Fachartikel ICT , IT für EVU

Ein Daten-Hub ohne Messdatenhaltung

Standardisierter Messdatenaustausch

27.05.2017

Eine zentrale Routing-Lösung kann den Aufwand für die Wechselprozesse im SDAT-Verfahren verringern, indem sie die Kommunikation beim Austausch der Stammdaten zwischen den Partnern vereinfacht.

Der standardisierte Austausch der Messdaten (SDAT) zwischen den Marktpartnern in der schweizerischen Elektrizitätsversorgung erfolgt nach den Regeln der Branchendokumente des VSE.[1] Seit der Einführung im Jahr 2009 werden die Messdaten (15-Minuten-Lastgänge) durch die Verteilnetzbetreiber über Zählerfernauslesesysteme erhoben, verarbeitet und gespeichert. Die Verteilnetzbetreiber plausibilisieren die Messdaten und bilden – wenn notwendig – Ersatzwerte. Diese dezentrale Verarbeitung hat sich in den letzten Jahren bezüglich Qualität, Zuverlässigkeit und Sicherheit bewährt. Es gibt daher keine stichhaltigen Gründe, an diesem System mit verteilten Rollen, Partnern und vielen unabhängigen EDV-Systemen etwas grundsätzlich zu ändern.

Probleme beim Lieferanten- und Bilanzgruppenwechsel

Bei einem Lieferanten- oder Bilanzgruppenwechsel ändern sich jedoch Partner und deren Adressen für den Datenaustausch. Solche Wechsel treten vor allem zum Jahreswechsel auf. Müssen nur wenige Wechsel ausgeführt werden, so kann der Austausch der neuen Stammdaten manuell bewältigt werden. Die Anzahl dieser Wechsel nimmt aber zu und würde im Rahmen einer vollständigen Marktöffnung nochmals stark ansteigen. Der steigende Aufwand und die Konzentration der Wechselprozesse auf den Jahreswechsel führen zu Kosten- und Kapazitätsproblemen. Mit einer Vereinfachung der Kommunikation beim Austausch der Stammdaten zwischen den Partnern kann diesen entgegengewirkt werden.

Lösung: ein zentrales Routing

Ein zentrales Routing ermöglicht diese Vereinfachung. Die Partner benötigen gegenseitige elektronische Zustelladressen, welche für den Datenaustausch verwendet werden. Dabei bestimmt der Empfänger den Zustellort der Messdaten. Der SDAT-CH-Hub speichert diese Zustelladressen zentral und leitet die Dokumente automatisch zu den passenden Zustelladressen weiter (Bild unten). Die Dateien werden via FTPS (FTP über SSL) oder Secure E-Mail (S/MIME) empfangen und versendet. Die Kommunikationsdaten werden über das Web-Portal gepflegt.

Der SDAT-CH-Hub sendet die empfangenen Messdaten im ebix-Format an die Zieladressen weiter. Diese werden aus den Informationen im Kopfteil des ebix-Protokolls und den gespeicherten Adressen der Marktteilnehmer automatisch ermittelt. Der Hub protokolliert die Transaktionen, speichert selber aber keine Messdaten oder Stammdaten über Messpunkte. Die SDAT-Dokumente mit den Messdaten werden unverändert weitergeleitet. Die Rückmeldung des Empfängers wird anschliessend dem Sender übermittelt (Bild unten).

Die SDAT-Dokumente mit der Zuordnungsliste oder mit Stammdatenänderungen werden je nach Geschäftsvorfall den verschiedenen Empfängern weitergeleitet (Bild unten).

Die Dateien können je nach Ge­schäftsfall dem Energiedaten-Management-System (zum Beispiel Messdaten) oder dem Abrechnungssystem (zum Beispiel Anfragen Wechselprozesse, Vertragsänderungen, Anfrage Stammdaten) gesendet werden. Wichtig ist, dass neben dem Routing andere Abläufe im SDAT-Verfahren nicht tangiert werden. Die folgenden Prozesse bleiben also Aufgaben des Energiedaten-Managements der einzelnen Marktakteure:

  • Zählerfernauslesung bis zur Verpackung im ebix-Protokoll
  • Plausibilisierung der Messdaten
  • Ersatzwertbildung bei fehlenden Messdaten
  • Speicherung und Archivierung der Messdaten
  • Speicherung der Stammdaten der Messpunkte
  • Bildung und Speicherung von Lastgang-Aggregaten
  • Automatische Annahme-/Ablehnungs-Entscheidungen bei Wechselprozessen

Geringerer Aufwand mit dem SDAT-Hub

Der Aufwand für den Austausch und die Pflege der Zustelladressen zwischen allen Marktpartnern wird erheblich verringert. Die Zustelladressen und Zugangsdaten der FTP-Server müssen nur einmal erfasst und nicht bei jedem Verteilnetzbetreiber individuell gepflegt werden. Bei Bedarf kann der Teilnehmer seine Daten jederzeit ändern. Er bestimmt also selbst über die Qualität der Daten. Jeder registrierte Benutzer hat jederzeit Zugriff zum Protokoll des Datenversandes (Bild unten).

Der Empfänger kann den SDAT-CH-Hub als FTPS-Server verwenden. Als Alternative kann ein eigener FTP- oder E-Mail-Server als Empfangskanal angegeben werden. Nimmt die Anzahl Wechselprozesse zu (beispielsweise bei einer vollständigen Marktöffnung), können Skaleneffekte ausgenutzt werden, welche dazu führen, dass in Zukunft bei höheren Wechselprozesszahlen die spezifischen Wechselprozesskosten sinken.

Sicherheit als zentrales Thema

Die Datenübermittlung erfolgt durch eine verschlüsselte Kommunikation via FTPS- oder S/E-Mail-Protokoll, sodass die Sicherheit stets gewährleistet bleibt. Das Web-Portal [2] ist über eine sichere Verbindung über das HTTPS­-Protokoll erreichbar und die Nutzer-Authentifizierung erfolgt über ein sicheres Kennwort und die Eingabe eines SMS-Codes (Zwei-Weg-Authentifizierung). Pro übermitteltem Dokument erzeugt der SDAT-CH-Hub eine eindeutige Kennziffer zu Protokollzwecken. Er wird auf eigenen Servern mit Standort in der Schweiz betrieben.

Erfahrungen mit dem Betrieb

Der Hub ist seit dem 1.  Januar 2017 in Betrieb. Zurzeit nehmen über 70 Verteilnetzbetreiber am Hub teil. Die Kommunikation mit den Lieferanten, Bilanzgruppen und Swissgrid erfolgt dabei ausschliesslich über den SDAT-CH-Hub. Bis Ende April sind über 160 000 Dokumente via diesen Hub versendet worden. In Spitzenzeiten werden zurzeit bis zu 50 Dokumente pro Minute verarbeitet. Die aktuelle Maximalleistung beträgt laut Tests 2500 Dokumente pro Minute.

Gemäss Feedback der Anwender ist die Bedienung einfach und intuitiv. Die eingebetteten Hilfestellungen erleichtern die Dateneingabe für unerfahrene Nutzer, behindern diese für geübte Benutzer jedoch nicht (Bild unten).

Der Empfänger muss sich nicht mehr um den Sender kümmern, sondern kann sich auf seine eigene Empfangsadresse und seinen Zugang konzentrieren. Je mehr Sender als Partner am SDAT-CH-Hub teilnehmen, desto grösser werden die Einsparungen für den Empfänger. Dies ist vor allem für Empfänger in der Rolle Energielieferant oder Bilanzgruppen-Manager relevant, weil in diesen Rollen Dateien von vielen Sendern empfangen werden.

Referenzen

[1]   Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen: Standardisierter Datenaustausch für den Strommarkt Schweiz, Aarau, September 2015.
[2]   www.sdat-ch.ch.

Autor
Alois Huser

ist Geschäftsführer der Encontrol AG.

  • Encontrol AG, 5443 Niederrohrdorf
Autor
Yves Senn

ist Produktmanager Asset-Management bei Encontrol.

  • Encontrol AG, 5443 Niederrohrdorf

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