltet wird, sieht man den Anstieg des Stromverbrauchs und somit auch den Unterschied zwischen einzelnen Geräten, was auch immer wieder das Interesse von Gästen weckt.
Zur Person
Martina Kolpondinos ist Doktorandin am Institut für Informatik der Universität Zürich. Nach ihrem Master in Informatik hat sie den CAS Erneuerbare Energien an der FHNW abgeschlossen. In ihrer Arbeit befasst sie sich mit der Resilienz von Softwaresystemen, wobei sie Aspekte von «ICT for Sustainability» und Requirements Engineering verbindet.
- Universität Zürich, 8050 Zürich
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