Buch: Verkehr(t)
Der mobile Mensch am Limit
Im Zuge der Energiewende und des Bestrebens, den Klimawandel zu bremsen, rückt auch das Thema Mobilität in den Fokus der öffentlichen Debatte. Dieses Buch betrachtet das Thema aus ganzheitlicher Sicht vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Situation.
Zunächst wird ein grosser historischer Bogen gespannt, um aufzuzeigen, wie eng der Verkehr mit gesellschaftlichen Entwicklungen verwoben ist – wie Technologien aufgekommen sind und sie ihrerseits die Gesellschaft prägten. Jahrtausende lang konnte die Menschheit ihre Verkehrsbedürfnisse nahezu nachhaltig abdecken. Praktisch die gesamte Erde wurde ohne Einsatz von Erdöl oder Kohle erschlossen. Aber schon damals gab es Innovationen, wobei sich diese auf den Einsatz des Rades und der Optimierung der Verkehrswege beschränkten. Dann kam die Neuzeit und mit ihr die industrielle Revolution – mit der Eisenbahn, die die Entwicklungen in Fahrt brachte. Die effiziente Förderung fossiler Energieträger rückte das Automobil ins Zentrum, und die individuelle Freiheit wurde als höchster Wert propagiert. Diese neue Freiheit entpuppte sich jedoch als trügerisch, denn sie brachte eine Abhängigkeit vom Auto und vom Erdöl mit sich, mit den bekannten Umweltauswirkungen.
Heute findet kontinuierlich ein Kulturwandel statt: Während das Benzinauto aus ökologischen Gründen sein positives Image verliert, wird das Elektroauto immer beliebter. Durch den Einsatz erneuerbarer Energien bewegt man sich in Richtung Nachhaltigkeit.
Wer an dieser Stelle bereits Licht am Ende des Tunnels bezüglich nachhaltiger Mobilität erwartet, wird von der Lektüre enttäuscht, denn sie macht deutlich, dass eine technologische Umstellung der Fahrzeugantriebe allein nicht ausreicht, um das Problem zu lösen. Es braucht eine Änderung des Mobilitätsverhaltens an sich. Um dieses Verhalten besser zu verstehen, werden drei Trends detailliert untersucht: Differenzierung, Individualisierung und Globalisierung. Dabei wird nicht nur der Individualverkehr, sondern alle Arten des Transports – inklusive der Güter – berücksichtigt. Es wäre in diesem Kontext noch interessant zu erfahren gewesen, ob die Digitalisierung den Bedarf an physischer Mobilität, beispielsweise durch Online-Meetings statt Interkontinentalflügen, reduziert.
Ein vielseitiges Buch, das auch den unangenehmen Mobilitätsfragen nicht ausweicht und Lösungsansätze skizziert, die gesellschaftliche Veränderungen erfordern. Ein klares Plädoyer dafür, Nachhaltigkeitsbestrebungen nicht nur mit technologischen Innovationen erreichen zu wollen.
Oliver Schwedes, Springer Verlag, Hardback, 152 Seiten, ISBN 978-3-658-28369-8 , CHF 42.–.