Die Muken 2014
Ein wesentlicher Schritt zur Umsetzung der Energiestrategie 2050
Nach dem Unfall im Kernkraftwerk Fukushima 2011 beschloss der Bundesrat, dass in der Schweiz keine neuen AKW gebaut werden sollen. Dieser Entscheid und das veränderte internationale Energiemarktumfeld führten zur Energiestrategie 2050 des Bundes. Diese umfasst auch Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz. Eine höhere Energieeffizienz im Gebäudebereich ist auch das Ziel der «Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich 2014», kurz Muken.
Die Begrenzung des Energieverbrauchs in Gebäuden fällt vor allem in den Zuständigkeitsbereich der Kantone.[1] Diese haben sich bereits 1979 in der EnDK, der «Konferenz Kantonaler Energiedirektoren» zusammengeschlossen, die die Zusammenarbeit der Kantone in Energiefragen fördert. Zuhanden der Kantone verabschiedet dieses Energiekompetenzzentrum seit 1992 die Muken, die im Wesentlichen energetische Bauvorschriften sind.
Die aktuelle Muken 2014, d.h. die vierte revidierte Ausgabe der kantonalen Mustervorschriften, wurde am 9. Januar 2015 von der Plenarversammlung der Energiedirektoren verabschiedet. Bis 2018 haben die Kantone Zeit für die Umsetzung in ihren Gesetzgebungen, sodass die Inkraftsetzung voraussichtlich per 2020 erfolgen kann.
Inhalt und Zielsetzung
Die Muken stützt sich auf Art. 89 Abs. 4 der Bundesverfassung sowie auf die Energiegesetzgebung des Bundes.[2] Sie beinhaltet Empfehlungen zur konkreten Umsetzung im kantonalen Bau- und Energierecht, die auf einer reichen Vollzugserfahrung in den Kantonen gründen. Der modulare Aufbau belässt den Kantonen genügend Spielraum, um besonderen kantonalen Gegebenheiten Rechnung zu tragen.
Ziel der Muken ist es, ein hohes Mass an Harmonisierung zwischen den Kantonen zu erreichen, um schweizweit möglichst gleiche Bedingungen bei der Bauplanung und den Bewilligungsverfahren für Bauherren und Fachleute zu schaffen. Zu diesem Zweck werden standardisierte Vollzugshilfen und Formulare zur Verfügung gestellt.
Die vorliegende Version, die die heute geltenden Empfehlungen von 2008 ersetzen wird, bildet den aktuellen Stand der Technik und des Wissens ab. Sie umfasst Empfehlungen zur Energieplanung sowie zur Förderung von Energieeffizienzmassnahmen im Gebäudebereich.
Energetische Bauvorschriften
Die Vorschriften sind Mindestanforderungen für Neubauten, Sanierungen und Erweiterungen, die bewilligungspflichtig sind. Den Bauherren steht es somit frei, auch ehrgeizigere Konzepte umzusetzen. Damit gemeint sind freiwillige Standards und Labels wie z.B. Minergie, die strengere Auflagen enthalten und oft auch künftige Mindestbauvorschriften als Folge des technologischen Fortschritts bereits vorwegnehmen.
Zurückhaltung bei Betriebsvorschriften
Vorschriften zum Betrieb von Gebäuden, Anlagen, Geräten und Installationen können nur schwer mit dem Baurecht durchgesetzt werden. Sie greifen rasch in den Nutzeralltag ein, deshalb sind diesbezüglich nur wenige Bestimmungen in der Muken zu finden. Das Basismodul spricht sich lediglich für eine Sanierungspflicht bei bestehenden Elektroheizungen aus. Mit Grossverbrauchern sollten zudem Zielvereinbarungen zur Senkung des Energieverbrauchs abgeschlossen werden (Vollzugshilfe EN-15 Grossverbraucher). Bei Letzteren ist es zielführender, in Effizienzmassnahmen zu investieren statt allgemeine Vorschriften beachten zu müssen.
Ziel der Muken
Die Muken senkt merklich den zulässigen Energieverbrauch für Neubauten, für die der Zielwert des «Nahezu-Null-Energie-Gebäudes» (NZEB = Nearly Zero Energy Building) definiert wurde. Gemessen wird dabei nur die Energie, die als Strom, Wärme, Gas sowie als Heizöl, Holz oder Kohle dem Gebäude (Grundstück) im Jahresverlauf zugeführt wird. Energie, die auf dem dazugehörigen Grundstück, am oder im Gebäude produziert wird, wird nicht bilanziert.
Ab 2020 sollten nur noch Neubauten erstellt werden, die die Anforderungen eines NZEB erfüllen, dem möglichst wenig Energie zugeführt werden muss. Für die Heizung, Warmwasser, Kühlung und Lüftung dürfen maximal jährlich 35 kWh/m2 aufgewendet werden (Bild 1). Der neue Standard der Muken 2014 bewegt sich zwischen dem Minergie- und Minergie-P-Standard resp. zwischen 90 % und 60 % des gesetzlich zulässigen Wärmebedarfs. Basis ist die Norm SIA 380/1 2009.
Erreicht wird dieses Ziel durch eine effizientere Nutzung der eingesetzten Energie und durch verschärfte Anforderungen an den Wärmebedarf, der mittels eines verbesserten Wärmeschutzes (Dämmung der Gebäudehülle) und eigener Wärmeerzeugung gesenkt werden sollte. Zudem wird neu eine Pflicht zur Eigenstromproduktion von 10 W/m2 EBF eingeführt, d.h., jeder Neubau wird künftig einen Teil seines Strombedarfs selber decken müssen, oder es muss eine Ersatzabgabe geleistet werden. Wie das NZEB-Ziel bei einem konkreten Neubau erreicht wird, bleibt dem Bauherrn überlassen. Die Erfahrung zeigt, dass das Zuführen von fossilen Energien nur noch in wenigen Fällen Bestandteil der Lösung sein wird.
Harmonisierendes Basismodul als Kern
Die Muken setzen sich aus dem Basismodul und verschiedenen Zusatzmodulen zusammen. Das Basismodul muss zwingend in die kantonale Energie- und Baurechtsgesetzgebung integriert werden, damit ein möglichst breiter Harmonisierungseffekt erreicht wird. Über die Einführung der freiwilligen Zusatzmodule entscheidet jeder Kanton autonom, je nach seinen spezifischen Voraussetzungen und seinem besonderen Bedarf. Die Zusatzmodule sollen ebenfalls integral übernommen werden, um auch hier die Rechtsharmonisierung zu unterstützen.
Das Basismodul umfasst baurechtliche Bestimmungen sowie die rechtlichen Grundlagen für eine harmonisierte Förderung. Mit der Übernahme des Basismoduls werden die von der EnDK formulierten energiepolitischen Ziele umgesetzt. Ebenso gleichen die Kantone ihre Gesetzgebung hinsichtlich Gebäudepolitik dem Energie- und dem CO2-Gesetz des Bundes an.
Mit den Zusatzmodulen werden unterschiedliche Ziele verfolgt:
- Energetische Bauvorschriften für Gebäude und Anlagen, deren Bedeutung je nach Kanton variieren kann (Tabelle 1a).
- Regelungen, die nicht oder nur begrenzt das Baurecht betreffen (Tabelle 1b).
- Bestimmungen, die deutlich über die im Basismodul formulierten Prinzipien hinausgehen, oder deren Wirkung kontrovers eingeschätzt wird. Ihre Umsetzung setzt einen breiten politischen Konsens in den Kantonen voraus (Tabelle 1c).
Umsetzung
Die Muken 2014 ist die vierte revidierte Ausgabe der «Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich». Im Vergleich zur heute geltenden Version wird das Basismodul deutlich erweitert. Ebenso enthält die ab zirka 2020 geltende Muken neue Empfehlungen für Anpassungen der kantonalen Gesetzgebung. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Umsetzung des Basismoduls in den Kantonen entsprechende Parlamentsbeschlüsse und allenfalls Volksentscheide erforderlich macht. Schweizweit wird das Basismodul aller Voraussicht nach in drei bis fünf Jahren eingeführt sein.
Literatur
- BV: Bundesverfassung (SR 101)
- CO2-Gesetz: Bundesgesetz über die Reduktion der CO2-Emissionen (SR 641.71)
- EnDK: Konferenz Kantonaler Energiedirektoren
- EnG: Eidgenössisches Energiegesetz (SR 730.0)
- EnV: Eidgenössische Energieverordnung (SR 730.1)
- MuKEn: Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich
- www.endk.ch/de/energiepolitik-der-kantone/MuKEn
- www.endk.ch/media/archive1/aktuelles/MuKEn2014_BeschriebMuKEn.pdf
- SIA 380/1 2009: Thermische Energie im Hochbau
Referenzen
[1] Art. 89 Abs. 4 BV.
[2] Art. 6, 9, 15 EnG, Art. 11a EnV und CO2-Gesetz.
Kommentare
Ulrich Toggenburger,
Ich danke für den Artikel. Meiner Meinung nach sollte ein Energiegesetz (grundlegende Gesetzgebung für alle Kantone gleich) auf Stufe Bund erlassen werden. Mit der Beurteilung der Zusatzmodule bin ich einverstanden. Schon ab Stufe b) fragt sich, ob das gesetzlich zu regeln ist. Die Stufe c) ist wirklich fraglich. Generell ist die Regelungsdichte hoch, der GEAK wird von mir als Arbeitsbeschaffung für Architekten/Ingenieure eingestuft - das kann ich als Physiker (ohne amtliches Siegel) auch. Die Kostenbeteiligung des Kantons beim Erstellen eines GEAK plus ist zwar ein «Zückerchen», der GEAK dient letztlich trotzdem dem Personalabbau in den kantonalen Verwaltungen. Der Vollzug ist z.T. ohnehin direkt an die Gemeinden delegiert, was immer Schwierigkeiten macht, wenn für das Vorhaben kein Baugesuch notwendig ist (z.B. reine Dachisolation, Ersatz der Fenster etc.). Die Ausführungsbestätigung durch «Fachleute» ist ebenso ein Instrument, welches die Vollzugsaufgaben der Gemeinde auf die Bauherrschaft, den Architekten und den verantwortlichen Unternehmer verschiebt.
Generell frage ich mich, was die Energieversorgungsunternehmen zur Eigenstromerzeugungspflicht (bis 30 kW) gemäss Teil E sagen. Mir hat man angedeutet, dass keine Photovoltaikanlage im Netzverbund bewilligt würde - so wäre nur der Eigenverbrauch des Stromes erwünscht. Hier braucht es dringend eine gesetzliche Regelung auf Stufe Bund, dass jede Photovoltaikanlage angeschlossen werden kann. Hier könnte sich deshalb der VSE noch verdient machen...
Ralph Möll, Chefredaktor Bulletin VSE,
@Ulrich Toggenburger
Vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre Auseinandersetzung mit diesem wichtigen Thema. In der Tat bestehen bereits gesetzliche Regelungen auf Stufe Bund, welche die Einbindung von Photovoltaikanlagen in bestehende Netze explizit gebieten. So gewährt Art. 5 des StromVG unter Absatz 2 eine Anschlussgarantie: «Netzbetreiber sind verpflichtet, in ihrem Netzgebiet alle Endverbraucher innerhalb der Bauzone und ganzjährig bewohnte Liegenschaften und Siedlungen ausserhalb der Bauzone sowie alle Elektrizitätserzeuger an das Elektrizitätsnetz anzuschliessen.»
Weiter gilt für Netzbetreiber gemäss Art. 7 des Energiegesetzes (und Art. 7a für KEV-Anlagen) eine Abnahme- und Vergütungspflicht: «Netzbetreiber sind verpflichtet, in ihrem Netzgebiet die fossile und erneuerbare Energie, ausgenommen Elektrizität aus Wasserkraftanlagen mit einer Leistung über 10 MW, in einer für das Netz geeigneten Form abzunehmen und zu vergüten. Bei der Produktion von Elektrizität aus fossilen Energien gilt die Abnahmepflicht nur, wenn die Elektrizität regelmässig produziert und gleichzeitig die erzeugte Wärme genutzt wird.»