Die Verkehrszukunft mitgestalten
Neuer Swissloop-Pod
Im letztjährigen Finale des Hyperloop-Wettbewerbs in Los Angeles erreichte die Transportkapsel von Swissloop mit 252 km/h den zweiten Platz. Weil die Corona-Pandemie in diesem Jahr den Wettbewerb verunmöglichte, verschob sich der Fokus der Arbeiten. Aber der Enthusiasmus der beteiligten Studierenden der ETH Zürich war unverändert hoch.
Um die Hyperloop-Technologie zu fördern, lädt Elon Musk seit fünf Jahren Studierendenteams aus aller Welt dazu ein, Transportkapseln zu bauen. Solche Kapseln, sogenannte Pods, sollen künftig mit bis zu 1200 km/h durch Vakuumröhren fahren, um Personen oder Güter von Stadt zu Stadt möglichst nachhaltig zu transportieren.
Ein Hyperloop-Wettbewerb wird in diesem Jahr aufgrund der Corona-Situation nicht stattfinden. Was wie ein Nachteil aussieht, lässt sich auch als Chance betrachten: Das aktuelle Swissloop-Team konzentrierte sich nun auf zeitintensive Aspekte, die sonst nicht im Vordergrund stehen. Statt eine möglichst hohe Geschwindigkeit anzupeilen, hat man in diesem Jahr die einzelnen Komponenten und die Software optimiert. Man will eine gute Grundlage für das nächste Jahr schaffen, indem man sich Zeit für die Behebung bekannter Probleme und Schwachstellen nimmt. Dann profitiert das nächste Team bereits bei der Übernahme von einer soliden Basis.
Modulares Konzept
Im Vergleich zum letztjährigen Pod von Swissloop ist der neue deutlich kleiner: Das Konzept ist nun modular und skalierbar. Man kann so die Module «im Kleinen» entwickeln und optimieren. Wenn sie dann wunschgemäss funktionieren, lässt sich mit ihnen ein grosser Pod bauen.
Neu werden deutlich mehr Sensoren verbaut, um den Zustand des Pods detaillierter analysieren zu können. Beispielsweise wurden Beschleunigungssensoren integriert, die allfällige Vibrationen registrieren. So kann festgestellt werden, ob die Passagiere komfortabel reisen oder ob sie während der Hochgeschwindigkeitsfahrt zu stark durchgeschüttelt würden. Der Komfort sollte durch die hohe Geschwindigkeit nicht leiden. Ausgelesen werden die Sensoren von der auf dem Pod installierten Hauptsteuereinheit, die die Daten zur Auswertung an eine Software weiterleitet.
Diese komplett von den Studierenden entwickelte Steuerungssoftware stand im Zentrum der diesjährigen Entwicklungen. Sie ermöglicht nicht nur ein Auslesen der Sensoren, sondern eine umfassende Analyse des Betriebszustandes des Pods. Tritt irgendwo ein Fehler auf, werden die Involvierten über den genauen Ort der Störung informiert.
Der neue Linearmotor ist möglichst kompakt
Der neue Motor stellte eine weitere grosse Herausforderung dar. Das Team hat das letztjährige, erfolgreiche Konzept des Asynchronmotors übernommen, den Motor aber neu entwickelt, simuliert und schliesslich gebaut. Man stellte fest, dass grosse Kräfte wirken, die den Motor zusammenziehen bzw. auch gewisse Abstosseffekte bewirken. Zudem musste sehr eng mit dem Industriepartner kooperiert werden, um die zwei im Pod eingesetzten Motoren möglichst kompakt wickeln und einen grossen Füllfaktor erreichen zu können. Denn Platz hat es im Pod nur wenig.
Effiziente Siliziumkarbid-Leistungselektronik
Die neuen, auch von den Studierenden entwickelten Wechselrichter, die die Motoren ansteuern, sind nun mit Siliziumkarbid-Mosfets ausgestattet, die einiges kleiner, leichter und effizienter sind als die früheren Silizium-IGBT-Module. Bei gleicher Leistung spart man auch hier Platz und Gewicht, was zentral ist, wenn man die Kraft möglichst effizient in Geschwindigkeit umwandeln will. Damit das Signal – um störende Effekte zu vermeiden – möglichst sinusförmig ist, beträgt die Taktfrequenz 10 kHz. Die Startfrequenz des Asynchronmotors liegt bei 20 Hz, die maximale Motorenfrequenz bei 1 kHz, also eine Grössenordnung tiefer als die Taktfrequenz.
Eine weitere Innovation ist die Bremseinheit. Wo früher hydraulisch betriebene Bremsen eingesetzt wurden, kommt nun eine Bremse mit Druckluft zum Einsatz. Früher musste die Bremse nach zwei Bremsvorgängen jeweils manuell mit einem Hebel «aufgepumpt» werden. Heute reicht der auf dem Pod installierte kleine Drucklufttank für etwa fünfzehn Bremsvorgänge. Anschliessend lässt er sich austauschen. Sensoren messen den Druck der Bremse, damit stets gewährleistet werden kann, dass sie sicher auslöst.
Durch die Arbeiten gewann das Team zahlreiche Erkenntnisse, beispielsweise dass bei höheren Geschwindigkeiten mehr nichtmagnetisiertes Material in den Linearmotor kommt und dieser dadurch eine kleinere «Angriffsfläche» hat und somit an Kraft verliert. Dem kann man mit speziellen Ansteuerungsmöglichkeiten entgegenwirken, oder mit zusätzlichen kleinen Elektromotoren, die zum Vormagnetisieren eingesetzt werden. Dies ist ein Nachteil des induktiven Linearmotors bei hohen Geschwindigkeiten, denn eine Beschleunigung ist dann kaum mehr möglich.
Zahlreiche Benefits für die Zukunft
Das Hyperloop-Konzept präsentiert sich als eine nachhaltigere Art, um Personen oder Güter zu transportieren: Es könnte bei gleicher Reisezeit Inlandflüge eliminieren. Diese Idee der Nachhaltigkeit treibt die Studierenden bei der Entwicklung ihrer Pods zu Höchstleistungen an. Aber selbst wenn die Hyperloop-Idee aus technologischen oder ökonomischen Gründen künftig nicht realisiert wird, so haben die Studierenden von «nachhaltigen» Erkenntnissen für ihr künftiges Berufsleben profitiert. Sie haben sich in der Praxis mit neuen Hardware- und Software-Technologien auseinandergesetzt. Zudem haben sie gelernt, unter Zeitdruck in einem interdisziplinären Team zu arbeiten. Im Team sind die spezifischen Rollen – Mechanik, Leistungselektronik, Sensorik und Informatik, ja sogar Pressearbeit – klar zugewiesen. Und sollte Hyperloop doch einmal kommen, können die Beteiligten gespannt mitverfolgen, welche ihrer Ideen einen Beitrag zur nachhaltigeren Mobilität leisten. Spannend bleibt es so oder so.
Kommentare