Beleuchtungssanierungen: Umrüsten ist angesagt
SLF: Interview mit Hans-Jörg Gerteis, Gebäudetechniker bei Immobilien Stadt Zürich
Das Leuchtstofflampenverbot bedingt in vielen öffentlichen Gebäuden und Haushalten eine Beleuchtungssanierung. Die Umrüstung auf moderne LED-Technologie senkt den Energieverbrauch und spart Kosten. Welche Möglichkeiten stehen bei der Beleuchtungssanierung zur Verfügung? Wie lässt sich eine optimale Lichtqualität realisieren? Hans-Jörg Gerteis, Referent am Swiss Lighting Forum in Bern, gibt Antworten auf diese Fragen.
Herr Gerteis, mit dem Inkrafttreten des Leuchtstofflampen-Verbotes gilt es nun, Beleuchtungskonzepte zu überdenken. Es stehen somit viele Beleuchtungssanierungen an. Ist das schon spürbar? Steigen die Anfragen?
Hans-Jörg Gerteis: Ja, die Anfragen haben zugenommen. Das merkt man auch an den Ausgaben, die sich nur schon von 2021 auf 2022 fast verdoppelt haben. 2023 wird es sicherlich mindestens in gleicher Intensität wie 2022 weitergehen.
Gibt es genügend qualifizierte Fachkräfte?
Hinsichtlich unserer Partnerinnen und Partner aus der Licht- und Elektroplanung haben wir bisher Glück. Hingegen ist zunehmend spürbar, dass die Elektrikerinnen und Elektriker und Leuchtenlieferantinnen und -lieferanten ans Limit ihrer Kapazitäten kommen.
Welche anderen Gründe bedingen eine solche Sanierung?
Nebst der angekündigten Ausphasung der Lichtquellen sind in erster Linie die Verfügbarkeit von Ersatzteilen, der erhöhte Aufwand für Reparaturen oder alte Lichtsteuerungen relevant. Und selbstverständlich sind auch Überlegungen zur Nachhaltigkeit ausschlaggebend.
Welche Immobilien stehen zur Sanierung in Ihrem Wirkungsbereich an?
Das betrifft alle Teilportfolios im Zuständigkeitsbereich von Immobilien Stadt Zürich, also Schul-, Verwaltungs-, Gesundheits-, Sport-, Sozial-, Werk- und Kulturbauten.
Müssen auch Privatpersonen tätig werden?
Das wäre sicherlich sinnvoll. Bestimmte Lichtquellen werden bald nicht mehr erhältlich sein. Auch Privatpersonen sollten sich deshalb jetzt überlegen, welche Leuchten in ihrer Wohnung oder ihrem Haus zu ersetzen oder umzurüsten sind.
Wie geht man vor, wenn die Sanierung der Beleuchtung ansteht?
Die Eingriffstiefe für die Leuchtensanierung wird einerseits auf Basis einer Zustandsbeurteilung der gesamten Elektroinfrastruktur definiert. Andererseits ist es wichtig, dass mit den Objektmanagerinnen und Objektmanagern geklärt wird, welche Gebäudestrategie vorgesehen ist. Steht beispielsweise demnächst eine umfangreichere Instandsetzung an, so soll eine Leuchtensanierung mit diesem Gesamtprojekt umgesetzt und koordiniert werden.
Wer die Beleuchtung saniert, wird dafür Produkte und Konzepte wählen, die auch noch in vielen Jahren auf dem Stand der Technik sind. Welche sind das?
Wir sind grundsätzlich produkteneutral. Wir achten aber darauf, dass wir eine mindestens fünfjährige Garantie auf die LED-Einsätze oder Leuchten erhalten. Und – das ist mir ebenfalls wichtig – wir geben im Rahmen der beschaffungsrechtlichen Möglichkeiten auch Jungfirmen eine Chance, um bei uns beispielsweise mit einem kleinen Auftrag Fuss zu fassen.
Welche zukünftigen Trends zeichnen sich ab, die man heute schon bei der Planung berücksichtigen sollte?
Intelligente Lichtlösungen in Netzwerken und mit Einstellmöglichkeiten via App finden immer grössere Verbreitung. In diesem Bereich wird es in naher Zukunft auf alle Fälle noch weitere Innovationen geben.
Wie viel Strom kann mit einer Sanierung eingespart werden?
Wenn an der Lichtsteuerung nichts geändert wird, sind es durchschnittlich mindestens 50%. Wenn es sich anbietet, auch die Lichtsteuerung anzupassen, zum Beispiel bei einer Tiefgarage oder in einem Treppenhaus, so können sogar bis zu 90% der Energie eingespart werden.
Welche Rolle spielt bei den Sanierungen die Nachhaltigkeit? Sind LED-Lampen grundsätzlich umweltfreundlicher abgesehen vom Energieverbrauch?
Nachhaltigkeit im umfassenden Sinn ist für Immobilien Stadt Zürich die Richtschnur schlechthin. Deshalb wird bei uns rund die Hälfte der bestehenden Leuchten nicht komplett ersetzt, sondern auf LED umgerüstet. Dies erspart uns Maler-, Deckenbauer- und Reinigungsarbeiten. Und in der Regel ist die Umrüstung auch günstiger als eine neue Leuchte. Abgesehen davon ist die LED-Technik sehr langlebig. So lässt sich auch Energie in der Produktion sparen. Kommt hinzu, dass alte Fluoreszenzleuchten Quecksilber enthalten.
Sie haben im Rahmen Ihrer Tätigkeit bei Immobilien Stadt Zürich viel Erfahrung mit Gebäudesanierungen gesammelt. Was sind Faktoren, die zu einem guten Projekt beitragen?
Wir überlassen nichts dem Zufall. Das beginnt mit einer klaren Projektdefinition und lückenlosen Grundlagen für die Licht- und Elektroplanerinnen und -planer. Die externen Fachleute erstellen daraus ein Lichtkonzept und besprechen dieses erneut mit uns. Bei umfangreichen Projekten mit vielen Räumen lassen wir zunächst einen Musterraum ausführen. In solchen Fällen binden wir auch die Nutzer und Nutzerinnen mit ein: Wir besprechen das Leuchtenmuster und führen die Nutzerinnen und Nutzer an das neue LED-Licht heran.
Können Sie uns eine Geschichte erzählen, wo es nicht so gut gelaufen ist wie geplant?
Mit dem oben beschriebenen Vorgehen haben wir grundsätzlich genügend Sicherheiten eingebaut. Bis dato sind deshalb keine grossen Fehler aufgetreten. Es ist schon vorgekommen, dass die neuen LED-Leuchten werkseitig falsch eingestellt und zu hell waren. Das konnte der Leuchtenlieferant dank Daligeräten aber vor Ort problemlos nachjustieren. Bei Aussenleuchten gilt es, die Häuser in der Nachbarschaft nicht zu blenden. In einem Fall mussten wir mit seitlichen Abdeckungen nachbessern. Und dann gibt es Personen, die anfangs etwas Mühe haben mit dem neuen LED-Licht. Da gebe ich den Rat, den Augen genügend Zeit zu geben, sich an das neue Licht zu gewöhnen.
In Zürich gibt es viele denkmalgeschützte Bauten. Was gilt es hier speziell zu beachten im Zusammenhang mit einer Lichtsanierung?
Das wichtigste ist, dass der Charakter des Gebäudes beibehalten wird: Bei den Leuchten dürfen dann meist Gehäuse und Form nicht verändert werden. Wir arbeiten in solchen Projekten auch mit Bemusterungen. Bei den Kugelleuchten in den Amtshäusern im Stadtzentrum waren wir zum Beispiel erst mit dem dritten Modell zufrieden (siehe Bild).
Wenn ausnahmsweise kein Umbau möglich ist und eine komplett neue Lichtlösung erforderlich wird, dann geschieht dies in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege respektive mit der Gartendenkmalpflege im Aussenbereich. Ich schätze diesen Austausch sehr. Gemeinsam haben wir bisher noch immer eine passende Lichtlösung gefunden.
Was geht mit einer Lichtsanierung üblicherweise an baulichen Massnahmen einher?
Das sind meistens Deckensanierungen, Malerarbeiten oder Bodenbelagsarbeiten.
Zur Person
Hans-Jörg Gerteis ist gelernter Elektromonteur EFZ und diplomierter Betriebswirtschafter SIU. Er verfügt über langjährige Erfahrung als Projektleiter in diversen Planungsbüros. Seit 2015 arbeitet er bei Immobilien Stadt Zürich als Fachspezialist Gebäudetechnik (Fachbereich Elektro).
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