Interview Energiemarkt , Erneuerbare Energien

«Eine deutliche Einsparung»

Stabiles Netz dank Wasserstoffproduktion

28.08.2020

Elektrolyseure, mit denen Wasserstoff aus erneuerbarem Strom gewonnen wird, können schnell hochgefahren und gedrosselt werden. Sie eignen sich daher, um das Netz kurzfristig zu stabilisieren. Dafür müssen Elektrolyseure aber gewisse Anforderungen erfüllen. Unter Beteiligung der Hochschule Luzern hat eine internationale Studie diese definiert.

Bulletin: Christoph Imboden, wie kam die Hochschule Luzern dazu, an der QualiGridS-Studie, an der sich acht weitere europäische Länder beteiligten, mitzuarbeiten?

Christoph Imboden: Aufgrund unserer bisherigen Forschungstätigkeit verfügten wir über gute Kenntnisse über den Regelleistungsmarkt. Dieses Wissen war bei der Ausarbeitung der Studie von grossem Nutzen.

Welches Ziel hatte die Studie?

Die Hersteller von Wasserstoffelektrolyseuren produzieren ihre Anlagen primär nicht zur Leistungsregelung im Stromnetz. Elektrolyseure haben aber das Potenzial dazu, wenn sie die nötigen Anforderungen innerhalb sogenannter Präqualifikationstests erfüllen. Das Ziel der Studie war, Grundanforderungen und -parameter zu definieren, welche die Hersteller von Elektrolyseuren erfüllen müssen, damit ihre Geräte zur Stabilisierung der Netze eingesetzt werden können.

Haben Elektrolyseure bei der Stabilisierung des Netzes wirklich einen relevanten Anteil?

Als einzelner Elektrolyseur natürlich nicht, aber als Teil eines Pools, der die Regelleistungen verschiedener Geräte gebündelt anbietet. Das ist eine geldwerte Dienstleistung, die mit Elektrolyseuren angeboten werden und zu einer Reduktion der Wasserstoffproduktionskosten bis beinahe 15% führen kann. In Anbetracht des grossen finanziellen Aufwands, der bei der Entwicklung der Wasserstoffproduktion betrieben wird, ist das eine deutliche Einsparung.

Überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien in Wasserstoff umwandeln und diesen im stromarmen Winter wieder verstromen, und zwar ohne schädliche Abfallprodukte – Das hört sich doch gut an. Aber besteht überhaupt schon ein substanzieller Markt für diese Technologie?

Es bestehen diverse Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise in der Industrie, um sogenannte «grüne Produkte» herzustellen. Im Moment ist dieser Markt aber noch zu klein. Auch wasserstoffbasierte saisonale Speicherung ist in der Schweiz mit dem grossen Anteil von Speicherkraftwerken kein Mega­trend. Aktuell sehe ich vor allem im Bereich Mobilität Potenzial.

Das beschränkt sich aber auf den Schwerverkehr?

Im Moment schon. Die Schweiz hat aber den grossen Vorteil, in dieser Beziehung ein Pionierland zu sein. Ausserdem verfügt unser Land über eine ideale Grösse, um ein Projekt wie jenes von H2 Energy umzusetzen. Das Ziel des Projekts ist, bis 2023 in der Schweiz ein flächendeckendes Netz von Wasserstofftankstellen zu errichten. Und mit Hyundai hat H2 Energy einen starken Partner im Boot.

Für die grossen Lastwagenflotten von Migros, Coop, Fenaco und der anderen am Projekt beteiligten Unternehmen erscheint das sinnvoll. Aber was ist mit dem Individualverkehr?

Um sich auch beim Privatverkehr durchsetzen zu können, benötigt die Wasserstofftechnologie erst einmal ein flächendeckendes Netz an Tankstellen. Das Projekt von H2 Energy könnte also durchaus den Weg für die Brennstoffzelle in Privatfahrzeugen ebnen.

Was nehmen die Hochschule Luzern und Ihr Institut aus der Quali­GridS-Studie mit?

Die Mitarbeit in diesem Projekt hat unser Interesse am Wasserstoff definitiv verstärkt. Entsprechend werden wir auch in einem internationalen Folgeprojekt namens «Pace» mitwirken. In diesem neuen Projekt geht es um den Ersatz von Ölheizungen durch Brennstoffzellen.

Autor
Ralph Möll

war Kom­mu­ni­kations­spezia­list beim VSE.

Zur Person

Prof. Dr. Christoph Imboden ist Lei­ter des Kom­pe­tenz­zent­rums Ener­gie­wirt­schaft am In­sti­tut für In­no­va­tion und Tech­no­lo­gie­ma­na­ge­ment IIT der Hoch­schu­le Lu­zern.

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