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Fachartikel Energiespeicher , Erneuerbare Energien , Integration ins Netz

Batteriespeicher als Schlüssel­technologie

Batterietechnologien für netz­gekoppelte Anwendungen

11.11.2025
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Autor
Dr. David Reber

ist Gruppenleiter im Empa-Labor ­«Materials for Energy Conversion».

  • Empa
    8600 Dübendorf
  • email
Autor
Prof. Dr. Corsin Battaglia

leitet das Labor «Materials for Energy Conversion» an der Empa, ist Professor an der ETH Zürich sowie an der ETH Lausanne und aktuell Präsident der Swiss Battery Association iBAT.

  • Empa
    8600 Dübendorf
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Batterien begleiten uns im Smartphone, Laptop oder Elektroauto. Doch ihr Potenzial geht weit darüber hinaus, denn im Zuge der Energie­wende gewinnen stationäre Batterie­speicher an Bedeutung: als flexible Bausteine für die Netz­stabilität, zur Integration volatiler erneuer­barer Energien und für neue Geschäfts­modelle im Energiemarkt.

Die Strom­produktion aus Photo­voltaik- und Wind­kraft­anlagen unterliegt natürlichen Schwankungen. Überschuss­produktion am Tag, fehlende Einspeisung in der Nacht oder während Flauten, ein Stromsystem mit hohem Anteil erneuerbarer Energien ist auf Flexibilität angewiesen. Speicher sind dafür essenziell, da sie Strom zeitlich verschieben, Spannung und Frequenz stabilisieren und die Versor­gungs­sicherheit erhöhen können.

Ein plakatives Beispiel liefert Kalifornien: Allein im ersten Halbjahr 2025 musste der Netzbetreiber CAISO über 3 TWh Solar- und Windstrom abregeln. Das entspricht dem jährlichen Strom­verbrauch von rund 600 000 Schweizer Haushalten. Solche Verluste wären durch Speicher vermeidbar.

Auch in Europa zeigen sich die Heraus­forderungen eines flexiblen Energie­systems. Am 28. April 2025 kam es in Spanien zu einem landes­weiten Stromausfall. Der hohe Anteil Erneuerbarer im Strommix wurde fälschlicher­weise als Haupt­verursacher dargestellt, obwohl das eigentliche Problem das Fehlen inertialer Puffer war, die die Netzfrequenz hätten stabilisieren können. Batterien könnten hier Abhilfe schaffen, indem sie netzstützend arbeiten und virtuelle Trägheit bereitstellen. Ein positives Beispiel hierfür lieferten Batterien im Vereinigten Königreich, als am 8. Oktober 2024 die 1,4 GW starke Verbindung North Sea Link zwischen Norwegen und England plötzlich ausfiel. Die Netzfrequenz konnte dank gut 500 MW innerhalb von Sekunden bereit­stehender Batterie­leistung schnell und ohne Lastabwurf wieder stabilisiert werden.

Auch wirtschaftlich gewinnen Batteriespeicher an Relevanz. Über Netz­dienst­leistungen wie Frequenz­regelung oder Peak Shaving lassen sich Erlöse generieren, was gerade für Gross­verbraucher wie Rechen­zentren und Industrie­betriebe interessant sein kann. Batterie­speicher entwickeln sich damit vom passiven Puffer zur aktiven System­komponente, die anders als Pump­speicher­kraft­werke innerhalb kurzer Zeit gebaut und ans Netz gebracht werden kann.

Technologielandschaft

Der Grossteil der heute installierten stationären Batterie­systeme basiert auf Lithium-Ionen-Technologie. Ihre hohe Energiedichte, ausgezeichnete Effizienz und sinkende Kosten haben sie zum Standard gemacht, nicht nur in der Elektromobilität, sondern zunehmend auch im Netz.

Zwei Zellchemien dominieren den Markt: Nickel-Mangan-Kobalt-Oxid (NMC) Zellen liefern hohe Energiedichten (rund 250 – 275 Wh/kg) und damit grosse Reichweiten in Elektroautos, verwenden jedoch kritische Rohstoffe. Lithium-Eisen-Phosphat (LFP) Batterien liefern typischerweise 160 – 200 Wh/kg, sind dafür kostengünstiger, thermisch stabiler, langlebiger und frei von umstrittenen Materialien wie Kobalt. Eine vielversprechende Alternative stellen Natrium-Ionen-Batterien dar. Sie basieren auf ähnlichen Zellarchitekturen wie Lithium-Ionen-Systeme, verwenden jedoch günstigere, weltweit verfügbare Rohstoffe und erreichen vergleichbare Eigenschaften wie LFP-Batterien. Die Technologie ist noch jung, könnte aber mittelfristig auch für stationäre Speicher sowie für gewisse Mobilitäts­anwen­dungen eine wirtschaftliche Lösung werden.

Während Europa insbesondere auf NMC für die Mobilität gesetzt hat, etwa beim schwedischen Konzern Northvolt, der kürzlich Insolvenz anmeldete, hat sich im stationären Bereich LFP komplett durchgesetzt und dominiert zunehmend auch bei Elektrofahrzeugen. Systeme mit mehreren MWh Speicherkapazität sind heute kommerziell erhältlich, etwa in 20-Fuss-Containern mit bis zu 8 MWh Kapazität pro Einheit. Auch die Schweiz ist in diesem wachsenden Markt aktiv, mit einer Industrie, die entlang der gesamten Batterie-Wertschöpfungskette wächst: von der Materialentwicklung über Zellfertigung und Systemintegration bis hin zum Recycling. Eine Übersicht über die Schweizer Akteure bietet die Swiss Battery Association iBAT [1].

Besonders in China und den USA werden containerisierte Systeme im grossen Stil gebaut. Die derzeit grösste Lithium-Ionen-Batterie mit Hunderten Containern steht beim Edwards & Sanborn Solar Plus Storage Project in Kalifornien, mit 875 MW Leistung und 3,3 GWh Speicherkapazität. Auch in Australien oder im Vereinigten Königreich ersetzen vergleichbare Anlagen zunehmend alte Kohlekraftwerke. In der Schweiz steht die derzeit grösste Lithium-Ionen-Batterie in Ingenbohl, Schwyz, mit 20 MW Leistung und 28 MWh Speicherkapazität (Bild 1). Weitere grössere Projekte sind bereits in Planung.

<b>Bild 1</b> In den Containern von Ingenbohl sind tausende individuelle Batteriezellen in jeweils knapp sechshundert Einschubmodulen installiert.
Bild 1 In den Containern von Ingenbohl sind tausende individuelle Batteriezellen in jeweils knapp sechshundert Einschubmodulen installiert.

Die Technologie bringt aber auch Herausforderungen mit sich: Brandgefahr, Alterung und aufwendiges Recycling werfen Sicherheits- und Nach­haltig­keits­fragen auf. Moderne Lithium-Ionen-Zellen sind dank höchster Fertigungs­standards sehr sicher, die Ausfallrate auf Zellebene liegt bei unter 1 in 10 Millionen. In grossen Systemen, in denen Hundert­tausende Zellen verbaut sind, steigt jedoch das statistische Risiko, dass einzelne Komponenten versagen und sich Fehler zu einem Sicherheits­vorfall kumulieren können. Beim Grossprojekt Moss Landing in Kalifornien kam es im Februar 2025 zu einem Brand mit Schäden in dreistelliger Millionenhöhe.

Da sich die Speicher­kapazität bei Lithium-Ionen-Systemen nur durch den Einbau vieler zusätzlicher Zellen erweitern lässt, steigen die Kosten mit zunehmender Speicherdauer ausserdem nahezu linear. Für Langzeit­speicher werden daher alternative Technologien interessant, insbesondere wenn Brandrisiken von vornherein ausgeschlossen sind.

Mehr als nur Lithium-Ionen

Molten-Salt-Batterien, etwa auf Basis von Natriumchlorid und Nickel oder Schwefel, bieten eine robuste und sichere Alternative. Im Gegensatz zu Lithium-Ionen-Batterien, bei denen eine mit organischen Flüssigelektrolyten gefüllte poröse Polymer­membran die positive und negative Elektrode voneinander trennt, nutzen sie geschmolzene Salze als Elektrolyt und keramische Feststoff­membranen zur Ionenleitung. Diese Systeme arbeiten bei Temperaturen um 300°C, sind nicht brennbar, langzeitstabil und basieren auf reichlich vorhandenen Rohstoffen. Im Tessin werden solche Batterien seit Jahren produziert. Sie gelten als besonders sicher, da sie durch ihren Aufbau und die thermische Isolation kaum externe Risiken darstellen. Mit Energiedichten vergleichbar zu LFP-Systemen konkurrieren sie nicht direkt mit diesen, sondern finden vor allem dort Anwendung, wo Platzbedarf und Gewicht zweitrangig sind, jedoch höchste Sicherheits­anforde­rungen erfüllt werden müssen. Prominente Beispiele sind ihre Nutzung als Backup-Stromversorgung für Mobilfunk­antennen oder im Tunnelbau. Ihr Nachteil liegt aktuell noch in den hohen Kosten, mitunter weil die Herstellung des Feststoff­elektrolyten komplex ist. Die Material­forschung fokussiert daher auf kostengünstigere Material­kombi­nationen, z. B. durch Substitution von Nickel durch Eisen oder Zink, oder die Entwicklung vereinfachter Zellgeometrien, um die Fertigung zu erleichtern.

Für Anwendungen mit längerem Speicherbedarf, etwa wenn es mehrere Tage lang bewölkt ist, sind konventionelle Lithium-Ionen-Systeme und Molten-Salt-Batterien, wie erwähnt, nicht kosteneffizient. Hier könnten Redox-Flow-Batterien (RFB) eine Lösung bieten (Bilder 2 und 3). Ihr zentrales Merkmal: Energie und Leistung lassen sich unabhängig skalieren.

<b>Bild 2</b> Die schematische Darstellung einer Redox-Flow-Batterie zeigt die elektrochemische Zelle in der Mitte und seitlich zwei frei skalierbare Elektrolyttanks.
Bild 2 Die schematische Darstellung einer Redox-Flow-Batterie zeigt die elektrochemische Zelle in der Mitte und seitlich zwei frei skalierbare Elektrolyttanks.
<b>Bild 3</b> Eine Redox-Flow-Batterie im Materialforschungslabor der Empa in Dübendorf.
Bild 3 Eine Redox-Flow-Batterie im Materialforschungslabor der Empa in Dübendorf.

RFBs basieren auf der Umwälzung von flüssigen Elektrolyten durch eine elektrochemische Zelle. Die wasserbasierten Flüssigkeiten enthalten gelöste Aktiv­materialien, welche die Energie­speicherung übernehmen, und die elektrochemische Zelle liefert je nach Grösse mehr oder weniger Leistung. Soll mehr Energie gespeichert werden, müssen lediglich grössere Elektrolyttanks installiert werden. Die Technologie ist von Natur aus nicht brennbar und bietet extrem hohe Lebensdauern, da die gelösten Aktivmaterialien beim Laden und Entladen keine Phasenübergänge durchmachen. Die weltweit grösste Anlage steht derzeit in Xinjiang, China, mit einer Leistung von 200 MW und einer Speicherkapazität von 1 GWh, vergleichbar mit einem mittelgrossen Wasserpump­speicher­kraft­werk, aber innerhalb eines Jahres gebaut. Auch in der Schweiz wird derzeit ein Meilenstein gesetzt: Von der FlexBase-Gruppe wird in Laufenburg die grösste RFB-Anlage Europas mit einer geplanten Kapazität von bis zu 1,6 GWh gebaut, ein klares Zeichen, dass die Technologie wirtschaftlich skaliert.

Dennoch bleibt ein Hauptproblem: die Kosten. Klassische Flow-Batterien verwenden grosse Mengen Vanadium, einem teuren und kritischen Rohstoff. Doch mit steigender Nachfrage kommen immer mehr Hersteller auf den Markt. Unternehmen wie die chinesische Rongke Power bieten bereits Elektrolyt-Leasing­modelle an, wodurch die anfänglich hohen Investitions­kosten deutlich reduziert werden können. Ein spannender Ansatz, um die Technologie attraktiver zu machen. Dies zeigt, dass auch hier China die Nase vorn hat. Derzeit wird intensiv an alternativen, kosten­günstigeren Aktiv­materialien geforscht, etwa auf Eisenbasis oder mit organischen Molekülen. Ziel sind langlebige, skalierbare Systeme mit lokaler Rohstoffverfügbarkeit.

Wie vergleichen wir Batteriesysteme?

Sicherheitsaspekte spielen bei stationären Speichern eine zentrale Rolle, insbesondere in der Nähe von kritischen Infra­strukturen wie Spitälern oder Rechen­zentren, wo bisher oft Diesel­generatoren eingesetzt werden. Da Lithium-Ionen-Systeme aufgrund potenzieller Sicherheits­risiken in solchen Szenarien nicht verbaut werden können, gewinnen alternative Systeme wie RFBs oder Molten-Salt-Batterien an Relevanz. Auch Bleiakkus sind hier historisch gesehen weit verbreitet, und der globale Absatz wächst weiterhin. In netzgekop­pelten Systemen werden sie jedoch zunehmend durch leistungs­fähigere Technologien ersetzt, wobei sehr viele Batterie­techno­logien mit jeweils verschiedenen Zellchemien und Geometrien zur Auswahl stehen. Jede dieser Technologien hat Stärken und Schwächen, und ein Vergleich erfordert die Betrachtung verschiedener technischer und wirt­schaftlicher Aspekte (Tabelle 1).

<b>Tabelle 1</b> Technische und wirtschaftliche Aspekte bei Batterietechnologien.
Tabelle 1 Technische und wirtschaftliche Aspekte bei Batterietechnologien.

Besonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen Kurzzeit- und Langzeit­speicherung. Zwar decken viele Technologien den Tagesverlauf gut ab, doch die saisonale Speicherung bleibt ein ungelöstes Problem. Aus elektro­chemischer Sicht sind die Kosten für Langzeit­speicher grundsätzlich prohibitiv. Die Verwendung von Batterien für die saisonale Speicherung wäre nicht annähernd wirtschaftlich. Alternative Ansätze wie thermische Speicherung oder Power-to-X (sogenannte Renewable Fuels) rücken hier in den Fokus. Ein Beispiel ist die elektrochemische CO2-Reduktion, bei der aus CO2 und Wasser unter Einsatz erneuerbaren Stroms chemische Energieträger wie Methan, Methanol oder Formiat (ein Salz der Ameisensäure) hergestellt werden. Diese können als synthetische Brennstoffe gespeichert, transportiert oder in Industrieprozessen weiterverwendet werden. Dies ist ein vielversprechender Ansatz für eine nachhaltige saisonale Speicherung, der allerdings technisch noch herausfordernd ist und weiterhin intensiv erforscht wird.

Fazit und Ausblick

Stationäre Batteriespeicher sind ein zentrales Element der Energiewende. Sie stabilisieren Netze, ermöglichen die effiziente Nutzung erneuerbarer Energien und leisten einen Beitrag zur Versorgungs­sicherheit. Dabei gibt es nicht «die eine» Batterie, sondern diverse Technologien, die je nach Anwendung unterschiedliche Stärken ausspielen.

Lithium-Ionen-Systeme dominieren derzeit den rasant wachsenden Markt für stationäre Speicher. Doch mit zunehmender System­komplexität gewinnen Alternativen wie Natrium-Ionen-, Molten-Salt- und Redox-Flow-Batterien an Bedeutung, insbesondere dort, wo Sicherheit, Lebensdauer oder Skalier­barkeit entscheidend sind.

Die Forschung treibt neue Materialsysteme voran, die nicht nur kostengünstig und langlebig, sondern auch unabhängig von kritischen Rohstoffen sind. Solche Entwicklungen sind essenziell, um Speicher­lösungen global, wirtschaftlich, ökologisch und geopolitisch nachhaltig skalieren zu können. Batteriespeicher sind keine Nischenlösung mehr, sondern ein zentrales Werkzeug für ein stabiles, flexibles und klima­freundliches Energiesystem.

Referenz

[1] ibat.swiss/swiss-battery-landscape

 

2025_7_Reber_Batteriespeicher_als_Schluesseltechnologie.pdf
Autor
Dr. David Reber

ist Gruppenleiter im Empa-Labor ­«Materials for Energy Conversion».

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