Fachartikel Infrastruktur , Unternehmensorganisation

Eine Ideendrehscheibe für smarte Projekte

«Smarter Thurgau»

27.09.2018

Smart Meter, Smart Grids, Smart Citys – alles kann heute «smart» sein, offenbar. Der Verein «Smarter Thurgau» hat sich daher zum Ziel gesetzt, gleich den ganzen Kanton Thurgau besser zu vernetzen. Der Anstoss dazu kam von der EKT AG.

Der Thurgau ist ein Kanton kleiner Distanzen und kleiner Räume. Kleine und mittlere Unternehmen sind denn auch ein treibender Wirtschaftsfaktor und deren Innovationskraft bringt im Thurgau oftmals Grosses hervor. Etwas Grosses haben auch die Initianten des Vereins «Smarter Thurgau» im Sinn.

18 Personen aus Politik und Wirtschaft bilden den Vorstand des Vereins «Smarter Thurgau». Ihnen allen ist eines gemein: Die Vision eines vernetzten Thurgaus, der mithilfe der Digitalisierung innovative Kräfte aus dem ganzen Kanton vereint. «Wir möchten die Digitalisierung des Kantons koordiniert und gebündelt voranbringen», erklärt Vereinspräsident Kurt Brunnschweiler. «Unser Ziel ist, optimale Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Möglichkeiten der Digitalisierung für Leben, Wohnen und Arbeiten im Thurgau ideal nutzen zu können.»

Nicht nur der prominent besetzte Vorstand verleiht dem Ansinnen des Vereins Gewicht. Auch Regierung und Parlament stehen hinter der Idee von «Smarter Thurgau». Sie haben dem Projekt ihren Segen erteilt und ihre ideelle Unterstützung zugesagt.

Idee und Anstossfinanzierung von der EKT AG

Unterstützt wird der Verein durch eine Anstossfinanzierung von der EKT AG – dem kantonalen Elektrizitätswerk –, deren CEO Jolanda Eichenberger ebenfalls Mitglied des Vorstands von «Smarter Thurgau» ist. Im Spätsommer 2018 hat der Verein die aktive Suche nach Vereinsmitgliedern begonnen. Unternehmen und Firmen sind mit 300 Franken dabei, Private bezahlen 100 Franken pro Jahr. Ausserdem will sich der Verein auch um Beiträge aus dem NRP-Topf (Neue Regionalpolitik des Bundes) bemühen.

«Smarter Thurgau» stellt eine digitale Multiservice-Plattform zur Verfügung, welche der Bevölkerung, den Unternehmen, der öffentlichen Hand und weiteren Interessierten offensteht. Die EKT-Gruppe baut dafür die benötigte Technologie auf, übernimmt das Management der Plattform und stellt ihren laufenden Betrieb sicher. Hauptsächlich basiert die Idee dieser Plattform auf dem – dank EKT-Investitionen – gut ausgebauten Glasfasernetz im Kanton, dem EKT-Data-Center sowie vielen Unternehmen und visionären Menschen im Thurgau. «Wir wollen diese Infrastruktur pragmatisch nutzen und Menschen sowie Ideen zusammenbringen», sagt Kurt Brunnschweiler.

Verein als Vermittler

Der Verein setzt selbst keine Projekte um. Er sieht sich – aufgrund seiner stark vernetzten Vorstandsmitglieder – vielmehr in einer erweiterten Vermittlerrolle. «Smarter Thurgau» nimmt Ideen auf, bewertet, initialisiert und stösst sie in Zusammenarbeit mit dem Think Tank Thurgau an, falls er sie als erfolgsversprechend taxiert.

Bei der Umsetzung seiner Vision fokussiert der Verein auf vier Themenkreise: Energie, Bildung, Sicherheit/Gesundheit und die Wirtschaft. Im Bereich Bildung ist beispielsweise ein Projekt schon weit fortgeschritten: Die Einführung des Moduls «Medien und Informatik» im Lehrplan 21 hängt stark von der Infrastruktur der Schulgebäude ab. Der Ausbaugrad dieser technischen Infrastruktur in den 87 Schulen im Kanton divergiert jedoch stark. Auf der Plattform von «Smarter Thurgau» werden nun Ideen und Lösungsvorschläge gesammelt, gesichtet und bewertet, wie «Medien und Informatik» an den Thurgauer Schulen eingeführt werden kann.

Die Versorgungssicherheit ist ein zentrales Thema

Auch dem Bereich Energie wird bei «Smarter Thurgau» grosse Beachtung zuteil. Entsprechend engagiert sich die EKT AG nicht nur personell – neben Jolanda Eichenberger nehmen auch EKT-Verwaltungsratspräsident Peter Schütz sowie Verwaltungsrat Walter Marty im Vorstand von «Smarter Thurgau» Einsitz –, sondern auch finanziell.

Ist der Umgang mit dezentral produzierter Energie schon in den 25 anderen Kantonen nicht besonders einfach, sind die Voraussetzungen im Kanton Thurgau mit seinen zahlreichen kleinen Energieendverteilern nochmals deutlich komplizierter. «Die Umsetzung der Energiestrategie 2050 führt zu viel mehr dezentral produzierter Energie. Wir Energieversorgungsunternehmen müssen dafür sorgen, dass das Netz auch unter diesen neuen Voraussetzungen funktioniert», erklärt Jolanda Eichenberger.

Künftig werden 95 Energieversorger (rund ein Sechstel aller EVUs in der Schweiz!) und – so sieht es die Energiestrategie 2050 vor – unzählige Prosumer Energie ins Netz im Kanton Thurgau einspeisen. Eine koordinierte Sicht auf die Netzdaten ist unter diesen Voraussetzungen unumgänglich, um weiterhin Versorgungssicherheit gewährleisten zu können.

Auf der Plattform von «Smarter Thurgau» können sämtliche Energieversorgungsunternehmen im Kanton gemeinsam nach Lösungen zur Bewältigung dieser Aufgabe suchen. «Ein einzelnes Unternehmen kann diese Herausforderungen unter Umständen nicht alleine bewältigen.» Das Netz, die Menge und Richtung der eingespeisten Energie und mögliche Speicher gemeinsam zu koordinieren, entlaste nicht nur kleinere EVUs, sondern ermögliche vor allem die Gewährleistung der Versorgungssicherheit, sagt Jolanda Eichenberger.

Jetzt aktiv sein, statt später reumütig zurückzublicken

Im Thurgau hat man die Zeichen der Zeit erkannt. «Wir wollen jetzt etwas tun und nicht in fünf Jahren sagen müssen: ‹Hätten wir doch eher gehandelt›», sagt Kurt Brunnschweiler. «Die Basisinfrastruktur zur Digitalisierung und Vernetzung ist im Thurgau vorhanden. Nun müssen wir die smarten Technologien auch richtig und zielgerichtet einsetzen.»

Autor
Ralph Möll

war Kom­mu­ni­kations­spezia­list beim VSE.

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