Den Zubau erneuerbarer Energien beschleunigen
Energien-der-Zukuft-Tagung vom 14. Mai 2019 in Dietikon
Zentrale Fragen einer nachhaltigen Energiezukunft wurden an der Tagung «Energien der Zukunft» am 14. Mai 2019 in Dietikon gestellt. Es ging dabei nicht nur um die Energieerzeugung, sondern um das Gesamtbild: um die Balance zwischen nachhaltiger Stromerzeugung und dem Verbrauch, der durch die Verlagerung von fossilen Energieträgern zur Elektrizität ansteigt.
In seinen einleitenden Gedanken skizzierte Franz Baumgartner, Professor für Erneuerbare Energien an der ZHAW, zunächst die wichtigsten Gründe für die Transformation: den heute messbaren Klimawandel, begrenzte Vorräte und Katastrophen. Elektrizität sei zwar die Lösung, aber nur, wenn sie erneuerbar ist. Das Positive ist, dass in den letzten zehn Jahren viel passiert sei. Beispielsweise wurde die Photovoltaik deutlich preisgünstiger.
Globale Perspektive
Im ersten Referat ging der Experte der Europäischen Kommission Arnulf Jäger-Waldau auf die Forschungssituation im Energiebereich aus einer globalen Perspektive ein. Er erläuterte, warum es notwendig ist, ein CO2-freies Elektrizitätssystem anzustreben, das einen hohen Anteil an Solarstrom aufweist. Im Schnitt müsste man in Europa für ein komplett erneuerbares Energiesystem 62% PV haben (2050). Da die PV-Kosten sinken – eine MWh Solarenergie ist von 350 auf 50 Euro gesunken –, sei Solarstrom in vielen Gegenden die günstigste Stromerzeugungsart. Zudem ist die Installationsfläche nur an wenigen Orten limitiert. Beim Ausbau sollte man diversifiziert denken: Auch synthetische Treibstoffe und Speicher sollten eingesetzt werden. Sein Appell: «Wir müssen handeln, denn beim business as usual kommen wir auf 4,2°C Temperaturerhöhung.»
Dann wurde es lokaler. Franz Baumgartner ging auf die Prognose für die Schweiz bezüglich des Zubaus der erneuerbaren Stromerzeugung und der Entwicklung des Verbrauchs ein. Baumgartner betonte: «Die Herausforderung ist der schnelle Aufbau. Wenn wir nicht schnell genug sind, wird vielleicht ein Gaskraftwerk gebaut.» Er begrüsst eine breite Aufstellung des Energiesystems, wobei der heutige, ökonomisch getriebene Fokus auf den Eigenverbrauch nicht optimal ist. Im Haushaltsbereich wird die Elektrizität den fossilen Energieträgern bald den Rang ablaufen. Der Verkehrssektor konnte hingegen den CO2-Ausstoss nicht senken. Der zusätzliche Strombedarf für Wärmepumpen und Elektromobilität muss aber durch erneuerbaren Strom ausgeglichen werden. Diese Dringlichkeit für den Zubau ist aber noch zu wenig verbreitet.
Die solaren Herausforderungen
Noah Heynen, Geschäftsführer von Helion, dem grössten Schweizer PV-Unternehmen, ging auf die praktischen Seiten der PV ein: auf die Faktoren, die den Zubau in der Schweiz begrenzen. Und auf die Situation der PV-Branche: «Eine Umfrage unter rund 100 PV-Installationsfirmen hat ergeben, dass über 40% der Firmen in den letzten vier Jahren kumuliert Verlust gemacht haben. Die Margen in den zwei Bereichen Residential und Industrial sind bei Kleinanlagen 2016 von 38% auf 29% gesunken.» Bei Grossanlagen hat man generell tiefere Margen, heute liegen sie bei 13%. Die Gründe für diese Problematik sind vielfältig. Grosse Firmen mit langfristigen Strategien können beispielsweise kurzfristig hohe Verluste aushalten, und machen so den kleineren Firmen das Leben schwer.
Früher waren Käufer technisch motiviert, heute wollen sie Emotionen und Sicherheit. 40% installieren PV aus wirtschaftlichen Gründen, 30% aus ökologischen und 30% sind durch Unabhängigkeit und Lifestyle motiviert. Heynen beklagte den administrativen Aufwand bei PV-Projekten, für den ein Projektleiter im Schnitt 21 h braucht, etwa halb so viel wie für die eigentliche Installation. Dies entspricht rund 10% der Anlagenkosten. Er fordert deshalb eine Reduktion des administrativen Aufwands und eine Stabilisierung der Rahmenbedingungen.
Der Geschäftsleiter von Swissolar, David Stickelberger, ging auf die solare Einstrahlung ein, die unsere energetischen Bedürfnisse problemlos abdecken könnte. Das Potenzial der Solarenergie auf den Dächern und Fassaden der Schweiz liegt bei 66,3 TWh. Mittelfristig sollte knapp die Hälfte realisierbar sein. Berücksichtigt man auch Parkplätze, alpine Regionen usw., liegt man noch rund 15 TWh höher.
Windkraft
Dann wechselte man zur Windenergie. Daniel Clauss des EW Schaffhausen stellte die Frage, ob es vernünftig ist, in die Wind-Infrastruktur zu investieren. Seine Antwort: «Ja, denn Energieinfrastruktur liefert mehr Rendite als der Durchschnitt der Pensionskassen-Performance.» Zudem hält man die Wertschöpfung im Inland. Aus technischer Sicht ergänzen sich Sonne und Wind gut. Clauss erläuterte schliesslich die Hürden der Schweizer Bewilligungsprozesse, die Investoren abschrecken.
Weitere Vorträge befassten sich mit erneuerbaren Energien wie der Biomasse und der Geothermie. Auch auf Wärmepumpen zur Wärmebereitstellung in Gebäuden und auf die Elektromobilität wurde detailliert eingegangen. Ein Vortrag zu Optimierungen bei der Sektorkopplung durch Simulationen rundete die inspirierende, ausgewogene Tagung ab.
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