Elektrounfälle 2017
Anhaltender Rückgang bei schweren Unfällen
Während der Rückgang bei schweren Unfällen weiter anhält – keine tödlichen Berufsunfälle, aber 8 Todesfälle im privaten Bereich –, haben die im Jahr 2017 dem ESTI gesamthaft gemeldeten Elektrounfälle gegenüber dem Vorjahr leicht zugenommen. Bei den schweren und den tödlichen Elektrounfällen im Berufsumfeld hat die Kampagne «Sichere Elektrizität» der Suva mit den 5+5 lebenswichtigen Regeln als zentrales Element einen wichtigen Beitrag zur Unfallverhütung geleistet.
Dem ESTI wurden 556 (Vorjahr 521) Elektrounfälle gemeldet. Die Anzahl der Fälle hat gegenüber Vorjahr leicht zugenommen (Bild 1). Die Anzahl der Nichtberufsunfälle im Elektrobereich ist mit 20 (5) markant angestiegen. Im Rahmen seiner Aufgaben hat das ESTI in 158 (252) Fällen im Berufsumfeld, in 20 (5) Fällen im Nichtberufsumfeld und in 11 (16) Fällen «kein Elektrounfall» eine Untersuchung eingeleitet. In 53 (75) Fällen wurde eine vertiefte Untersuchung eingeleitet. 9 (7) Starkstromunfälle wurden vom ESTI nicht weiterverfolgt, da diese von der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST behandelt wurden.
Ein Blick in die Unfallstatistik
In den letzten Jahren nahm statistisch gesehen die Anzahl der Elektrounfälle zu, weil vermehrt auch Bagatell-Unfälle durch die Suva und Dritte ans ESTI gemeldet wurden. Die schweren Unfälle und Todesfälle im Berufsumfeld sind rückläufig (Bild 2). Zu Unfällen kommt es meist im Bereich der Niederspannung durch Elektrofachleute. Im privaten Umfeld mussten im 2017 8 (0) Unfälle mit Todesfolge untersucht werden. Diese recht hohe Anzahl enthält 2 Fälle mit je 2 Todesopfern und 3 Suizide. Ein Todesfall ist auf ein defektes Elektrogerät zurückzuführen. Daher kann dies als statistischer Ausreisser betrachtet werden.
Während der Anteil der Unfälle im Niederspannungsbereich kontinuierlich gestiegen ist, hat sich der Anteil der Unfälle im Hochspannungsbereich weiter auf einem relativ tiefen Niveau stabilisiert. Die Unfälle geschehen hauptsächlich bei Arbeiten an Erzeugungs- und Verteilanlagen, bei den Niederspannungs-Installationen und bei den Verbrauchern. Zu beobachten ist ein überdurchschnittlicher Anstieg der Unfälle in den Altersgruppen unter 40 Jahren. Die Mehrheit der Verunfallten ist ungelernt oder noch in der Ausbildung. Bei den Auswirkungen ist der Anteil der Unfälle mit Durchströmung steigend, während der Anteil der Unfälle durch Störlichtbogen leicht rückläufig ist.
Ursachen
Die Gefahr, die von der Elektrizität ausgeht, wird immer noch unterschätzt und das Risiko, bei einem Elektrounfall das Leben zu verlieren, ist sehr hoch. Auch wenn eine Elektrisierung glimpflich ablaufen kann, besteht immer ein latentes Risiko daran zu sterben (Bild 3).
Im Berufsumfeld werden häufig die 5+5 lebenswichtigen Regeln im Umgang mit Elektrizität nicht befolgt und nicht korrekt angewendet. Aus Bequemlichkeit oder aus wirtschaftlichen Gründen wird unter Spannung gearbeitet, ohne die notwendigen Schutzmassnahmen zu treffen. In 46% (46%) der Fälle hätte ein spannungsfreies Arbeiten nach den 5 Sicherheitsregeln einen Unfall verhindert (Bild 4). Die Sicherheitsregeln «Freischalten und allseitig trennen», «Gegen Wiedereinschaltung sicheren» und «auf Spannungslosigkeit prüfen» werden nach wie vor am häufigsten missachtet. Leider werden immer wieder Stromkreise verwechselt und die vermeintlich ausgeschalteten Anlagenteile stehen noch unter Spannung. Nach wie vor hoch mit 39% (39%) ist die Anzahl der Elektrounfälle, welche auf fehlerhafte Anlagen oder Erzeugnisse zurückzuführen sind (Bild 5). Elektrische Anlagen, Installationen oder Erzeugnisse, welche keinen genügenden Basisschutz gegen den elektrischen Schlag aufweisen, sind Ursachen für Elektrounfälle. Weiter führen blanke Drähte oder abisolierte Kabel, welche unter Spannung stehen, immer wieder zu schweren Unfällen.
Fehler, welche direkt durch den Verunfallten selbst begangen wurden, sind mit 15% (17%) praktisch stabil geblieben. Oft wird die PSA durch den Verunfallten nicht oder nur unvollständig getragen. Die Arbeitsorganisation und das Arbeitsumfeld tragen mit 44% (45%) erheblich zu den Ursachen bei. Oft wird ohne klaren Arbeitsauftrag und ohne klaren Verantwortlichen für die Sicherheit gearbeitet. Wenn Probleme auftreten, wird improvisiert und dabei werden bewusst oder auch unbewusst Risiken eingegangen. Vielen Vorgesetzten ist nicht klar, dass sie für die sichere Ausführung verantwortlich sind. Die Umwelteinflüsse, wie hohe Temperaturen, schlechtes Licht oder ergonomisch ungünstige Platzverhältnisse sind weitere Ursachen. Hier sind die Vorgesetzten angehalten, ihre Führungsverantwortung als Arbeitgeber wahrzunehmen.
Im privaten Umfeld sind alte Installationen, Installationen ohne Fehlerstromschutzeinrichtungen (FI) und Installationen mit Defekten, oft die Ursachen, warum jemand an den Folgen einer Durchströmung stirbt. Defekte oder notdürftig reparierte Elektrogeräte führen immer wieder zu tödlichen Durchströmungen.
Auswirkungen
Die Auswirkungen von Elektrounfällen sind Durchströmung, Störlichtbogen bzw. Folgeunfällen. Welche Auswirkungen auftreten, sind oft zufällig und hängen davon ab, wo sich der Verunfallte gerade befindet. Die Auswirkungen einer Durchströmung sind in der Tabelle 1 dargestellt. Ein Störlichtbogen mit Temperaturen von über 5000°C kann sehr schmerzhafte Verbrennungen 2. bis 3. Grades verursachen. Zudem können Störlichtbogen und Durchströmungen zu Stürzen und Wegschleudern führen, mit schweren Folgeverletzungen.
Massnahmen zur Unfallverhütung
In Berufsumfeld ist Nulltoleranz bei der Anwendung der 5+5 lebenswichtigen Regeln im Umgang mit Elektrizität notwendig. Sowohl Vorgesetzte als auch Mitarbeitende sind für ihre Umsetzung verantwortlich. Sie müssen Stopp sagen, wenn nicht nach diesen Regeln gearbeitet werden kann. Das Leben einer Person, wegen Zeitdruck aufs Spiel zu setzen, lohnt sich nicht.
Das ESTI bestimmt im Rahmen der Unfallabklärungen die notwendigen Massnahmen, um weitere oder ähnliche Unfälle zu verhindern. Neben den Massnahmen für die einzelnen Betriebe, wurde gemeinsam mit der Suva beschlossen, aufgrund der hohen Anzahl von ungelernten oder in Ausbildung befindlichen Verunfallten, diese Fälle genauer abzuklären, um Massnahmen für die Prävention bei Lernenden festzulegen.
Bei Hausinstallationen wurden die Kontrollperioden von alten Installationen nach Schema III von 20 auf 5 Jahre reduziert. Solche Installationen können bei einem Fehler tödliche Auswirkungen haben. Wir empfehlen dringend alte Installationen auf den neuesten Stand der Technik zu bringen und diese mit FI’s auszurüsten. Verantwortlich im privaten Bereich sind die Eigentümer der elektrischen Installationen. Sie müssen diese periodisch kontrollieren lassen und Mängel sofort beheben lassen. Wohnungsmieter sind angehalten defekte elektrische Installationen dem Vermieter unverzüglich zu melden.
Meldepflicht bei Unfällen mit Elektrizität
Bei Unfällen mit Elektrizität besteht Meldepflicht gemäss Art. 16 der Starkstromverordnung. Die Betriebsinhaber von Starkstromanlagen müssen unverzüglich jede durch Elektrizität verursachte Personenschädigung oder erhebliche Sachbeschädigung dem ESTI oder bei Unfällen mit Bahnstrom der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST melden. Erhebliche Personenschädigungen müssen zudem der zuständigen kantonalen Stelle gemeldet werden. Die Situation vor Ort soll, wenn möglich, nicht verändert werden. Ein allfälliger Einsatz eines Inspektors wird für die Unfalluntersuchung veranlasst, wenn der Unfall unter folgender Nummer gemeldet wird: Telefon: 044 956 12 12 (ausserhalb der Geschäftszeiten: Ansagetext bis zum Ende hören).
Leider werden oft Elektrounfälle gar nicht oder zu spät gemeldet. Für eine gründliche Abklärung und für die Einleitung von Sofortmassnahmen ist es notwendig, dass die Meldung so schnell wie möglich eintrifft.
5 + 5 lebenswichtige Regeln im Umgang mit Elektrizität für Elektrofachleute
5 lebenswichtige Regeln
1. Für klare Aufträge sorgen.
2. Geeignetes Personal einsetzen.
3. Sichere Arbeitsmittel verwenden.
4. Schutzausrüstung tragen.
5. Nur geprüfte Anlagen in Betrieb nehmen.
5 Sicherheitsregeln
1. Freischalten und allseitig trennen.
2. Gegen Wiedereinschalten sichern.
3. Auf Spannungsfreiheit prüfen.
4. Erden und Kurzschliessen.
5. Gegen benachbarte, unter Spannung stehende Teile schützen.
Kontakt
Hauptsitz
Eidgenössisches
Starkstrominspektorat ESTI
Luppmenstrasse 1, 8320 Fehraltorf
Tel. 044 956 12 12
info@esti.admin.ch
www.esti.admin.ch
Niederlassung
Eidgenössisches
Starkstrominspektorat ESTI
Route de Montena 75, 1728 Rossens
Tel. 021 311 52 17
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