Interview Energiespeicher

Ein umweltfreundlicher Solarstromspeicher?

Salzbatterie

25.08.2021

Das neue Energiesystem verlangt nach Batterien, um Strom aus fluktuierenden Erzeugern wie der Photovoltaik zwischenzuspeichern. Derweil nimmt die Kritik an Lithiumbatterien zu. Sind Salz, Keramik und Nickel die Lösung?

Bulletin: Cord-Henrich Dustmann, Ihre Akkus mit 7  kWh Speicherkapazität sollen es Inhabern von PV-Anlagen erlauben, den eigenen Solarstrom auch nachts und bei schlechtem Wetter selbst zu nutzen. Und die Basis für das Ganze soll Kochsalz sein?

Cord-Henrich Dustmann: Tatsächlich ist eine Batterie ja sehr einfach baubar. Alles was Sie brauchen, ist ein Plus- und ein Minuspol, ein Elektrolyt und ein Separator, der die zwei Pole voneinander trennt. In jeder Batterie findet eine reversible elektrochemische Reaktion statt, während der das System entladen – oder eben neu geladen – wird. Auch in einer Salzbatterie.

Und wie läuft das bei einer Salzbatterie ab, so ganz ohne Lithium oder brennbare organische Substanzen?

Unsere Batterie ist vom Typ her eine sogenannte Salzschmelzebatterie, auch Zebra-Batterie genannt. «Zebra» steht für «Zero Emission Battery Re­­search Activities», früher ein nationales Forschungsprojekt in Südafrika. Die Reaktanten sind Nickel und Natriumchlorid (Salz) als positive Elektrode, eine semipermeable Keramikwand als Separator – und im Aussenbereich flüssiges Natrium als negative Elektrode. Aus Nickelchlorid und Natrium wird beim Entladen wieder Nickel und Na­triumchlorid, bei der Ladung läuft es genau umgekehrt.

Wenn man sich im Internet umschaut und an die eigenen elektronischen Geräte oder das Elektroauto denkt, scheint sich die Lithium-Technologie aber durchgesetzt zu haben...

Sie hat ihre Anfänge in einer Knopfbatterie, die Sony für seine Walkmans entwickelt hatte. Ein «Market Pull» folgte, und die Nachfrage nach leistungsfähigen ladbaren Batterien trieb die Technologie an, heute haben wir Lithium in Laptops, E-Bikes, Elek­troautos, Kopfhörern und vielem mehr. Die Salzbatterie halten wir, gerade auf die Frage «Wie soll ich meinen Solarstrom speichern?», für die bessere Antwort.

Können Sie das erklären?

Lithium-Batterien haben eine hohe Leistungsdichte und lassen sich sehr klein verbauen. Allerdings haben sie auch Nachteile: der Abbau der nötigen Rohstoffe, der unter sozial und ökologisch bedenklichen Umständen erfolgt, die mögliche Brandgefahr und der enorme Aufwand, um Batterien mit viel Speicherkapazität herzustellen. Die Salz­schmelzebatterie ist «sauberer», die Grundstoffe sind günstiger, sie lässt sich einfacher in grosser Ausführung herstellen – und ist damit ein perfekter Speicher für Solarstrom.

Und die Nachteile?

Sie wollen eine Salzschmelzebatterie nicht im Auto haben. Sie bietet Ihnen in der passenden Autogrösse weniger Leistung – und sie muss sich für den Betrieb auf einer Temperatur von zirka 250 Grad halten, wozu sie gut isoliert werden muss. Würden Sie Ihr Elektroauto während des Campingurlaubs nicht benutzen, wäre es für die Heimfahrt vielleicht leer. Auch für Laptops ist sie nicht geeignet, ausser natürlich, Sie möchten einen Nickel-Keramik-Salz-Topf mit sich herumtragen und den Computer damit versorgen.

Was haben Sie mit der Salzbatterie vor, wohin geht die Reise?

Wir wollen die Technologie im Lizenzmodell verkaufen, die Fertigung erfolgt lokal am Ort. Mit Brasilien haben wir bereits einen Business Case, nun möchten wir an Schweizer Elektrizitätsunternehmen herantreten. Der Bedarf an Zwischenspeichern für Strom aus erneuerbaren Energien wird noch kräftig steigen. Unsere Salzbatterie ist aus günstigen, ungiftigen Stoffen und ohne topmoderne Fabriken herstellbar – und sie punktet bei entsprechender Grösse mit viel Speichervermögen. Sollte mit der Batterie einmal etwas nicht in Ordnung sein, lässt sie sich sogar einfach abschalten, indem man die Heizung unterbricht. Auch aus sozialer Sicht überzeugt die Salzschmelzebatterie. Wir brauchen kein Mangan und Kobalt aus Entwicklungsländern. Und unsere Batterie kann in der Wüste ebenso wie im Eis betrieben werden. Eben ein echter Allrounder. Wo Solarstromspeicher gefragt sind, haben wir eine gesalzene Antwort.

Autor
Sandro Pfammatter

war von September 2015 bis Oktober 2021 Mediensprecher des VSE.

  • VSE, 5000 Aarau

Zur Person

Cord-Henrich Dustmann ist Diplom-Physiker mit grosser Erfahrung im Bereich Salzbatterien. Er ist Gründer und Geschäftsführer der Battery Consult AG in Meiringen.
 

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