Die Fassade als Kraftwerk und Wohlfühlgarant
Nest-Unit «SolAce» eröffnet
Eine angenehme Wohn- und Arbeitsatmosphäre: Wer sich den grössten Teil des Tages im Innern von Gebäuden aufhält, sehnt sich danach. Gleichzeitig soll individuelles Wohlbefinden nicht auf Kosten der Umwelt gehen. Das Labor für Sonnenenergie und Bauphysik der EPFL sucht nach Wegen, wie die Energiegewinnung an der Gebäudehülle maximiert und dabei der Komfort im Innern optimiert werden kann. Wie beide Bedürfnisse unter einen Hut gebracht werden können, zeigen sie in «SolAce», der neuesten Unit im Forschungs- und Innovationsgebäude NEST auf dem Empa-Campus.
Ähnlich einem Schmetterlingsflügel schimmert die grün-blaue Fassade der Nest-Unit «SolAce» im Sonnenlicht. Seit dem 24. September 2018 ist der neueste temporäre Gebäudeteil des Forschungs- und Innovationsgebäudes der Empa und Eawag in Dübendorf offiziell eröffnet. Es handelt sich um kombinierte Wohn- und Arbeitsräume auf knapp 100 Quadratmetern – eingebaut auf der Südseite von Nest zwischen der zweiten und dritten Betonplattform, die zum Kern des setzkastenähnlichen Gebäudes gehören.
«‹SolAce› soll über die Fassade mehr Energie produzieren als die Unit im Jahresverlauf braucht und gleichzeitig den Benutzerinnen und Benutzern optimalen Komfort zur Verfügung stellen», erklärt Jean-Louis Scartezzini die Zielvorgabe. Der EPFL-Forscher ist Direktor des Labors für Sonnenenergie und Bauphysik; von ihm stammt die Idee zur neusten Nest-Unit. Zur Erreichung der genannten Ziele vereinen die Forschenden mehrere aktive und passive Fassadenelemente, deren zugrundeliegenden Technologien aus dem Labor in Lausanne hervorgegangen sind. Einige dieser Technologien sind mittlerweile über Start-ups und durch Kooperationen mit Wirtschaftspartnern kurz vor der Kommerzialisierung, bei einigen dauert der Weg noch etwas länger. «Im Nest haben wir die einzigartige Möglichkeit, die verschiedenen Technologien im Zusammenspiel und in einer realen Umgebung zu untersuchen», sagt Scartezzini.
Solarstrom und Warmwasser aus der Fassade
Die positive Energiebilanz der Unit soll durch die Produktion von Solarstrom und Warmwasser direkt an der Fassade erreicht werden. Dazu kommen Photovoltaikmodule sowie solarthermische Kollektoren mit einer neuartigen farbigen Verglasung auf Basis von Nanotechnologie zum Einsatz. Mit dem Ziel, die Integration von Photovoltaikanlagen in die Gebäudehülle zu fördern, indem über verschiedene Farben eine grössere architektonische Freiheit geboten wird, forschte ein Team an der EPFL seit fast 20 Jahren an farbgebenden Beschichtungen. Den Forschern unter der Leitung von Andreas Schüler war klar, dass eine Beschichtung möglichst geringe Energieverluste verursachen darf. Absorbierende Farbpigmente kamen nicht in Frage. Stattdessen rufen nun Nano-Dünnschichten mit einer Dicke von 5 bis 200 Nanometern auf der Innenseite der Verglasung so genannte Interferenz-Farbeffekte hervor, wie sie etwa auch auf einer Seifenblase oder eben auf den Flügeln eines Schmetterlings auftreten. «Da die Nano-Beschichtung sehr transparent ist, entstehen praktisch keine Absorptionseffekte und nur sehr geringe Energieeinbussen», erklärt Schüler.
5.10.2018