Breit abgestützte Erfahrung wird genutzt
Überarbeitung des Netzelektriker-Berufsabschlusses in der höheren Berufsbildung
Die Trägerschaft Berufsbildung Netzelektriker/in überarbeitet ihre beiden Berufsabschlüsse in der höheren Berufsbildung. Gleichzeitig unterzieht sie die Grundbildung der Fünf-Jahres-Überprüfung.
Seit 2014 können angehende Netzelektrikerinnen und Netzelektriker bei ihrer Lehre einen von drei Schwerpunkten wählen: Energie, Telekommunikation oder Fahrleitungen. Die Abschlüsse in der höheren Berufsbildung beschränken sich zurzeit noch auf die Fachrichtung Energie. Ein Projektteam der Trägerschaft erarbeitet nun gemeinsam eine neue Prüfungsordnung und Wegleitung für die Berufsprüfung für Netzfachleute und die höhere Fachprüfung für Netzelektrikermeisterinnen und -meister. Für die externe Projektleitung und die methodische Begleitung holte sich die Trägerschaft die Unterstützung des Eidgenössischen Hochschulinstituts für Berufsbildung (EHB). Dieses ist auf die Begleitung von Trägerschaften bei der Berufsentwicklung spezialisiert.
Der Start zur Reform der höheren Berufsbildung Netzelektriker erfolgte Ende Oktober 2017. Unter der Gesamtprojektleitung von Andreas Degen, VSE, und der externen Projektleitung durch Rolf Felser, unterstützt durch Karin Heiz und Eveline Krähenbühl vom EHB, sammelten und beschrieben 25 Vertreterinnen und Vertreter der Bereiche Energie, Telekommunikation und Fahrleitungen die beruflichen Situationen von Netzfachleuten sowie
Netzelektrikermeisterinnen und -meistern. Die Resultate wurden in verschiedenen Workshops von Fachleuten aus der Branche überprüft und zu Handlungskompetenzbereichen gruppiert.
Übersicht der Handlungskompetenzen
Damit lag ein erster Entwurf der Übersicht der Handlungskompetenzen für die beiden Abschlüsse vor. Um Veränderungen, die sich in den nächsten Jahren abzeichnen, zu berücksichtigen, wurden diese in einem speziellen Workshop erarbeitet und eingearbeitet. Dazu gehören zum Beispiel die zunehmende Bedeutung des Smart Metering, die Digitalisierung der Geschäftsprozesse oder die Berücksichtigung dezentraler Einspeisungen, Speicher und Ladestationen. Auf der Basis der Ergebnisse aus den verschiedenen Workshops wurden entsprechende Qualifikationsprofile erarbeitetet. Anschliessend wurden diese Qualifikationsprofile den Branchen bis Mitte Juni 2018 in Vernehmlassung gegeben. Gut 200 Rückmeldungen sind zu den Qualifikationsprofilen eingegangen. Die Fachpersonen in den Arbeitsgruppen werden diese nun diskutieren, beurteilen und gegebenenfalls in die Qualifikationsprofile einarbeiten.
Ziel ist, die Qualifikationsprofile per Ende August 2018 beim Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) zur Prüfung und Genehmigung einzureichen, um anschliessend mit der Ausarbeitung der Prüfungsordnungen und Wegleitungen beginnen zu können. Bei dieser Ausarbeitung entscheidet sich, ob es künftig Schwerpunkte oder Fachrichtungen geben wird und ob es weiterhin bei der klassischen Gesamtprüfung bleibt oder ob es einzelne Modulprüfungen geben wird. Alle diese Formen haben ihre Vor- und Nachteile, welche die Projektsteuerung sorgfältig abwägen muss.
Die zukünftigen Qualifikationsprofile werden gemeinsame Teile aus den Bereichen Energie, Telekommunikation und Fahrleitungen, aber auch fachspezifische Kompetenzen enthalten. Die neuen Prüfungsordnungen und Wegleitungen sollen bis Januar 2021 genehmigt durch das SBFI vorliegen. Anschliessend erfolgt der Aufbau der neuen Ausbildungen und Lehrmittel.
Bildungserlasse werden überarbeitet
Veränderungen stehen auch in der beruflichen Grundbildung «Netzelektrikerin/Netzelektriker mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ)» an. Die Trägerschaft Berufsbildung Netzelektriker/in überarbeitet die aktuellen Bildungserlasse. Diese waren am 30. Mai 2013 in Kraft getreten und führen die Schwerpunkte Energie (bisher), Telekommunikation und Fahrleitungen.
In der Zwischenzeit zeigten sich Mängel in diesen Bildungserlassen und in deren Umsetzung. «Viele erachten die Anzahl Bildungsziele als zu hoch für die dreijährige Ausbildungsdauer», sagt Toni Biser, Sekretär der Trägerschaft. Immer wieder beklagen sich Berufsbildnerinnen und -bildner auch darüber, dass nicht alle Leistungsziele in ihren Betrieben umsetzbar sind. Insbesondere wenn es sich um Tätigkeiten handelt, die im Lehrbetrieb nicht ausgeführt werden, wie zum Beispiel Leistungsziele aus einem anderen Schwerpunkt. Auch das Qualifikationsverfahren soll vereinfacht werden.
Im Bereich Umsetzung überprüft die Trägerschaft die Anpassung des Rahmenlehrplans für die Berufsfachschule, die Schaffung eines gemeinsamen Lehrmittels für die Berufskunde sowie die Dokumente für die überbetrieblichen Kurse.
Auftraggeber für die «Fünf-Jahres-Überprüfung», wie der Projekttitel offiziell heisst, ist die Trägerschaft Berufsbildung Netzelektrikerin/Netzelektriker. Zur Steuerung und zum Controlling des Projekts setzt sie eine Projektsteuerungsgruppe ein, die sich aus je einer Vertretung der jeweiligen Verbände und der Kommission Berufsentwicklung und Qualität Netzelektriker/in zusammensetzt.
Alle Beteiligten bringen ihre Erfahrungen ein
Das Vorgehen bei einer Fünf-Jahres-Überprüfung gibt das SBFI vor. Der Prozess startet mit der Erfassung der Erfahrungen und Bedürfnisse der Berufsbildungsverantwortlichen aus der Umsetzung der Bildungserlasse an den drei Lernorten. Die Trägerschaft hat als Methode dafür die Erfahrungstagung in der Grossgruppe gewählt. Vertreterinnen und Vertreter der drei Schwerpunkte, Sprachregionen und Lernorte sowie Prüfungsexpertinnen und -experten, Vertreterinnen und Vertreter der Trägerschaft und ehemalige Lernende werden im November 2018 ihre Erfahrungen mit der Ausbildung diskutieren. Sie werden die Stärken und Schwächen der Ausbildung erfassen und Massnahmen für die Revision definieren. Damit bereiten sie die Entscheidungsgrundlage für die Projektsteuerung vor. Die Ergebnisse der Veranstaltung werden in einem Bericht zuhanden der Projektsteuerung festgehalten.
Parallel dazu führt die Schweizerische Berufsbildungsämterkonferenz bei den Kantonen eine Umfrage zu den Umsetzungserfahrungen der Lehraufsicht und der Prüfungsleitung sowie zu weiteren Themen durch. Anschliessend fasst die Trägerschaft die Ergebnisse der Erfahrungstagung, der Umfrage bei den Kantonen und eines Kurzberichtes des SBFI in einem Überprüfungsbericht mit Empfehlungen zum Handlungsbedarf zuhanden der Projektsteuerung zusammen. Diese legt schliesslich den Handlungsbedarf fest und stellt der Trägerschaft einen entsprechenden Antrag.
Die Erreichung dieses Meilensteines ist auf Mitte 2019 geplant. Die Revision der Bildungserlasse, die Anhörung durch das SBFI und das Erstellen der Umsetzungsdokumente werden je nach Umfang der Revision vier bis fünf Jahre in Anspruch nehmen. Somit starten bei kleinem Anpassungsbedarf die ersten Lernenden ihre Ausbildung nach den neuen Bildungserlassen im Sommer 2022, bei grossem Anpassungsbedarf im Sommer 2023.
Wer ist die BBNE?
Die Trägerschaft Berufsbildung Netzelektriker/in (BBNE) wurde 2009 gebildet und setzt sich zusammen aus dem Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE), der Vereinigung von Firmen für Freileitungs- und Kabelanlagen (VFFK), dem Verband öffentlicher Verkehr (VöV) und dem Schweizerischen Netzinfrastrukturverband für Kommunikation, Energie, Transport und ICT (SNiv).
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