Verband CES

Der Rundfunk ist in Bewegung

Einblicke in das IEC TC 100

11.05.2021

Das Technische Komitee IEC TC 100 – Audio, video and multimedia systems and equipment – ist aktuell in zwölf Themenbereiche, den Technical Areas, gegliedert, die sich weitgehend mit dem Bereich der Multimedia beschäftigen. Ein Thema, das uns im Alltag zu Hause oder im Auto, in Form der Sender- und Programminforma­tions­anzeige begleitet und das im Aufgabengebiet der TC 100 liegt, ist das Radio Data System RDS, das die Übermittlung von digitalen Zusatzinformationen beim analogen UKW-Rundfunk ermöglicht.

Die RDS-Norm wird weiterentwickelt

Obwohl das RDS-Forum im Jahr 2020 wegen der Coronapandemie nicht wie sonst üblich in Glion bei Montreux tagen konnte, ging die Weiterentwicklung der RDS-Norm im IEC TC 100 weiter.

Die RDS-Norm «IEC 62106» besteht seit 2018 aus mehreren Teilen. Bisher wurden sechs Teile veröffentlicht, und inzwischen wurde Teil 2 mit einer neuen Spezifikation für das «RDS2 File Transfer Protokoll» RFT erweitert. Der erste Entwurf wurde 2020 als Committee Draft for Voting CDV abgestimmt und ohne Änderungswünsche von den IEC-Mitgliedsländern angenommen. Die endgültige Fassung soll nun Anfang 2021 als IEC 62106-2 ED. 2 veröffentlicht werden. Ebenfalls Anfang 2021 wird die endgültige Fassung von IEC 62106-9 folgen. Diese spezifiziert die RDS-Variante «RBDS» für Nordamerika.

Gegen Mitte 2021 folgt dann die endgültige Fassung von IEC 62106-10 (UECP). Dies ist das Übertragungsprotokoll für RDS-En­koder, welches schon länger im RDS-Forum als Spezifikation existierte. Da aber die optionale RDS2-Version seit 2018 zur Erweiterung der RDS-Funktionalität existierte, war eine beträchtliche Erweiterung erforderlich, welche im Jahr 2020/21 zu langen Diskussionen im RDS-Forum führte. Die Schwierigkeit bestand darin, auf der Suche nach einer optimalen Lösung die beste technische Lösung zur sicheren Übertragung von Dateien zum Empfänger anzubieten.

Die neu umstrukturierte RDS-Norm mit RDS2, IEC 62106 Teile 1 bis 6, wurde im Oktober 2018 veröffentlicht. Die geplanten Teile 9 (RBDS) und 10 (UECP) wurden noch 2019 als Committee Draft for Voting CDV dem TC 100 zur Abstimmung eingereicht, mit dem Ziel, dieses Papier 2020 zu veröffentlichen.

Diese Dateien sollen unter anderem Bilder übertragen. Es geht dabei um folgende Anwendungen: Logo des Senders, typisches Bild für einen Programmbeitrag, typische Bilder für Musikbeiträge, welche dann mit der Musik synchronisiert werden können und Slideshow-Bildfrequenzen mit entsprechendem Text, welche den Programminhalt mit nützlichen Zusatz­informationen für den Radiohörer ergänzen sollen.

Alle diese vom RDS-Forum eingeleiteten neuen Entwicklungen sollen dem UKW-Rundfunk neue Möglichkeiten für die Übertragung von begleitenden Zusatzinformationen, auch «Metadata» genannt, dienen. Damit bietet RDS für UKW dann ähnliche Möglichkeiten zur Übertragung von Zusatz­informationen wie DAB+. Ein Grund, UKW durch DAB abzulösen, entfällt dann in gewisser Weise. Leider nicht in der Schweiz, denn das Bakom verfolgt das Ziel, den UKW-Rundfunk durch DAB+ zu ersetzen, weil es ein viel grös­seres Programmangebot ermöglicht.

Der Rundfunk ist in Bewegung

Wenn sich aber der kommerzielle Rundfunk ausschliesslich aus Werbeeinnahmen finanzieren muss, bedeutet das deutlich geringere Werbeeinnahmen für jedes Radioprogramm. Das langfristige Überleben in dieser neuen Radiolandschaft wird somit zu einem viel grösseren Risiko für alle kommerziellen Rundfunkbetreiber. Bisher wurde diese Tatsache ausgeblendet, da ja in der Übergangszeit kräftig subventioniert wurde.

Geplante UKW-Abschaltung in der Schweiz bis 2024

Die totale Abschaltung von UKW in der Schweiz bis spätestens 2024 eröffnet noch ein weiteres Problem. DAB+ ist kein europaweit eingeführtes Radiosystem, und viele Länder schrecken vor einem Umstieg von UKW auf DAB+ wegen der damit verbundenen gewaltigen Kosten zurück, über die man bisher wenig veröffentlicht hat. Vielen europäischen Ländern fehlen diese Mittel und die Motivation, für einen solchen Umstieg so viel Geld auszugeben. Schliesslich wird auf lange Sicht DAB+ durch Internetradio abgelöst werden, besonders dann, wenn die Infrastruktur für die 5G-Strassenversorgung steht.

Sicherheit für Touristen

Ein weiteres Problem, an das man bei der Umstellung hätte denken sollen, ist die Sicherheit für die Autofahrer auf den Strassen. Dafür gibt es normalerweise den Verkehrsfunk, und für die entsprechenden Ansagen auf den RDS-Autoradios die Funktion «TP/TA».

Die SRG hat zwar die gleiche Funktion seit Kurzem auch für DAB+ realisiert, was auf den ersten Blick perfekt zu sein scheint. Aber wie will man dann die vielen Autofahrer aus dem Ausland besonders in der Ferienzeit über Verkehrsprobleme informieren, wenn diese ohne DAB+-Autoradios in die Schweiz kommen? Wie informiert man ohne UKW diese Autofahrer, wenn es beispielsweise zu einem Unfall in einem langen Tunnel kommt?

DAB+ soll erst ab 2021 serienmässig installiert sein

Gemäss einer Direktive der Europä­ischen Union haben erst seit 2021 alle neuen Autos serienmässig auch eine DAB+-Empfangsfunktion im Autoradio eingebaut. Bisher war dies immer noch eine recht teure Option. Problematisch ist, dass man Autos nur mit hohen Kosten für DAB+ nachrüsten kann, da das Autoradio oft in das Armaturenbrett integriert ist. Bei vielen Autos ist es zudem gar nicht möglich, das Radio gegen ein DAB-Modell auszutauschen. Somit müsste man eigentlich noch ziemlich lange warten, bis die entsprechenden UKW-bestückten Autos nicht mehr auf den Strassen anzutreffen sind und man in der Schweiz UKW abschalten könnte, ohne den Autofahrern Probleme zu schaffen. Hat man beim Bundesamt für Kommunikation eigentlich auch daran gedacht?

Die RDS-Technologie wurde im Jahr 1984 von der EBU/UER (European Broadcasting Union, Europäische Rundfunkunion) in Genf spezifiziert. Bereits 1987 waren die ersten Auto­radios mit RDS auf dem europäischen Markt. Drei Jahre später wurde RDS eine europäische Norm und 1999 die heutige IEC-Norm 62106. Diese Technik wird bis heute jedes Jahr in hohen Stückzahlen in fast allen neuen Radiogeräten in Europa und in Nordamerika verwendet. Auch DAB+ verwendet heute schon viele Funktionen, die ursprünglich von RDS stammten.       

Autor
Dietmar Kopitz

ist CEO des RDS-Forums.

  • RDS Forum Office, 1203 Geneva

Im CES-Sekreta­riat kann bei Fragen Kurt Würmli  kontaktiert werden.

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