Buch: Energie-Weltatlas
Transformation des Energiesystems in globaler Perspektive
Fachleute, die das Energiesystem nachhaltiger gestalten wollen, sind mit den Möglichkeiten und Potenzialen der regionalen oder nationalen Situation vertraut, manchmal auch mit denen des eigenen Kontinents. Wie die Sache in entfernteren Ländern oder auf anderen Kontinenten aussieht, ist weniger bekannt. Dabei dürfte ein Blick in die Ferne auch die eigene Perspektive bereichern und schärfen. Dieser Weltatlas bietet eine gute Gelegenheit für eine solche Auseinandersetzung mit anderen Staaten und ihren spezifischen Ansätzen zur Umsetzung der Energiewende, die sich teilweise deutlich unterscheiden, obwohl praktisch alle das gleiche Ziel, nämlich die Dekarbonisierung, verfolgen.
Dieses klar strukturierte Buch präsentiert die zentralen Informationen zu den nationalen Energiesystemen in einem ausgewogenen Mix aus Text, Grafiken und Tabellen. Wichtige Kennzahlen werden ergänzt durch Grafiken zur Rohstoffgewinnung und Angaben zum Energie- und Strommix. Zudem werden natürliche Standortpotenziale für Wind- und Sonnenenergie kartografisch präsentiert.
Das Buch konzentriert sich auf 35 Staaten, die aus verschiedenen Gründen spannend oder informativ sind. Nebst den Big Playern wie China, USA oder Russland sind auch kleinere Staaten wie Island, die Türkei und Nigeria vertreten. Es macht klar, dass die geologischen Voraussetzungen, historischen Entwicklungen und energiepolitischen Bestrebungen äusserst unterschiedlich sein können. Die Vielfalt ist bemerkenswert.
Während in Argentinien das Erdgas dominiert, ist es in Brasilien die Wasserkraft, in Australien die Kohle und in Frankreich die Kernkraft (global gesehen sind die Vereinigten Staaten bezüglich nuklearer Stromerzeugung mit Abstand führend). Das komplett erneuerbar versorgte Island führt in Sachen Geothermie. Spitzenreiter beim Ausbau der erneuerbaren Energien ist China – aber leider nicht nur in dieser Hinsicht, sondern ebenfalls bezüglich dem steigenden CO2-Ausstoss.
Interessant sind aber nicht nur die aktuellen Situationen, sondern auch die geschichtlichen Entwicklungen. Beispielsweise war Italien Anfang der 1960er-Jahre weltweit das dritte Land, das auf die Kernenergienutzung setzte – bis 1986 der Reaktorunfall von Tschernobyl ein Umdenken einleitete, das rasch zum Ausstieg aus der Kernkraft führte.
Dem Buch gelingt es, die Kerndaten der Energiesysteme zahlreicher exemplarischer Staaten übersichtlich und detailliert zu präsentieren, wobei die historischen Erläuterungen besonders wertvoll sind.
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