Batteriespeicher als Schlüsseltechnologie
Batterietechnologien für netzgekoppelte Anwendungen
Batterien begleiten uns im Smartphone, Laptop oder Elektroauto. Doch ihr Potenzial geht weit darüber hinaus, denn im Zuge der Energiewende gewinnen stationäre Batteriespeicher an Bedeutung: als flexible Bausteine für die Netzstabilität, zur Integration volatiler erneuerbarer Energien und für neue Geschäftsmodelle im Energiemarkt.
Die Stromproduktion aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen unterliegt natürlichen Schwankungen. Überschussproduktion am Tag, fehlende Einspeisung in der Nacht oder während Flauten, ein Stromsystem mit hohem Anteil erneuerbarer Energien ist auf Flexibilität angewiesen. Speicher sind dafür essenziell, da sie Strom zeitlich verschieben, Spannung und Frequenz stabilisieren und die Versorgungssicherheit erhöhen können.
Ein plakatives Beispiel liefert Kalifornien: Allein im ersten Halbjahr 2025 musste der Netzbetreiber CAISO über 3 TWh Solar- und Windstrom abregeln. Das entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von rund 600 000 Schweizer Haushalten. Solche Verluste wären durch Speicher vermeidbar.
Auch in Europa zeigen sich die Herausforderungen eines flexiblen Energiesystems. Am 28. April 2025 kam es in Spanien zu einem landesweiten Stromausfall. Der hohe Anteil Erneuerbarer im Strommix wurde fälschlicherweise als Hauptverursacher dargestellt, obwohl das eigentliche Problem das Fehlen inertialer Puffer war, die die Netzfrequenz hätten stabilisieren können. Batterien könnten hier Abhilfe schaffen, indem sie netzstützend arbeiten und virtuelle Trägheit bereitstellen. Ein positives Beispiel hierfür lieferten Batterien im Vereinigten Königreich, als am 8. Oktober 2024 die 1,4 GW starke Verbindung North Sea Link zwischen Norwegen und England plötzlich ausfiel. Die Netzfrequenz konnte dank gut 500 MW innerhalb von Sekunden bereitstehender Batterieleistung schnell und ohne Lastabwurf wieder stabilisiert werden.
Auch wirtschaftlich gewinnen Batteriespeicher an Relevanz. Über Netzdienstleistungen wie Frequenzregelung oder Peak Shaving lassen sich Erlöse generieren, was gerade für Grossverbraucher wie Rechenzentren und Industriebetriebe interessant sein kann. Batteriespeicher entwickeln sich damit vom passiven Puffer zur aktiven Systemkomponente, die anders als Pumpspeicherkraftwerke innerhalb kurzer Zeit gebaut und ans Netz gebracht werden kann.
Technologielandschaft
Der Grossteil der heute installierten stationären Batteriesysteme basiert auf Lithium-Ionen-Technologie. Ihre hohe Energiedichte, ausgezeichnete Effizienz und sinkende Kosten haben sie zum Standard gemacht, nicht nur in der Elektromobilität, sondern zunehmend auch im Netz.
Zwei Zellchemien dominieren den Markt: Nickel-Mangan-Kobalt-Oxid (NMC) Zellen liefern hohe Energiedichten (rund 250 – 275 Wh/kg) und damit grosse Reichweiten in Elektroautos, verwenden jedoch kritische Rohstoffe. Lithium-Eisen-Phosphat (LFP) Batterien liefern typischerweise 160 – 200 Wh/kg, sind dafür kostengünstiger, thermisch stabiler, langlebiger und frei von umstrittenen Materialien wie Kobalt. Eine vielversprechende Alternative stellen Natrium-Ionen-Batterien dar. Sie basieren auf ähnlichen Zellarchitekturen wie Lithium-Ionen-Systeme, verwenden jedoch günstigere, weltweit verfügbare Rohstoffe und erreichen vergleichbare Eigenschaften wie LFP-Batterien. Die Technologie ist noch jung, könnte aber mittelfristig auch für stationäre Speicher sowie für gewisse Mobilitätsanwendungen eine wirtschaftliche Lösung werden.
Während Europa insbesondere auf NMC für die Mobilität gesetzt hat, etwa beim schwedischen Konzern Northvolt, der kürzlich Insolvenz anmeldete, hat sich im stationären Bereich LFP komplett durchgesetzt und dominiert zunehmend auch bei Elektrofahrzeugen. Systeme mit mehreren MWh Speicherkapazität sind heute kommerziell erhältlich, etwa in 20-Fuss-Containern mit bis zu 8 MWh Kapazität pro Einheit. Auch die Schweiz ist in diesem wachsenden Markt aktiv, mit einer Industrie, die entlang der gesamten Batterie-Wertschöpfungskette wächst: von der Materialentwicklung über Zellfertigung und Systemintegration bis hin zum Recycling. Eine Übersicht über die Schweizer Akteure bietet die Swiss Battery Association iBAT [1].
Besonders in China und den USA werden containerisierte Systeme im grossen Stil gebaut. Die derzeit grösste Lithium-Ionen-Batterie mit Hunderten Containern steht beim Edwards & Sanborn Solar Plus Storage Project in Kalifornien, mit 875 MW Leistung und 3,3 GWh Speicherkapazität. Auch in Australien oder im Vereinigten Königreich ersetzen vergleichbare Anlagen zunehmend alte Kohlekraftwerke. In der Schweiz steht die derzeit grösste Lithium-Ionen-Batterie in Ingenbohl, Schwyz, mit 20 MW Leistung und 28 MWh Speicherkapazität (Bild 1). Weitere grössere Projekte sind bereits in Planung.
Die Technologie bringt aber auch Herausforderungen mit sich: Brandgefahr, Alterung und aufwendiges Recycling werfen Sicherheits- und Nachhaltigkeitsfragen auf. Moderne Lithium-Ionen-Zellen sind dank höchster Fertigungsstandards sehr sicher, die Ausfallrate auf Zellebene liegt bei unter 1 in 10 Millionen. In grossen Systemen, in denen Hunderttausende Zellen verbaut sind, steigt jedoch das statistische Risiko, dass einzelne Komponenten versagen und sich Fehler zu einem Sicherheitsvorfall kumulieren können. Beim Grossprojekt Moss Landing in Kalifornien kam es im Februar 2025 zu einem Brand mit Schäden in dreistelliger Millionenhöhe.
Da sich die Speicherkapazität bei Lithium-Ionen-Systemen nur durch den Einbau vieler zusätzlicher Zellen erweitern lässt, steigen die Kosten mit zunehmender Speicherdauer ausserdem nahezu linear. Für Langzeitspeicher werden daher alternative Technologien interessant, insbesondere wenn Brandrisiken von vornherein ausgeschlossen sind.
Mehr als nur Lithium-Ionen
Molten-Salt-Batterien, etwa auf Basis von Natriumchlorid und Nickel oder Schwefel, bieten eine robuste und sichere Alternative. Im Gegensatz zu Lithium-Ionen-Batterien, bei denen eine mit organischen Flüssigelektrolyten gefüllte poröse Polymermembran die positive und negative Elektrode voneinander trennt, nutzen sie geschmolzene Salze als Elektrolyt und keramische Feststoffmembranen zur Ionenleitung. Diese Systeme arbeiten bei Temperaturen um 300°C, sind nicht brennbar, langzeitstabil und basieren auf reichlich vorhandenen Rohstoffen. Im Tessin werden solche Batterien seit Jahren produziert. Sie gelten als besonders sicher, da sie durch ihren Aufbau und die thermische Isolation kaum externe Risiken darstellen. Mit Energiedichten vergleichbar zu LFP-Systemen konkurrieren sie nicht direkt mit diesen, sondern finden vor allem dort Anwendung, wo Platzbedarf und Gewicht zweitrangig sind, jedoch höchste Sicherheitsanforderungen erfüllt werden müssen. Prominente Beispiele sind ihre Nutzung als Backup-Stromversorgung für Mobilfunkantennen oder im Tunnelbau. Ihr Nachteil liegt aktuell noch in den hohen Kosten, mitunter weil die Herstellung des Feststoffelektrolyten komplex ist. Die Materialforschung fokussiert daher auf kostengünstigere Materialkombinationen, z. B. durch Substitution von Nickel durch Eisen oder Zink, oder die Entwicklung vereinfachter Zellgeometrien, um die Fertigung zu erleichtern.
Für Anwendungen mit längerem Speicherbedarf, etwa wenn es mehrere Tage lang bewölkt ist, sind konventionelle Lithium-Ionen-Systeme und Molten-Salt-Batterien, wie erwähnt, nicht kosteneffizient. Hier könnten Redox-Flow-Batterien (RFB) eine Lösung bieten (Bilder 2 und 3). Ihr zentrales Merkmal: Energie und Leistung lassen sich unabhängig skalieren.
RFBs basieren auf der Umwälzung von flüssigen Elektrolyten durch eine elektrochemische Zelle. Die wasserbasierten Flüssigkeiten enthalten gelöste Aktivmaterialien, welche die Energiespeicherung übernehmen, und die elektrochemische Zelle liefert je nach Grösse mehr oder weniger Leistung. Soll mehr Energie gespeichert werden, müssen lediglich grössere Elektrolyttanks installiert werden. Die Technologie ist von Natur aus nicht brennbar und bietet extrem hohe Lebensdauern, da die gelösten Aktivmaterialien beim Laden und Entladen keine Phasenübergänge durchmachen. Die weltweit grösste Anlage steht derzeit in Xinjiang, China, mit einer Leistung von 200 MW und einer Speicherkapazität von 1 GWh, vergleichbar mit einem mittelgrossen Wasserpumpspeicherkraftwerk, aber innerhalb eines Jahres gebaut. Auch in der Schweiz wird derzeit ein Meilenstein gesetzt: Von der FlexBase-Gruppe wird in Laufenburg die grösste RFB-Anlage Europas mit einer geplanten Kapazität von bis zu 1,6 GWh gebaut, ein klares Zeichen, dass die Technologie wirtschaftlich skaliert.
Dennoch bleibt ein Hauptproblem: die Kosten. Klassische Flow-Batterien verwenden grosse Mengen Vanadium, einem teuren und kritischen Rohstoff. Doch mit steigender Nachfrage kommen immer mehr Hersteller auf den Markt. Unternehmen wie die chinesische Rongke Power bieten bereits Elektrolyt-Leasingmodelle an, wodurch die anfänglich hohen Investitionskosten deutlich reduziert werden können. Ein spannender Ansatz, um die Technologie attraktiver zu machen. Dies zeigt, dass auch hier China die Nase vorn hat. Derzeit wird intensiv an alternativen, kostengünstigeren Aktivmaterialien geforscht, etwa auf Eisenbasis oder mit organischen Molekülen. Ziel sind langlebige, skalierbare Systeme mit lokaler Rohstoffverfügbarkeit.
Wie vergleichen wir Batteriesysteme?
Sicherheitsaspekte spielen bei stationären Speichern eine zentrale Rolle, insbesondere in der Nähe von kritischen Infrastrukturen wie Spitälern oder Rechenzentren, wo bisher oft Dieselgeneratoren eingesetzt werden. Da Lithium-Ionen-Systeme aufgrund potenzieller Sicherheitsrisiken in solchen Szenarien nicht verbaut werden können, gewinnen alternative Systeme wie RFBs oder Molten-Salt-Batterien an Relevanz. Auch Bleiakkus sind hier historisch gesehen weit verbreitet, und der globale Absatz wächst weiterhin. In netzgekoppelten Systemen werden sie jedoch zunehmend durch leistungsfähigere Technologien ersetzt, wobei sehr viele Batterietechnologien mit jeweils verschiedenen Zellchemien und Geometrien zur Auswahl stehen. Jede dieser Technologien hat Stärken und Schwächen, und ein Vergleich erfordert die Betrachtung verschiedener technischer und wirtschaftlicher Aspekte (Tabelle 1).
Besonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen Kurzzeit- und Langzeitspeicherung. Zwar decken viele Technologien den Tagesverlauf gut ab, doch die saisonale Speicherung bleibt ein ungelöstes Problem. Aus elektrochemischer Sicht sind die Kosten für Langzeitspeicher grundsätzlich prohibitiv. Die Verwendung von Batterien für die saisonale Speicherung wäre nicht annähernd wirtschaftlich. Alternative Ansätze wie thermische Speicherung oder Power-to-X (sogenannte Renewable Fuels) rücken hier in den Fokus. Ein Beispiel ist die elektrochemische CO2-Reduktion, bei der aus CO2 und Wasser unter Einsatz erneuerbaren Stroms chemische Energieträger wie Methan, Methanol oder Formiat (ein Salz der Ameisensäure) hergestellt werden. Diese können als synthetische Brennstoffe gespeichert, transportiert oder in Industrieprozessen weiterverwendet werden. Dies ist ein vielversprechender Ansatz für eine nachhaltige saisonale Speicherung, der allerdings technisch noch herausfordernd ist und weiterhin intensiv erforscht wird.
Fazit und Ausblick
Stationäre Batteriespeicher sind ein zentrales Element der Energiewende. Sie stabilisieren Netze, ermöglichen die effiziente Nutzung erneuerbarer Energien und leisten einen Beitrag zur Versorgungssicherheit. Dabei gibt es nicht «die eine» Batterie, sondern diverse Technologien, die je nach Anwendung unterschiedliche Stärken ausspielen.
Lithium-Ionen-Systeme dominieren derzeit den rasant wachsenden Markt für stationäre Speicher. Doch mit zunehmender Systemkomplexität gewinnen Alternativen wie Natrium-Ionen-, Molten-Salt- und Redox-Flow-Batterien an Bedeutung, insbesondere dort, wo Sicherheit, Lebensdauer oder Skalierbarkeit entscheidend sind.
Die Forschung treibt neue Materialsysteme voran, die nicht nur kostengünstig und langlebig, sondern auch unabhängig von kritischen Rohstoffen sind. Solche Entwicklungen sind essenziell, um Speicherlösungen global, wirtschaftlich, ökologisch und geopolitisch nachhaltig skalieren zu können. Batteriespeicher sind keine Nischenlösung mehr, sondern ein zentrales Werkzeug für ein stabiles, flexibles und klimafreundliches Energiesystem.