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Buch: An den Grenzen der Berechenbarkeit

Supercomputing in Stuttgart

11.06.2021

Mit den 19,5 PFlops des Hawk-Superrechners stand Stuttgart im November 2020 bezüglich Rechenleistung an dritter Stelle der schnellsten deutschen Computer, europaweit an fünfter und weltweit an sechzehnter. Zum Vergleich: Der in Lugano installierte Piz-Daint-Rechner des CSCS brachte es damals auf den zwölften Platz. Global spielt also das auf Computational Fluid Dynamics spezialisierte Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart in der Top-Liga mit. Es ist aber nicht nur die Rechenleistung, die das Rechenzentrum interessant macht, sondern auch dessen Geschichte, die sich über ein halbes Jahrhundert spannt, und die in diesem Buch präsentiert wird. Nebst der technischen Seite, den Rechnern und ihren Anwendungen, werden auch die politische Situation, die Interessen wissenschaftlicher Disziplinen und die Konkurrenz bzw. Kooperation mit anderen Rechenzentren thematisiert.

Bei der Lektüre wird klar, dass diese Geschichte nicht linear verlief, sondern von Krisen, Konflikten und Neuanfängen geprägt war. Das Buch teilt diese komplexe Geschichte in vier Abschnitte auf. Jeder Abschnitt zeichnet sich dadurch aus, dass in der jeweiligen Zeit die Verhältnisse zwischen den Rechnern, dem Personal, den Gebäuden und den Anwendern mit organisatorischen, wissenschaftspolitischen und technischen Strategien neu geordnet wurden.

Der erste Abschnitt befasst sich mit der Anfangszeit ab 1972, in der die Zentralität des Angebots noch umstritten war. Der zweite Abschnitt war geprägt von der spektakulären Inbetriebnahme des ersten Cray-2 in Europa. Er kulminierte 1996 in der Gründung des Bundes-Höchstleistungsrechenzentrums der Universität Stuttgart, HLRS, mit dem Auftrag, Rechenleistung für die gesamte Bundesrepublik zur Verfügung zu stellen. Dies stabilisierte die prekäre finanzielle Situation.

Im dritten Abschnitt stand der Verbund heterogener Computer-Architekturen im Fokus, im vierten dann die Nutzer, zu denen man durch neue Schulungsprogramme eine intensivere Beziehung pflegte. Neuartige Rechnerarchitekturen und steigende Stromkosten werden auch künftig dafür sorgen, dass diese Geschichte noch weitergehen wird.

Den Autoren gelingt es, aus den ineinander verzahnten wissenschaftlichen, technischen, ökonomischen und politischen Aspekten der Bereitstellung des Supercomputings in Stuttgart ein plausibles Gesamtbild mit überraschenden Momenten zu weben.

David Gugerli, Ricky Wichum, Chronos Verlag, gebunden, 166 Seiten, ISBN 978-3-0340-1620-9, CHF 34.–.

Autor
Radomír Novotný

ist Chefredaktor des Bulletins Electrosuisse.

  • Electrosuisse
    8320 Fehraltorf

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