Fachartikel Energienetze , Infrastruktur

Aufwertung des Unterwerks Mettlen

Längs- und Quer­regulier­trans­forma­toren

04.06.2025

Im Unterwerk Mettlen ersetzt Swissgrid ihre Trans­for­matoren, um die Betriebs­sicherheit des Über­tra­gungs­netzes zu erhöhen. Die beiden neuen Trans­for­matoren sind mit je 800 MVA deutlich leistungs­fähiger. Sie ermöglichen eine unabhängige Steuerung des Wirk- und Blind­leistungs­flusses zwischen der 380-kV- und der 220-kV-Spannungsebene.

Im Unterwerk Mettlen, Gemeinde Eschenbach LU, steht seit 1990 eine 380-kV-Schaltanlage mit einer 600-MVA-Trans­for­ma­tor­bank (Spannungsebenen 380 kV/220 kV) [1]. Seit Anfang Oktober 2024 ist sie ausser Betrieb. In einer ersten Etappe wurde sie durch eine neue 800-MVA-Trans­for­ma­tor­bank ersetzt. In einer zweiten Etappe folgt 2026 eine zweite, baugleiche Trans­for­ma­tor­bank.

Die neuen Trans­for­matoren verfügen über eine unabhängige Längs- und Quer-Regulierung, mit der sich der Wirk- und Blind­leistungs­fluss zwischen der 380-kV- und 220-kV-Ebene unabhängig voneinander steuern lässt [2]. Mit dem Ausbau im UW Mettlen wird ein Engpass beseitigt und eine stark erweiterte Flexibilität erreicht [3]. Die Bedeutung des Unterwerks Mettlen ist schon aus der zentralen Lage im Schweizer Über­tra­gungs­netz ersichtlich (Bild 1). Die 380-kV- und 220-kV-Schaltanlagen in Mettlen sind durch 17 Leitungen in das Über­tra­gungs­netz eingebunden. Zudem bestehen hier Ausspeisungen der CKW aus dem Über­tra­gungs­netz mit fünf Trans­for­matoren, welche eine Gesamtleistung von 850 MVA aufweisen und einen grossen Teil der Zentralschweiz versorgen [1].

Bauform und Standplatz der neuen Trans­for­matoren

Die neuen Trans­for­matoren im UW Mettlen haben konzep­tionelle Ähnlichkeiten mit dem zuvor eingesetzten Trans­for­mator. Das frühere Konzept stammt aus den Anfängen des 380-kV-Netzes und ist in vielen Unter­werken anzutreffen. Wesentliches Merkmal war die Aufteilung auf zwei Trans­for­matoren pro Phase – einen unge­regelten Autotrans­for­mator und einen Reguliertrans­for­mator. Durch eine Umschaltung der Tertiär­ver­bin­dungen war wahlweise ein Betrieb mit Längsregulier- oder Schrägregulier-Funktion möglich.

Neu ist, dass der Autotrans­for­mator über eine Längs­regu­lierung verfügt und der zweite Trans­for­mator als Querregulier-Trans­for­mator wirkt. Die Zusatz­spannung der Quer­regu­lierung steht 90° zur Zusatz­spannung der Längs­regu­lierung. Das wird durch eine fixe Verschaltung der Tertiär­ver­bindung mit der Kombination einer D- und Y-Schaltung (Bild 2 und 3) ermöglicht.

Die Aufteilung auf zwei Trans­for­matoren in separaten Kesseln (Bild 6) wurde hauptsächlich wegen den Transportbeschränkungen und der zusätzlichen Flexibilität bei der Aufstellung gewählt. Bei Swissgrid sind aber auch Trans­for­matoren in Betrieb, bei denen der Aktivteil des Längs- und der des Quer­regulier­trans­for­mators in einem gemeinsamen Kessel untergebracht sind, z. B. im Unterwerk Laufenburg [4]. Ihre Abmessungen und ihr Gewicht stellen jedoch für viele Standorte ein unüber­windbares Transport­problem dar. Durch die Aufteilung auf zwei separate Kessel konnte das Transportgewicht von 180 bis 200 t auf 120 bis 130 t gesenkt werden. Das gleiche Konzept, auf 400-MVA-Trans­for­matoren angewendet, erlaubt Transport­gewichte unter 90 t. Swissgrid bezeichnet diese Konzepte als «Mittelland-, Voralpen- oder Alpen-Design». Letzteres ist für das Unterwerk Bonaduz vorgesehen und wird derzeit realisiert.

Die Grundfläche für die zwei neuen Trans­for­matorenbänke im Unterwerk Mettlen mit insgesamt sieben Phasen beträgt mit Gleiskorridor und Tertiärsystem 85 m x 41 m. Zwischen den beiden 800-MVA-Trans­for­matoren­bänken wird in Etappe 2 eine Reservegruppe gemäss Bild 4 angeordnet. Diese kann wahlweise einer der beiden Bänke zugeordnet werden. Die 380-kV- und 220-kV-Hilfsschienen sind distanziert angeordnet, damit an der abgeschalteten Gruppe (Reserve) Unterhalts­arbeiten ausgeführt werden können, wenn die benachbarten Phasen in Betrieb sind. Die Reservegruppe lässt sich mit Steckern, die bei Bedarf entsprechend angeordnet werden können, in den elektrischen Schutz einbinden und überwachen.

Die Wirkungsweise von Längs- und Quer­regulier­trans­for­matoren im Netzbetrieb ist am Beispiel der 400-MVA-Trans­for­matoren, 380 kV / 132 kV, der BKW im Unterwerk Bassecourt gut in [5] beschrieben.

Tertiärsystem

Das Tertiärsystem koppelt die drei Einphasen-Trans­for­matoren­gruppen zu einer Dreiphasen-Trans­for­ma­tor­bank. Die Tertiär­ver­schaltung verbindet die Ausgleichs­wicklung des Längs­regulier-Trans­for­mators (Dreieck­schaltung) und speist die Erreger­wicklung (Sternschaltung) des Querregulier-Trans­for­mators. Zudem ist es mit einem Stern­punkt­bildner (SPB) verbunden.

Für die Integration der Reservegruppe muss eine Umschaltmöglichkeit bestehen. Das Tertiärsystem ist luftisoliert (Um= 72,5 kV), als Rohrsystem ausgeführt und mit Seilrangierverbindungen ausgestattet (Bild 5). Die Rangierung erfolgt an den Kreuzungspunkten zwischen den Schienen entlang der Trans­for­ma­tor­bank und jenen, die in die Zellen führen. Sie sind dazu auf verschiedenen Ebenen mit ausreichender Schlagweite angeordnet.

Der Stern­punkt­bildner (ZN-Schaltung) wird benötigt, um Nullströmen im Y-geschalteten Teil des Tertiärsystems einen Strompfad zur Verfügung zu stellen. Würde ein Nullsystem-Strompfad fehlen, würden durch die drei nicht exakt gleichzeitig schaltenden Stufenschalter der Querregulier-Trans­for­matoren Überspannungen entstehen. Eine Alternative zum Stern­punkt­bildner wäre eine zusätzliche Ausgleichswicklung in den Querregulier-Trans­for­matoren.

Technische Spezifikation

Bei der Spezifikation wurde Wert auf eine robuste, langlebige Konstruktion gelegt. Die dielektrischen Anforde­rungen entsprechen denen der IEC 60076, mit Ausnahme der Teil­entla­dungen, die mit maximal 50 pC bei 1,58 Ur/√3 strenger sind (Tabelle 1). Zudem wurde die Hot-Spot-Über­tempe­ratur von 78 K auf 70 K begrenzt. Als Isolier­flüs­sig­keit wird inhibiertes Hoch­leistungs­isolieröl auf Gas-To-Liquid-Basis verwendet. Die Ausdehn­gefässe für die Hauptvolumen verfügen über einen Luftabschluss, die Ausdehngefässe der Last­stufen­schalter sind von ihnen hydraulisch getrennt.

Alle Durchführungen sind mit Silikon-Aussenisolation auf einem GFK-Trägerrohr versehen, verfügen über einen trockenen RIP-Isolierkörper (ohne Isolier­flüs­sig­keit) und sind mit einem Messanschluss ausgerüstet. Der Leiterbolzen ist nicht demontierbar.

Prüfung

Die Prüfungen im Werk (FAT) wurden bei Siemens Energy Weiz (Bild 7, Tabelle 2) und vor Ort im Unterwerk Mettlen (SAT) durchgeführt. Die Anforderungen und die Messverfahren werden durch Swissgrid in einem Inspektions- und Testprogramm (ITP) beschrieben (Tabelle 3).

Zusätzlich zu den Teilentladungsprüfungen (IVPD) vor Ort wurden Referenz­messungen durchgeführt, bei denen die folgenden Grössen gemessen wurden: Isolations­widerstand, Leerlauf-Spannungs­über­setzung, Kurz­schluss­spannung, Nullimpedanz (US-Seite komplett verschaltet), Transferfunktion (FRA), dynamischer und statischer Wicklungs­widerstand, Polarisations­verhalten (PDC/FDS), C-/tand der Durch­führungen sowie eine dielektrisch-chemische Analyse der Isolier­flüs­sig­keit, bei der auch die gelösten Gase (DGA) untersucht wurden sowie eine Furan-Analyse durchgeführt wurde.

Sicherheits­massnahmen

Alle Standplätze sind mit einer automatischen Löschanlage versehen. Die Kapazität des Wasser­speichers ermöglicht eine Wasser­beaufschlagung von 12,5 mm/m2/min über mindestens 90 Minuten. Die Aktivierung erfolgt über wärme­empfindliche Kabel am Trans­for­matoren­kessel bzw. durch die Kontakte der Druck­entlas­tungs­ein­richtung. Die Lösch­wasser­pumpe wird von einem Dieselmotor angetrieben.

Die Trans­for­matoren genügen der Erd­beben­einwirkung der Zone 3b (12,2 ms-2). Die Veranke­rungen sind für die lokalen Anforderungen im Unterwerk Mettlen (Zone 1b) dimensioniert [6, 7]. Die Kessel sind je an zwei Stellen durch V-förmige Zwischen­stücke mit dem Fundament verankert (Bild 8). Die Trans­for­matoren verbleiben auf den Fahrrollen.

Personen, die Arbeiten an Trans­for­matoren ausführen, sind durch ein Geländer kollektiv gegen Absturz gesichert. Für Inspektionen und Prüfungen an geerdeten Trans­for­matoren ist daher keine persönliche Schutz­ausrüstung gegen Absturz (PSAga) nötig.

Weiterer Projektverlauf

Die erste Etappe wurde planmässig abgeschlossen. Die Bauarbeiten an den Standplätzen für die zweite Trans­for­matoren­gruppe haben im Januar 2025 gestartet. Deren Installation ist im 2. Quartal 2026 vorgesehen, die Inbetriebnahme im 3. Quartal 2026.

Der im UW Mettlen nicht mehr benötigte 600-MVA-Trans­for­mator, Baujahr 1990, wird revidiert und für die weitere Verwendung an einem anderen Standort vorbereitet.

Auch für die in den nächsten Jahren anstehenden Trans­for­matoren­projekte ist die beschriebene Bauweise mit zwei Trans­for­matoren pro Phase vorgesehen. Je nach Standort und den Transport- und Platz­verhält­nissen kommen Trans­for­matoren­bänke mit Einheits­leistungen von 400 MVA, 600 MVA und 800 MVA in Betracht [8].

Referenzen

[1] Hanspeter Amrein, «50 Jahre Gesellschaft für den gemeinsamen Bau und Betrieb des Unterwerks Mettlen», Bulletin SEV/VSE, 24/2001, S. 25–26, 2001.

[2] Factsheet Spannungshaltung, Swissgrid, Mai 2022.

[3] «Spatenstich für den neuen Trans­for­mator im Unterwerk Mettlen», Medienmitteilung Swissgrid, 20. Oktober 2022.

[4] «Neuer 380-/220-kV-Trans­for­mator für das Unterwerk Laufenburg Swissgrid», Medien­mitteilung Swissgrid, 19. November 2018.

[5] Thomas Aschwanden, Franz Jaeggi, «Höhere Versorgungs­sicherheit durch Netzkupp­lungs­trans­for­mator», Bulletin SEV/VSE, 9/2006, S.33–40, 2006.

[6] SIA 261:2020 (SN 505261), Einwirkungen auf Tragwerke, SIA, 2020.

[7] ESTI 248:1220, Richtlinie Erdbebensicherheit der elektrischen Energieverteilung in der Schweiz, ESTI, 2020.

[8] Netz der Zukunft, Swissgrid.

Autor
Martin Hässig

ist Principal Asset Engineer bei Swissgrid.

  • Swissgrid AG, 5001 Aarau
Autor
Pascal Fehlmann

ist Principal Asset Engineer bei Swissgrid.

  • Swissgrid AG, 5001 Aarau
Autor
Lukas Eggimann

ist Ingenieur Hochspannungstechnik bei der BKW.

  • BKW Energie AG
    3072 Ostermundigen
Autor
Erwin Kirchmeier

ist Project Manager bei Siemens Energy.

  • Siemens Energy AG, 8047 Zürich

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