Digitalisierung und neue Geschäftsfelder
Tagung vom 30. März 2017 in Windisch
Am 30. März 2017 hatten Interessierte die Gelegenheit, sich an der Fachhochschule in Windisch zum Themenfeld «Industrie 4.0» zu informieren und in der Begleitausstellung entsprechende Produkte kennenzulernen. Die von der Plattform Industrie 2025 organisierte Tagung ging zudem über produktionstechnische Themen hinaus, denn die Digitalisierung beschränkt sich nicht nur auf die Fabrik, sondern ermöglicht neue Dienstleistungen wie Predictive Maintenance.
Im Einstiegsreferat ging Chefökonom Rudolf Minsch auf die gesellschaftlichen Aspekte der Digitalisierung ein. Er betonte, dass sich Sozialkompetenzen nicht ersetzen lassen und auch künftig gefragt sein werden. Roboter beschränken sich auf repetitive Arbeiten. Studien bezüglich Arbeitsmarktfähigkeit im digitalen Zeitalter zeigen auf, dass die Mint-Kompetenzen wichtiger werden und dass breitere Berufsbilder flexibler auf neue Entwicklungen reagieren können. Interessanterweise ist gemäss Minsch das hohe Preisniveau für die Schweizer Industrie eher ein Segen als ein Fluch, denn man machte sich schon früh Gedanken zu Auslagerungen und hat Organisationsstrukturen rechtzeitig optimiert. Im Ausland sieht er noch entsprechenden Nachholbedarf.
Praktische Anwendungen
Schon im zweiten Vortrag tauchte man in die Praxis ein. Rainer Roten, Schindler, stellte die Vorteile der Digitalisierung für das Servicepersonal vor. Das Tablet ist dabei das zentrale Werkzeug. Es zeigt nicht nur alle Installationen mit ihrem Status an, sondern ermöglicht auch die schnelle Suche und komfortable Bestellung von Ersatzteilen. Zudem ist das App mit dem ERP-System verbunden. Vom zentralen Lager werden die gewünschten Teile direkt an die Servicetechniker geliefert, die am Morgen sofort an den Einsatzort fahren können, ohne zuerst die Teile abholen zu müssen. Auf den Datenschutz angesprochen, meinte Roten, die Angst der Mitarbeiter vor Tracking ihrer Bewegungen sei zwar technisch möglich, werde aber bei Schindler nicht gemacht. Generell sind die Erfahrungen mit der Digitalisierung gut, auch aus ökonomischer Sicht.
Digitalisierung ist kein Zauberwort
Sowohl Heinz Hodel, früher CIO bei Emmi, als auch Urs Hirt, Co-Geschäftsführer bei Staufen Inova, betonten, dass es wichtig sei, zunächst die Gesamteffizienz der Produktion zu analysieren, Probleme zu beheben (z.B. Gründe für Ausschuss) und Prozesse zu optimieren, bevor man sich an die Digitalisierung macht. Schlechte Prozesse werden nämlich durch die Digitalisierung nicht besser. Anlagen müssen besser ausgenutzt und Lager optimiert werden. Hodel und Hirt sind sich auch einig, dass die Führung eine wichtige Rolle im Transformationsprozess spielt.
Für Silvano Balemi, Zumbach Electronic, stellt Industrie 4.0 keine Revolution dar: «Vollständig integrierte Prozesse gibt es schon seit Jahrzehnten.» Es ist eher eine kontinuierliche Evolution, bei der bekannte Konzepte miteinander verbunden werden. Grosse Firmen setzen solche Konzepte schon länger ein. Was neu ist, ist ein Trend zur Standardisierung und Demokratisierung. Nun können es sich auch kleinere Unternehmen leisten, die neuen bedienungsfreundlichen Digitalisierungskonzepte einzusetzen und von der neuen Flexibilität zu profitieren. Dabei lassen sich Prozesse über die Produktionslinie hinaus verbessern.
Gemäss Eduardo Gallestey, ABB, bietet die Digitalisierung die Chance, die Zuverlässigkeit, Energieeffizienz und Produktivität des Betriebs zu erhöhen. Es geht dabei um Rückkopplung: «Schnelle Schleifen wurden schon früher geschlossen, nun werden auch langsame geschlossen.»
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