«Betriebe sind sich dessen gar nicht bewusst»
Gefährliche Arbeiten
Unter Berücksichtigung festgelegter Massnahmen dürfen lernende Netzelektriker/-innen schon mit 15 Jahren zu sogenannten gefährlichen Arbeiten herangezogen werden. Zahlreiche Betriebe sind sich dieser begleitenden Massnahmen aber nicht bewusst. Heinz Wernli und Rudolf Schneider erzählen aus der Praxis.
Bulletin: Heinz Wernli, die neue Altersgrenze für gefährliche Arbeiten liegt schon seit 2016 bei 15 Jahren. Warum gibt es aber immer noch Betriebe, die ihre Lernenden solche Tätigkeiten ausführen lassen, ohne die begleitenden Massnahmen umzusetzen?
Heinz Wernli: Die Gesetzeslage ist klar, und die Kantone haben die Betriebe auch entsprechend informiert. Aber ich glaube, dass in vielen Betrieben schlicht das Bewusstsein dafür noch fehlt.
Woran liegt das?
Das ist schwierig zu sagen. Die Berufsbildner müssten die Gesetzeslage kennen, und es gibt auch viele Betriebe, die die neue Regelung bereits komplett umgesetzt haben.
Wie kam es überhaupt zur Senkung des Mindestalters?
Die Ursache war die Heterogenität der Schweizer Schulsysteme und die daraus resultierende Tatsache, dass in einigen Kantonen Lehranfänger erst 15 Jahre alt sind. Damit diese auch von Anfang an gefährliche Arbeiten erlernen können, wurde die Regelung angepasst.
Warum führen Lernende überhaupt sogenannt «gefährliche Arbeiten» aus?
Der Netzelektriker-Beruf ist nicht frei von Gefahren. Deshalb gibt es auch klare Sicherheitsvorschriften und Re-
geln. Lernende sollen sich dieser Gefahr aber von Anfang an stets bewusst sein, damit sie ein unfallfreies Arbeitsleben haben können. Ohne diese Ausnahmeregelung mit den begleitenden Massnahmen müssten die Betriebe angehende Netzelektrikerinnen und Netzelektriker während der ersten beiden Ausbildungsjahre – überspitzt formuliert – im Magazin einschliessen.
Was tun Sie als Leiter Arbeitssicherheit und Ausbildung bei AEW, um dieses Bewusstsein zu fördern?
Wenn ich eine Plattform habe – beispielsweise bei überbetrieblichen Fortbildungskursen – mache ich immer wieder darauf aufmerksam. Ich hoffe, dass das Bewusstsein so langsam in alle Betriebe eindringt.
Zur Person
Heinz Wernli ist Leiter Arbeitssicherheit und Ausbildung bei AEW Energie AG in Aarau.
AEW Energie AG, 5001 Aarau
heinz.wernli@aew.ch
Bulletin: Rudolf Schneider, Sie leiten das Bildungszentrum Energie der BKW. Wie haben Sie diese Regelung umgesetzt?
Rudolf Schneider: Als Ausbildungsbetrieb haben wir eine Fürsorgepflicht gegenüber unseren Lernenden. Wir müssen die Jugendlichen Schritt für Schritt auf diese gefährlichen Arbeiten vorbereiten.
Wie bereiten Sie die Jugendlichen vor?
Im Bildungszentrum Energie in Kallnach führen wir jeweils zu Beginn eines Lehrjahres eine «Lernendenwerkstatt» durch. Dort führen wir die Lernenden an ihre Tätigkeiten der bevorstehenden Lehrperiode heran. Die gefährlichen Arbeiten sind ebenfalls Teil dieser Lernendenwerkstatt.
Was zeigen Sie den Lernenden dort?
Wir lehren sie das richtige Verhalten bei Arbeiten an Starkstromanlagen oder auch auf Strassen und in Gräben. Wir geben aber auch ergonomische Ratschläge, also beispielsweise wie eine schwere Last rückenschonend gehoben werden kann.
Was noch?
Wir zeigen den Lernenden auch den sicheren Umgang mit Geräten und Maschinen, beispielsweise beim Anschlagen mit einer Motorsäge.
Wer unterstützt Sie dabei?
Wir konnten dafür erfahrene Mitarbeiter der BKW-Gruppe gewinnen. Diese Routiniers geben ihr Fachwissen und ihr Know-how mit viel Freude und Enthusiasmus an die jungen Lernenden weiter.
Zur Person
Rudolf Schneider ist Leiter Bildungszentrum Energie bei der BKW Energie AG in Kallnach.
BKW Energie AG, 3283 Kallnach
rudolf.schneider@bkw.ch
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