Die Offenheit des World Wide Web ist bedroht
World Web Forum 2017
Schon zum fünften Mal trafen sich Entscheidungsträger und an digitalen Trends Interessierte am Worldwebforum – diesmal am 24. und 25. Januar 2017 in Zürich Oerlikon. Das Spektrum der Rednerinnen und Redner war bunt: von Jeff Eggers, Berater des früheren US-Präsidenten Barack Obama und Navy-Seals-Veteran, über Urs Hölzle, den Senior Vice President für die technische Infrastruktur von Google, den Pixar-Mitbegründer Ed Catmull bis zu Anita Roth von Airbnb. Diese Vielfalt an Erfahrungshintergründen bot Einblicke in kreative Ideen und Prozesse und in ihre erfolgreiche Umsetzung. Ab und zu begegnete man dabei auch dem Begriff «Demut», der realistischen Selbsteinschätzung. Denn erst wenn Führungspersonen nicht nur ihre Visionen vor Augen haben, sondern auch ihre eigenen Grenzen, gewähren sie den Teamkollegen genügend Raum für ihre Kreativität und ihre Talente.
Ging es bei vielen Vorträgen am ersten Tag um die menschliche Seite der Digitalisierung, tauchte man beim Vortrag von Sir Tim Berners-Lee (Bild) in die Technik ein, die diese Trends erst ermöglicht hat. Berners-Lee schilderte zunächst, wie es dazu kam, dass er das World Wide Web als Wissenschaftler am Cern erfand. Das Internet gab es ja als Kommunikationsmittel zwischen akademischen Institutionen bereits seit 1969, aber ihn störte die Tatsache, dass dessen Nutzung alles andere als intuitiv war. Über das Internet konnte man zwar weltweit Programme ausführen oder E-Mails verschicken, aber man musste alle Fileformate beherrschen, um mit den Daten etwas anfangen zu können. Diese frustrierende Komplexität motivierte Berners-Lee dazu, das Web zu erfinden. Die nötigen Komponenten für das Web existierten bereits: beispielsweise der Hypertext, d.h. das Klicken auf Wörter, um zu einem anderen Text zu gelangen. Aber das geschah damals nur auf CD-ROMs. Um das Web zu schaffen, verknüpfte Sir Tim die bestehenden Technologien – u.a. das Internet und grafische Schnittstellen – mit einem neuen, von ihm mitbegründeten Protokoll, HTTP, und schuf auf diese Weise das laut ihm einfachste System auf dem Internet. Jedes Element braucht einfach eine eindeutige URL, und alles lässt sich miteinander verlinken.
Ein wichtiger Faktor für den Erfolg des Webs war das Prinzip der Offenheit. Dies z.B. im Gegensatz zum früher erfolgreichen internetbasierten Informationsdienst Gopher, der dem WWW anfänglich um Längen voraus war: Neun Zehntel nutzten Gopher. Aber da das 1991 entwickelte Gopher proprietär und die Nutzung entsprechend gebührenpflichtig war – die University of Minnesota bestand auf dem Urheberrecht – schwappte die Nutzerwelle auf das Web über, denn Cern bot es kostenlos und offen an.
Berners-Lee ging auch auf die Weise ein, wie sich die Welt seit der Erfindung des Webs entwickelt hat. Anfänglich hatte man die Welt utopisch gesehen, in der sich das Schlechte auf Missverständnisse zurückführen lässt, die durch bessere Kommunikation – natürlich via Web – eliminiert werden können. Heute wird die durch das Web angestrebte Dezentralisierung durch Plattformen wie Facebook herausgefordert, die Freiheiten einschränken und Inseln bilden. Nutzer beschränken sich nun auf die Knöpfe, die da sind. Auch die Sicherheit war damals kein Thema, da nur vertrauenswürdige Personen involviert waren. Heute muss jedes Protokoll und jede Sprache auf Sicherheitslücken überprüft werden. Berners-Lee setzt sich deshalb für ein offenes Web ein, bei dem niemand behindert oder ausspioniert wird.
Für seine bahnbrechende Erfindung erhielt Sir Tim von Bundesrat Schneider-Ammann am Forum den «Worldwebforum Lifetime Achievement Award».
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