Fachartikel Erneuerbare Energien

Der Gotthard-Windpark wird Realität

Alpine Stromproduktion

28.09.2020

Der Windpark San Gottardo, der einzige derzeit im Bau befindliche Windpark in der Schweiz, ist sowohl auf nationaler als auch auf kantonaler Ebene ein wichtiger Meilenstein. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme wird er 15% der gesamten Windproduktion in der Schweiz liefern und in der Lage sein, den Strombedarf aller Haushalte im Leventina-Tal abzudecken.

Nach einer langen Planungs- und Bewilligungsphase genügten zwei Sommer intensiver Bautätigkeit auf der Passhöhe des Gotthardpasses, um die fünf Windkraftanlagen des Windparks San Gottardo fertigzustellen. Die Inbetriebnahme ist für November 2020 geplant. Das Management der Baustelle war mit zahlreichen logistischen und organisatorischen Herausforderungen konfrontiert. Eine gute Planung und die entsprechenden Massnahmen ermöglichten, die verschiedenen Bauphasen termingerecht abzuschliessen. Der Abschluss des gesamten Projekts ist für den Herbst 2021 vorgesehen, wenn die Umgebung um die Windanlagen wieder praktisch in den ursprünglichen natürlichen Zustand gebracht wird.

Die Anlagen

Der Windpark besteht aus fünf Enercon-Windkraftanlagen vom Typ E92 mit einer Nennleistung von jeweils 2,35 MW. Die jährliche Produktion soll insgesamt zwischen 16 und 20 GWh liegen. Die Nabenhöhe der Windanlagen beträgt 98 m, die Rotoren verfügen über einen Durchmesser von 92 m und sind mit beheizbaren Flügeln ausgestattet, deren Neigung automatisch eingestellt wird. Die Anlagen sind speziell für den Betrieb im Hochgebirge ausgelegt und eignen sich für die Betriebsbedingungen auf 2130 Meter über Meer.

Die Arbeiten am Windpark waren darauf angewiesen, dass der Pass geöffnet war. Es stand somit nur der Zeitraum von Juni bis Oktober zur Verfügung. Im Jahr 2019 wurden die wichtigsten Tiefbauarbeiten abgeschlossen: die Fundamente, die Zufahrtsstrassen zu den Fundamenten mit den zugehörigen Ausweichstellen für den Transport und die Montage der Komponenten der Generatoren sowie die Trassen für die Verlegung der Netzanschlusskabel. Die Aushubarbeiten, die Armierung und das Giessen der fünf Fundamente mit einem Durchmesser von jeweils 15 m und einer Tiefe von 3 m (Gesamtgewicht 700 t) erfolgten schrittweise während des ganzen Sommers und Anfang des Herbstes, und wurden Ende Oktober vor der Winterpause abgeschlossen.

Das Jahr 2020 war anschliessend der Montage der Windanlagen gewidmet. Zunächst wurde ab Mitte Mai der erste, 75 m hohe Abschnitt der fünf Türme aus halbkreisförmigen vorgefertigten Betonelementen erstellt und befestigt. Der Endteil des Stahlturms, der Korb, der Generator, die Nabe und die Flügel wurden ab August mit einem speziellen, 150 m hohen Kran gehoben. Zwischen den beiden Zeiträumen wurde der Netzanschluss der einzelnen Windanlagen vorbereitet. Die verschiedenen Phasen der Montage wurden von zahlreichen spezialisierten Teams durchgeführt. Diese arbeiteten dabei an zwei oder mehr Windanlagen gleichzeitig, wodurch die Bauzeiten verkürzt werden konnten. Eine besondere Herausforderung stellte der Transport der Komponenten der Windanlagen dar, der vom Norden durch den Gotthardtunnel und dann entlang der Strasse von Airolo zum Pass führte. Die 15 Flügel mit einer Länge von 44 m und einem Gewicht von jeweils 9,7 t wurden mit einem speziellen Anhänger, der mit einem ferngesteuerten Mechanismus ausgestattet war, mit dem die Flügel bewegt und gekippt werden konnten, von Motto Bartola über die ganze Strecke durch die Haarnadelkurven und Tunnel der Passstrasse geführt.

Ende August waren die ersten beiden Windanlagen fertig und betriebsbereit. Der gesamte Windpark wird vor der Winterschliessung des Passes in Betrieb genommen.

Das Projekt

Die Anlage wird von der Gesellschaft Parco eolico del San Gottardo SA gebaut, die zu 70% der Azienda elettrica Ticinese (AET), zu 25% den SIG (Services industriels de Genève) und zu 5% der Gemeinde Airolo gehört. Die Investitionskosten betragen insgesamt rund 32 Mio. CHF.

Das im Jahre 2002 erstmals eingereichte Projekt erhielt 2018 nach einem von zahlreichen Einsprachen geprägten Verfahren die Baubewilligung. Gemäss dem Schweizer Windkonzept des Bundes war der Gotthard 2004 der einzige Tessiner Standort, an dem ein Windpark erstellt werden kann.

Die Region weist in der Tat die drei Voraussetzungen auf, die als unerlässlich für den Bau eines solchen Werks gelten: ein hohes Windaufkommen, geeignete Strassen und die für den Anschluss ans Stromnetz erforderliche elektrische Infrastruktur.

Im Laufe des Genehmigungsprozesses wurden verschiedene Varianten analysiert, die es ermöglicht haben, nicht nur unter technologischen Gesichtspunkten, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der Integration und der Umweltauswirkungen optimale Lösungen zu finden. Der Windpark San Gottardo wird der erste Windpark in der Schweiz sein, der mit speziellen Radargeräten ausgestattet ist, mit denen Zugvögel und Fledermäuse erkannt werden können, um die Flügel entsprechend einzustellen. Der Bau des Windparks wird auch von einer Reihe von Ausgleichsmassnahmen begleitet, einschliesslich der Erdverlegung einiger Freileitungen, die es ermöglicht, einen Teil der Passlandschaft neu zu gestalten.

Autor
Pietro Jolli

ist Kommuni­kations­verant­wort­licher der Azienda Elettrica Ticinese.

  • AET, 6513 Monte Carasso

Kommentare

Urs Giger,

Wie kann man nur 19 Jahre ein so tolles Projekt verhindern???

Endlich sehen alle Gegner beim Überfahren eines unserer wichtigsten Alpenpässe, dass Windturbinen nicht beissen.

Eduard Keller,

Von einem tollen Projekt kann nicht gesprochen werden. Green Washing in Reinkultur. Ohne massive Subventionen geht sowas nicht. Nur die Hersteller profitieren. Rückbau absehbar.

Walther,

Liefert aber an 80 - 100 Tagen/Jahr Strom, wobei im Winter viel zur Heizung der Rotoren verwendet werden muss.

Hans Lang,

Mich würde interessieren, wie viel Energie nun die Flügelheizung braucht?
Und eben wie ist die Kostenrechnung. Wie viel Subventionen braucht es da pro kWh produzierter Energie, und für den Bau der ganze Anlage?
Die 5 Anlagen sind da sicher in einem guten Windbereich.
Dies sind wichtige Fragen für geplante Mittelland-Anlagen, wo es sehr gute Argumente braucht.

Bitte rechnen Sie 6 plus 8.