Fachartikel Beleuchtung , Internet of Things , Sensoren

Die Erfassung der echten Präsenz

Sensorik in der Beleuchtung

01.11.2019

Seit ihrer Erfindung in den 1980er-Jahren sind Bewegungsmelder allgegenwärtig geworden. Sie zielen darauf ab, die Nutzung eines Raumes oder Areals durch Menschen verlässlich zu erkennen, um das Licht entsprechend zu schalten. Die automatische Lichtsteuerung erhöht den Komfort und spart gleichzeitig Energie.

Bewegungsmelder wurden zuerst nur im Aussenbereich eingesetzt. Für die Nutzung im Innenbereich von Gebäuden musste die Auflösung der Melder erhöht werden, damit auch Personen in einem Raum erkannt werden können, die zum Beispiel an einem Schreibtisch sitzen und arbeiten. Diese hochauflösenden Bewegungsmelder wurden als Präsenzmelder bezeichnet. Die Anzahl der Schaltzonen, also die Bereiche, zwischen denen die Bewegungen stattfinden müssen, um überhaupt vom Passiv-Infrarot-Melder erkannt zu werden, bestimmt die Erfassungsgüte eines Melders. Da Bewegungen nur relativ grob erkannt werden können, haben sie von jeher eine Nachlaufzeit. Nach jeder Bewegungserkennung startet diese Zeitspanne, bevor das Licht abgeschaltet wird. Ohne Nachlaufzeit würde das Licht andauernd ein- und ausgeschaltet werden. Ist die Zeitspanne zu kurz eingestellt, schaltet sich das Licht unerwünscht ab. Ist sie zu lang eingestellt, bleibt das Licht auch bei Abwesenheit von Personen zu lange an und der Spareffekt wird kleiner. Die sehr guten heutigen Präsenzmelder haben eine hohe Auflösung, sind aber dennoch keine echten «Präsenz»-Melder. So wird seit geraumer Zeit nach neuen Technologien gesucht, um dieses Problem zu lösen oder zumindest zu entschärfen.

Erfassungstechnologien

Für die Bewegungsregistrierung in einem Raum stehen heute diverse Technologien zur Verfügung. Welche wann sinnvoll ist, bestimmt sich nach den räumlichen Gegebenheiten und der Erfassungsaufgabe selbst.

Die Passiv-Infrarot-Technologie (PIR) ist der Klassiker unter den Sensortechnologien. Die Technologie war ursprünglich für das Militär entwickelt worden, um die warmen Abgase der feindlichen Panzer erkennen zu können. Als Basistechnologie genutzt, detektieren noch heute fast alle Bewegungsmelder die Infrarotstrahlung des Menschen, also seine Wärmestrahlung. Erkennt der Sensor eine Person in seinem Erfassungsbereich, reagiert er mit einem Schaltsignal. Neben einer hohen Auflösung des Sensors ist auch die Bewegungsrichtung für das Ergebnis von Bedeutung. Bewegungen quer zum Sensor, also tangentiale Bewegungen, werden von PIR-Sensoren besonders gut erfasst, denn hierbei werden mehrere Erfassungszonen durchschritten. Bei radialen Bewegungen direkt auf den Sensor zu verringert sich gewöhnlich die Reichweite der sensorischen Erfassung. Fremde Wärmequellen oder besondere Witterungsbedingungen können das Ergebnis beeinflussen.

Beim Einsatz der Hochfrequenztechnologie (HF) senden die Sensoren elektromagnetische Wellen aus. Nach dem Doppler-Prinzip werden diese Signale von der Umgebung als Echo an den Sensor zurückgeschickt. Verändert eine Bewegung innerhalb des Erfassungsbereichs das Echobild, reagiert der Sensor in Sekundenbruchteilen mit einem Schaltsignal. Die Bewegungsrichtung ist dabei fast unerheblich. Da HF-Wellen Materialien wie Glas, Holz oder Leichtbauwände durchdringen, ist ein verdeckter Einbau hinter einer Deckenabhängung oder der Einsatz zum Beispiel in einem Waschraum möglich. Da für HF-Sensoren jede Bewegung relevant ist, wurden sie ursprünglich nur im Innenbereich eingesetzt. Mit der von Steinel entwickelten intelligenten HF-Technik (iHF) ist auch ein Einsatz im Aussenbereich möglich, denn Regen, sich bewegende Bäume, Laub etc. würden als Bewegung erkannt werden. Eine Signalanalyse stellt dabei sicher, dass nur menschliche Bewegungen erfasst werden. Spezielle Filter vermeiden ausserdem die Registrierung von Störfaktoren wie Regentropfen, Blätter oder Insekten.

Ultraschall-Sensoren arbeiten wie HF-Sensoren als aktives System und sind äusserst sensibel. Der Sensor sendet Ultraschallwellen mit einer für das menschliche Ohr nicht hörbaren Frequenz von 40 kHz aus. Die Signalauswertung erfolgt ebenfalls nach dem Doppler-Prinzip. Verändert sich das Echo durch die Bewegung einer im Raum anwesenden Person, wird ein Schaltsignal ausgelöst. Da die Ultraschallwellen den ganzen Raum ausfüllen, erfassen sie auch um Objekte wie Raumteiler oder Säulen herum. Der Sensor erkennt somit eine Bewegung, auch wenn kein Sichtkontakt vom Sensor zur Person besteht. Im Gegensatz zur HF-Technik durchdringen Ultraschallwellen dünne Wände nicht. Bewegungsrichtung und Umgebungstemperatur sind für ihr Erfassungsergebnis irrelevant.

Diese drei Technologien haben etwas gemeinsam: Sie sind darauf angewiesen, dass sich eine Person bewegt, damit sie zuverlässig detektiert wird.

Personendetektion ohne Bewegung

Ein anderer Weg für die Erfassung einer Person in einem Raum ist die technische Analyse von Bildern. Die Software des Sensors analysiert ein optisches Bild und sucht dabei nach menschlichen Strukturen. So können stehende oder sitzende Menschen in einem Raum erkannt werden, auch wenn sie sich nicht bewegen. Mittels einer integrierten Bilderkennung werden Informationen zur Personenanzahl und Position in Echtzeit zur Verfügung gestellt. Der grosse Vorteil dieser Technologie liegt weniger in der Steuerung von Licht, als vielmehr in der Nutzung der Information für diverse weitere Anwendungen. So können die Personen im Raum gezählt und die Heizung und Lüftung entsprechend eingestellt werden. Zudem ist es möglich, beispielsweise flexible Arbeitsplätze im Rahmen einer Desk-Sharing-Lösung, die Belegung von Besprechungsräumen oder ein effizientes Aufzugsmanagement zu organisieren. Auch die Optimierung von Warteschlangen in der Kantine oder im Kassenbereich eines Supermarktes ist damit möglich. Die Bildsensorik kann als echter Präsenzmelder im wörtlichen Sinn bezeichnet werden.

100% echte Präsenz

Wenn diese Bildsensorik aus bestimmten Gründen nicht zum Einsatz kommen kann, steht bisher weltweit kein echter Präsenzmelder zur Verfügung. Bei der einfachen Steuerung von Licht mögen die vorhandenen Technologien ausreichen, da eine gewisse Nachlaufzeit tolerierbar ist. Wenn es aber um die Erfassung in Räumen geht, in denen typischerweise wenig bis keine Bewegung stattfindet, sind die heute verbreiteten Technologien allesamt ungeeignet. Ein Infrarot-Präsenzmelder würde beispielsweise die Anwesenheit eines schlafenden Hotelgastes nicht erkennen.

Die Entwicklung der True-Presence-Technologie von Steinel zielt darauf ab, die Anwesenheit einer Person in einem Raum zuverlässig zu erkennen, unabhängig davon, ob sich die Person bewegt, liest oder schläft. Diese Technik verspricht, der erste echte Präsenzmelder zu sein. Zur Erkennung des Menschen wird dabei nicht mehr auf seine Infrarotstrahlung und dessen Bewegung geschaut, sondern auf dessen Vitalfunktionen, wie die sehr feinen Atemsignaturen. Bei Atemsignaturen geht es um das Heben und Senken des Brustkorbs und der Schultern, wenn ein Mensch atmet. Egal, wie wenig sich ein Mensch bewegt, er atmet, auch im Schlaf, bei Klassenarbeiten oder Schreibtischtätigkeiten. Dafür ist eine Technologie nötig, die den Raum hochauflösend abtastet. Dies gelingt mit der erwähnten sehr fein aufgelösten Hochfrequenztechnologie. Hinzu kommt eine Software, die das reflektierte Signal digital auswertet und im Signalstrom typische menschliche Atemsignaturen filtern und erkennen kann. Die Präsenz eines Menschen wird angezeigt, wenn Mikrobewegungen der menschlichen Vitalfunktionen in Form von Atem-Mustern erkannt werden. Unabhängig davon, was die Person gerade tut, reichen die natürlichen Atembewegungen für die Anwesenheitserkennung aus. Nachlaufzeiten sind so überhaupt nicht mehr nötig. Wenn keine Atemsignatur gefunden wurde, dann ist niemand im Raum bzw. im genau einstellbaren Bereich.

True Presence

Neben der eindeutigen Erkennung der Anwesenheit einer Person in einem Raum hat die Technologie den weiteren Vorteil, dass im Verhältnis zur Infrarot-Sensorik bei Bedarf riesige Flächen überwacht werden können, auch aus grossen Höhen. Die True-Presence-KNX-Sensoren steuern wichtige Gebäudefunktionen. Als 360-Grad- Sensoren haben sie im True-Presence-Bereich eine Reichweite von 9 m Durchmesser und decken damit einen Bereich von 64 m2 ab. Bei der herkömmlichen, mit heutigen Präsenzmeldern vergleichbaren Präsenz im Minor-Motion-Bereich beträgt die Reichweite sogar 15 m bei einer Montagehöhe von 2 bis 4 m. Dies entspricht einer Gesamt-Präsenzfläche von 176 m2. Im Vergleich dazu hat der beste heutige Infrarot-Präsenzmelder eine Minor-Motion-Fläche (Armbewegungen reichen hier aus) von 64 m2.

Mit dem Multisensor können zudem weitere Daten wie Helligkeit, Raumtemperatur, Luftfeuchte, Luftdruck, die Konzentration flüchtiger organischer Verbindungen (VOC) sowie der tatsächlich gemessene CO2-Wert erfasst werden. In Kombination mit der Information der echten Präsenz von Personen erschliesst der Präsenzmelder neue Anwendungsbereiche.

Neue Einsatzmöglichkeiten

Die True-Presence-Technologie bietet Lösungen für mehr Effizienz, Gesundheit, Sicherheit und Komfort. Durch die zuverlässige An- und Abwesenheitserfassung ist die energieeffiziente Lichtschaltung und Gebäudesteuerung besonders im Fokus. So lässt sich beispielsweise durch die Technologie in Hotels kostbare Energie einsparen, wenn HLK-Systeme in Räumen in Abhängigkeit von der Nutzung optimal gesteuert werden können.

Basierend auf der Technologie ist auch eine sensorgestützte Steuerung von Abläufen und Prozessen zum Beispiel in einem Hotel realisierbar. Mit der zentralen Information der An- oder Abwesenheit eines Gastes in seinem Zimmer sind ein optimierter Einsatz des Servicepersonals, die Verbesserung der Servicequalität sowie eine bessere Planbarkeit und Hotelauslastung möglich.

Fazit

Bei der True-Presence-Technologie steht künftig nicht mehr allein die Energieeffizienz von Licht und Klimatisierung im Mittelpunkt. Solche Sensoren werden im intelligenten Gebäude der Zukunft neue Aufgaben übernehmen. True Presence ebnet den Weg zu einem tatsächlich intelligenten Gebäude, das Sinnesorgane hat und weiss, was in ihm geschieht. Es lassen sich wiederkehrende Prozesse automatisieren, Nutzbarkeit und Bedienung von Räumen und Einrichtungen erleichtern und eine völlig neue Dimension von Funktion, Flexibilität und Effizienz erreichen.

Autor
Thomas Möller

ist Leiter des Inno­vations­mana­gements und des strate­gischen Marke­tings bei Steinel.

  • Steinel GmbH
    DE-33442 Herzebrock-Clarholz

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