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Buch: Der Stromzähler

Elektrische Energie als Konsumgut, 1880–1950

12.07.2023

In der Technikgeschichte fristeten Stromzähler bisher ein Schattendasein. Im Rampenlicht standen als Forschungsobjekte andere elektrotechnische Komponenten. Dieses Ungleichgewicht in der Geschichtsschreibung will nun dieses als 29. Band in der Reihe «Interferenzen» im Chronos-Verlag erschienene Buch beheben.

Zunächst wird die Situation erläutert, als es noch keine Stromzähler gab: Monatliche Pauschaltarife wurden bezahlt, um eine vertraglich vereinbarte Anzahl Glühbirnen eine gewisse Zeit lang leuchten zu lassen. Die Beleuchtung war ja ursprünglich auch das primäre Einsatzgebiet der Elektrizität. Auch das erhebliche Missbrauchs­potenzial wird beschrieben, inklusive der Verwendung von Adaptern, die in die Lampenfassungen eingeschraubt wurden, um Lichtstrom für Geräte wie Bügeleisen verwenden zu können. Der Lichtstrom war nämlich billiger als der für Geräte vorgesehene Kraftstrom.

Es gab auch Vorrichtungen, um übermässigen Stromverbrauch zu verhindern, beispielsweise Strombegrenzer, die kurz ein flackerndes Licht erzeugten, um Kunden auf die bevorstehende Abschaltung aufmerksam zu machen, sollte der Stromverbrauch nicht rasch reduziert werden (versehentlich gibt das Buch an, dass dies bei Überspannung statt bei Überstrom stattfand). Diese Situation mit Pauschaltarifen war auf die Länge aber nicht zufriedenstellend, und man suchte nach Wegen, um die elektrische Energie quantifizieren zu können. Der auf der Elektrolyse basierende Stromzähler von Edison wird erläutert. Da er umständlich und ungenau war, wurden auch andere Verfahren erprobt. Schliesslich setzte sich das exakte und robuste Messverfahren von Galileo Ferraris durch – die elektromechanischen Zähler mit der drehenden Metallscheibe, die jahrzehntelang die Zählerwelt dominierten.

Das Buch schildert auch den Weg dieser Zähler via das Electrotechnische Institut Theiler & Co. zu Landis & Gyr nach Zug. Dieser Weg ist geprägt von Rationalisierungsbestrebungen, Qualitätssteigerungen und geschäftsfördernden Aktionen wie Absprachen und Kartelle. Auch die Marketingseite wird erläutert, denn das Vertrauen der Elektrizitätswerke und der Kunden musste zunächst gewonnen werden. Nach rund einem halben Jahrhundert verschwanden die Zähler dann schrittweise vom Wohnungseingang in den Keller.

Das Buch liefert aus mehreren Per­spektiven wertvolle und unterhaltsame Einblicke in die Zeit, als die Elektrizität «wägbar» gemacht und eine Schweizer Firma damit gross wurde, wobei die menschlichen Seiten der prägenden Gestalten nicht ausgeblendet werden. Eine gelungene Sache.

Jonas Schädler, Chronos Verlag, Hardback, 235 Seiten,
ISBN  978-3-0340-1721-3, CHF 33.–.
Autor
Radomír Novotný

ist Chefredaktor des Bulletins Electrosuisse.

  • Electrosuisse
    8320 Fehraltorf

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