Meinung Energieeffizienz , Erneuerbare Energien , Regulierung

Einschätzungen zur Stromversorgung

Die Sicht der Politik

Im Juli publiziert der VSE den neuen Bericht zu den Energiewelten und den aktualisierten VSE-Trend 2035. Aus diesem Anlass hat das Bulletin SEV/VSE Energiepolitikerinnen und -politiker zur ihrer persönlichen Einschätzung bezüglich der Stromversorgung der Schweiz befragt.

Frage 1: Wo sehen Sie die zentralen Trends in der Schweizer Stromversorgung bis 2035?

Christian Imark, Nationalrat SVP/SO

Unsere zentrale Herausforderung ist, die Versorgung im Winter sicherstellen zu können, und dies mit möglichst sauberem und günstigem Strom.

Eric Nussbaumer, Nationalrat SP/BL

Ich bin überzeugt, dass die Dezentralisierung weiter zunehmen wird, was verschiedene Herausforderungen mit sich bringt, zum Beispiel die Frage nach dezentraler Speicherung, oder wie die verschiedenen Netze zusammenspielen können und sollen, also die Frage nach der Netzkonvergenz.

Martin Schmid, Ständerat FDP/GR

Trends vorherzusehen, ist immer schwierig. In der Vergangenheit lagen wir immer falsch. Ich gehe aber davon aus, dass zukünftig mehr Strom verbraucht wird, dass wir die fossilen Energien teilweise durch elektrische Anwendungen ersetzen und wir im Winter Mühe haben werden, den benötigten Strom im Inland zu produzieren. Auch bei einer Importstrategie sehe ich erhebliche Risiken.

Adèle Thorens, Nationalrätin Grüne/VD

Zwei Herausforderungen müssen rasch gelöst werden: zum einen der Anstieg der Stromnachfrage mit dem Übergang zur Elektromobilität und zum anderen die schrittweise Ausserbetriebnahme der Kernkraftwerke, die ich mir als Grüne so rasch als möglich erhoffe. Um die Produktionsverluste und den Nachfrageanstieg zu kompensieren, müssen wir in der Schweiz viel mehr erneuerbaren Strom produzieren.

Beat Vonlanthen, Ständerat CVP/FR

Mit der Energiestrategie 2050 wird die Energieversorgung dezentraler und erneuerbarer. Der Wasserkraft kommt in Zukunft deshalb eine noch grössere Bedeutung zu. Die Produzenten brauchen langfristige Investitions- und Planungssicherheit. Für die Konsumenten ist die Versorgungssicherheit zentral. Dazu braucht es einen Zubau bei der Produktion aus einheimischen erneuerbaren Energien sowie eine Anpassung und einen Ausbau der Stromnetze.

Frage 2: Welche Akzente möchten Sie in den nächsten Jahren persönlich setzen?

Christian Imark, Nationalrat SVP/SO

Ich setze mich für das ein, was in der Bundesverfassung steht: dass wir eine ausreichende, möglichst günstige, CO2-freie und im Inland produzierte Stromversorgung haben.

Eric Nussbaumer, Nationalrat SP/BL

Ich werde mich dafür einsetzen, dass die erneuerbaren Energien in der Schweiz weiter ausgebaut werden, sich die Energieeffizienz weiter verbessert und eine faire, wettbewerbliche Markt­ordnung entstehen kann.

Martin Schmid, Ständerat FDP/GR

In der Energiekommission des Ständerates wird das Stromversorgungsgesetz und damit das Marktmodell ganz oben auf der Traktandenliste stehen. Das ist ein zentrales Thema, denn aus meiner Sicht ist die jetzige Situation zwischen Monopol und freiem Markt keine langfristige Lösung.

Adèle Thorens, Nationalrätin Grüne/VD

Es ist entscheidend, dass wir neue Unterstützungsinstrumente für die erneuerbaren Energien in der Schweiz entwickeln. Die Energiestrategie sieht in diesem Bereich nämlich nur Massnahmen bis Anfang der 2020er-Jahre vor. Zudem wurde die zweite Phase der Energiestrategie beerdigt, welche Anreize, also insbesondere Steuern auf schmutzigen Energien, eingesetzt hätte. Im Bereich der Importe braucht es mehr Transparenz. Grünstromimporte sind vorzuziehen.

Beat Vonlanthen, Ständerat CVP/FR

Drei Punkte sind mir wichtig. Erstens wird der Verbrauch zunehmen, insbesondere wegen der Elektromobilität. Die Digitalisierung ist jedoch eine Chance, um den Verbrauch zu senken. Zweitens braucht es eine ausreichende erneuerbare Produktion. Der Bund muss Anreize setzen für die Produzenten. Drittens werden der Markt und die Kunden mit der vollständigen Strommarktöffnung eine wichtigere Rolle spielen. Ein Stromabkommen mit der Europäischen Union wird unerlässlich sein.

Frage 3: Wie soll die Schweiz ihre Stromversorgung künftig auch im Winter sicherstellen?

Christian Imark, Nationalrat SVP/SO

Sicher ist, dass wir mit der beschlossenen Strategie nicht ans Ziel kommen werden. Die Versorgung im Winter ist ein Problem. Wir brauchen auch weiterhin zuverlässige Grosskraftwerke, die kein CO2 ausstossen.

Eric Nussbaumer, Nationalrat SP/BL

Zentral ist, dass wir gut in die europäische Stromversorgung eingebunden sind. Dazu brauchen wir ein gutes verlässliches Abkommen mit der EU. Gleichzeitig müssen wir die Optionen für das Winterhalbjahr weiter ausbauen, insbesondere die Wärme-Kraft-Kopplung, also das Zusammenspiel von Strom- und Wärmenetz.

Martin Schmid, Ständerat FDP/GR

Ich bin überzeugt, dass stromproduzierende Heizungen in einer integrierten Energie- und Klimapolitik sehr wichtig sind. Wir sprechen hier von Sektorkopplung. Wenn wir stromerzeugende Heizungen haben, die mit Gas befeuert werden und den Überschussstrom auch noch für die Elektromobilität nutzen können, dann haben wir einen Teil der Risiken im Griff. Mich stört, dass wir heute immer entweder über Strompolitik diskutieren oder über Klimapolitik. Es fehlt der Fokus auf Ganze. Die Energieversorgung muss zahlbar bleiben, sozialverträglich und nachhaltig sein, und ich bin überzeugt, dass die Sektorkopplung in diesem Kontext eine wichtige Rolle spielen wird.

Adèle Thorens, Nationalrätin Grüne/VD

Die Herausforderungen lauten Schliessung der Kernkraftwerke und fluktuierende erneuerbare Energien. Um diesen zu begegnen, gibt es mehrere Stossrichtungen, in die die öffentliche Hand investieren soll. Die Erste ist die Speicherung: «Power to Gas» muss vorangetrieben werden. Diese Technologie ist heute noch im Versuchsstadium und braucht Verbesserungen. Zudem müssen die Speicherkapazität unserer Stauseen erhalten und die Batteriespeicherung weiterentwickelt werden. Dann braucht es einen stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der im Winter verfügbaren. Das bedeutet, dass es möglich sein muss, in der Schweiz trotz aller Schwierigkeiten Windkraftwerke zu bauen und dass die Geothermie, die Bandenergie liefert, weitergetestet werden soll.

Beat Vonlanthen, Ständerat CVP/FR

Eine Importstrategie ist nicht realistisch. Alle unsere Nachbarländer haben eine ähnliche Strategie. Aber es können nicht alle importieren. Deshalb müssen wir unsere Kräfte auf den Ausbau der einheimischen erneuerbaren Produktion konzentrieren.

Video-Aufzeichnung der Statements auf strom.ch

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