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Die Chancen und Tücken des Leitungsbaus

Leitungsbau-Tagung vom 1. September 2021, Pfäffikon SZ

07.09.2021

Die Leitungsbau-Tagung vom 1. September 2021 wurde mit einem Thema eröffnet, das schon an der letzten Tagung aufmerksam verfolgt wurde: die 380-kV-Salzburgleitung. Sie soll es ermöglichen, den Windstrom vom Osten Österreichs in den Westen zu bringen. Eine zentrale Erkenntnis von Christian Bellina: Sogar wenn alle nötigen Bewilligungen vorliegen, geben sich die Projektgegner nicht geschlagen. Auch Menschen, die weitab der Leitung wohnen, machen sich den Kampf zu einem persönlichen Anliegen. Selbst die Salzburger Festspiele wurden gegen das Projekt instrumentalisiert. Stör- und Sabotageaktionen an den Baustellen intensivierten den Widerstand, und der gestörte Bauablauf führte zu teuren Verzögerungen.

 

Neu an der Tagung war das Thema Naturschutz. Michael Schärer, Sek­tions­chef Gewässerschutz, erklärte die Bedeutung des Grundwassers und wie es geschützt werden kann. Der Grund­wasser­schutz soll bei Bauprojekten von vornherein berücksichtigt werden, denn sonst kann eine dezentrale Trink­wasser­versorgung langfristig nicht gesichert werden. Dass die Störche um 1950 in der Schweiz hauptsächlich wegen Strommasten und Leitungen ausgestorben sind, erläuterte Peter Enggist, Geschäfts­führer von Storch Schweiz. Er stellte Produkte vor, die die Masten für Störche sicher machen. Der Storchenbestand ist wieder kontinuierlich gestiegen – auf rund 800 Brutpaare.

Lorenzo Arizzoli-Bulato und Jaël Keller von EWZ stellten ein Verfahren zur drohnen­unter­stützten Inspektion von Masten vor. Die Zustands­bestimmung wird dadurch zuverlässiger, denn auto­matisierte Drohnen können jedes Jahr an den gleichen Stellen Fotos machen. Man erkennt auch Schäden, die vom Boden nicht sichtbar sind. Heute werden die Bilder manuell ausgewertet, aber künftig soll dies mit künstlicher Intelligenz geschehen.

Walter Holaus, Hivoduct, stellte druckluft­isolierte Kabel für die Primärtechnik vor. Das Wichtigste ist das schlanke Ringflansch-Design ohne Guss- oder Schweissprozess. Es kann den Grössen-Nachteil der Druckluft im Vergleich mit SF6 kompensieren. Die Kabel eignen sich besonders für den strecken­weisen Freileitungsersatz.

André Kübler schilderte die Durch­führung der Zielnetz­planung im MS-Bereich bei CKW, die durch den Zubau von PV-Anlagen und die Auto­matisierung von Trafo­stationen nötig wurde. Von den rund 3000 Trafostationen ist heute etwa ein Dutzend automatisiert. Der Kostendruck auf Netzbetreiber steigt und erfordert eine möglichst preisgünstige Netzauslegung.

Ein von BKW entwickeltes Tool, das Trassenkosten automatisiert ermittelt, stellte der Datenforscher David Thöni vor. Felix Fryba zeigte auf, wie BIM im Leitungsbau eingesetzt wird. Ein digitaler Zwilling wird geschaffen, der während der ganzen Lebensdauer genutzt werden kann. Anhand der Teilver­kabelung der 16-kV-Leitung Mühleberg-Eymatt demonstrierte er, wie das Projekt in BIM aussieht.

Moderiert wurde die spannende und praxisnahe Tagung von Kurt Kriesi, dem Leiter HS-Leitungsbau bei BKW.

Im Anschluss an die Tagung wurde Werner Gander, Leiter der Sektion Elektrizitäts- und Wasserrecht beim Bundesamt für Energie (BFE) geehrt. Die Laudatio hielt im Namen von Electrosuisse und des TK11 Jürg Morgenegg. 

Werner Gander hat in den letzten 35 Jahren den Schweizer Leitungsbau mitgeprägt, mitgeführt und mitgelebt. Sein Engagement erkennt man auch daran, dass er an seinem ersten Tag im Ruhestand an der Leitungsbautagung teilnahm. Durch seine besonnene, ruhige Art hat er massgeblichen Anteil an der aktuellen Gesetzgebung im Leitungsbau. Er hat die Bewilligungsverfahren etlicher Leitungen des Schweizer Höchstspannungsnetzes geführt. Als Dank für seinen jahrelangen Einsatz und seine Geduld mit den Leitungsplanern erhielt er vom TK11 eine Wappenscheibe, die den gesamtschweizerisch bekannten Leitungsbauorden repräsentiert.

Autor
Radomír Novotný

ist Chefredaktor des Bulletins Electrosuisse.

  • Electrosuisse
    8320 Fehraltorf

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