Verband ESTI , Installationstechnik , Regulierung

Aufforderung zur periodischen Kontrolle

Gleichbehandlung der Anbieter von Kontrolldienstleistungen

05.09.2018

Wenn die Netzbetreiberin den Eigentümer zur periodischen Kontrolle der elektrischen Installationen auffordert, darf sie nicht einen einzelnen Anbieter von Kontroll­dienst­leistungen besonders empfehlen. Die Aufforderung darf objektiv betrachtet nicht zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führen.

Mit der Totalrevision der Verordnung über elektrische Niederspannungsinstallationen (NIV; SR 734.27) im Jahr 2001 wurde der Kontrollmarkt für elektrische Installationen geöffnet. Seither fordern die Netzbetreiberinnen die Eigentümer, deren elektrische Installationen aus ihrem Niederspannungsverteilnetz versorgt werden, mindestens sechs Monate vor Ablauf der Kontrollperiode schriftlich auf, den Sicherheitsnachweis bis zum Ende der Kontrollperiode einzureichen (vgl. Art. 36 Abs. 1 NIV). Anschliessend ist der Eigentümer verpflichtet, ein unabhängiges Kontrollorgan oder eine akkreditierte Inspektionsstelle mit der periodischen Kontrolle zu beauftragen.

In Bezug auf die Netzbetreiberinnen hält Art. 26 Abs. 3 NIV fest, dass diese die Aufgabe eines unabhängigen Kontrollorgans oder einer akkreditierten Inspektionsstelle nur wahrnehmen dürfen, wenn sie hierfür eine rechtlich und finanziell unabhängige Organisationseinheit bilden (Bst. a); oder nur Anlagen, die nicht von ihrem Netz versorgt werden, als unabhängiges Kontrollorgan oder akkreditierte Kontrollstelle technisch kontrollieren. In diesem Fall muss für die technische Kontrolle eine eigene Rechnung geführt werden (Bst. b).

Diese Bestimmungen gelten nach der Teilrevision der NIV vom 23. August 2017 (AS 2017 4981), in Kraft seit 1. Januar 2018, unverändert weiter.

Zuständigkeit des ESTI

Schon bald nach Öffnung des Kontrollmarkts wandten sich einige unabhängige Kontrollorgane an das Sekretariat der Wettbewerbskommission. Sie machten geltend, Netzbetreiberinnen würden mit der schriftlichen Aufforderung an die Eigentümer, den periodischen Sicherheitsnachweis zu erbringen, auf das eigene Kontrollunternehmen verweisen. Zudem würden verschiedene Netzbetreiberinnen ihrem Aufgebot gleichzeitig auch Unterlagen ihres eigenen Kontrollbetriebs beilegen. Ähnliche Hinweise fänden sich zudem auf den Websites der Netzbetreiberinnen.

In einer ersten kartellrechtlichen Analyse kam das Sekretariat der Wettbewerbskommission zum Schluss, es sei grundsätzlich nicht auszuschliessen, dass die Netzbetreiberinnen in ihrem Gebiet über eine marktbeherrschende Stellung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG; SR 251) verfügten. In diesem Fall dürften sie sich gemäss Art. 7 KG nicht missbräuchlich verhalten. Eine Empfehlung nur des eigenen Kontrollunternehmens könne unter Umständen ein kartellrechtswidriges Verhalten darstellen. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung eines solchen Verhaltens werde jedoch als eher gering erachtet. Die NIV schreibe klar vor, wie sich Netzbetreiberinnen zulässigerweise verhalten sollten. Da die Kontrolle über den Vollzug der NIV in den Zuständigkeitsbereich des Eidgenössischen Starkstrominspektorats ESTI falle, sei daher nicht das Sekretariat der Wettbewerbskommission, sondern das Inspektorat zuständig1).

Seither prüft das ESTI im Rahmen von Inspektionen bei Netzbetreiberinnen stichprobenweise oder auf Anzeige von unabhängigen Kontrollorganen oder akkreditierten Inspektionsstellen hin, ob in den Aufforderungen zur periodischen Kontrolle ein Kontrollorgan besonders empfohlen wird. Ist dies der Fall, wird die Netzbetreiberin – nötigenfalls mittels gebührenpflichtiger Verfügung mit Strafandrohung für den Unterlassungsfall – angewiesen, die Aufforderungen entsprechend zu ändern. In Fällen, die diskutabel sind, lässt es das ESTI mit einer Empfehlung an die Netzbetreiberin bewenden.

Keine Verzerrung des Wettbewerbs

Die Aufforderung der Netzbetreiberin an den Eigentümer, an seinen elektrischen Installationen die periodische Kontrolle durchführen zu lassen, darf objektiv betrachtet nicht zu einer Verzerrung des Wettbewerbs unter den unabhängigen Kontrollorganen und den akkreditierten Inspektionsstellen führen. Eine solche Verzerrung liegt vor, wenn die Netzbetreiberin ein Kontrollorgan besonders empfiehlt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Tochterunternehmen der Netzbetreiberin oder um ein fremdes Unternehmen handelt, mit dem die Netzbetreiberin nahe Geschäftsbeziehungen pflegt. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen2) verlangt, dass die Netzbetreiberin zumindest alle Anbieter in der näheren Umgebung des Eigentümers der elektrischen Installationen gleich behandelt. Die Freiheit des Eigentümers bei der Wahl des Kontrollorgans darf nicht eingeschränkt werden.

Eine Verzerrung des Wettbewerbs ist objektiv gesehen auch gegeben, wenn eine Netzbetreiberin in der Aufforderung zur periodischen Kontrolle anbietet, die Kosten der Kontrolle zu übernehmen, wenn der Eigentümer ein bestimmtes, von ihr namentlich bezeichnetes Unternehmen mit der Kontrolle beauftragt. Andere Anbieter von Kontrolldienstleistungen werden dadurch insofern benachteiligt, als der Eigentümer wohl regelmässig dasjenige Kontrollorgan auswählen wird, das die Arbeit für ihn kostenlos ausführt. Die Netzbetreiberin kann zwar ohne Weiteres die Übernahme der Kontrollkosten anbieten, nur muss dies dann für alle Eigentümer von elektrischen Installationen unabhängig von der Wahl des Kontrollorgans gleichermassen gelten.

Wenn im Weiteren die Netzbetreiberin einem Kontrollunternehmen die Adressen von Eigentümern zustellt, deren elektrische Installationen demnächst zur periodischen Kontrolle fällig werden, so verzerrt sie damit ebenfalls den Wettbewerb unter den Anbietern von Kontrolldienstleistungen. Sie verschafft dadurch dem betreffenden Unternehmen einen strategischen Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Abgesehen davon widerspricht dieses Vorgehen auch den in Art. 4 des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) formulierten Grundsätzen. So dürfen Personendaten u.a. nur zu dem Zweck bearbeitet3) werden, der bei der Beschaffung angegeben wurde, aus den Umständen ersichtlich oder gesetzlich vorgesehen ist (vgl. Art. 4 Abs. 3 DSG).

Die Aufzählung dieser Beispiele ist nicht abschliessend. Es handelt sich um klassische Fälle. Weitere Konstellationen sind möglich, wobei das ESTI stets den Einzelfall beurteilt.

Beispiel einer korrekten Aufforderung

Eine Netzbetreiberin, die an einem Kontrollunternehmen beteiligt oder Inhaberin eines solchen Unternehmens ist, kann in der Aufforderung zur periodischen Kontrolle beispielsweise folgende Formulierung verwenden:

«Das aktuelle Verzeichnis der kontrollberechtigten Unternehmen kann auf der Website des Eidgenössischen Starkstrominspektorats ESTI unter www.esti.admin.ch abgerufen werden.

Falls es Ihnen dienen sollte, dass wir für Sie ein entsprechendes Kontrollorgan in Ihrem Namen beauftragen, bitten wir Sie, das beiliegende Formular ausgefüllt zurückzusenden.»

Im Formular selber kann der Eigentümer der elektrischen Installation folgende Rubriken ankreuzen:

  • Wir bitten Sie, den Auftrag zur Installationskontrolle an ein kontrollberechtigtes Unternehmen weiterzuleiten.
  • Wir bitten Sie, den Auftrag zur Installationskontrolle an das nachstehend aufgeführte kontrollberechtigte Unternehmen weiterzuleiten.

 

Geht die Netzbetreiberin so vor, findet unter den Anbietern von Kontrolldienstleistungen keine Verzerrung des Wettbewerbs statt.

Fazit

Die unabhängigen Kontrollorgane und die akkreditierten Inspektionsstellen leisten einen wichtigen Beitrag an die Sicherheit der elektrischen Installationen in der Schweiz. Damit alle Anbieter von Kontrolldienstleistungen in einem geöffneten Markt über die gleichen Chancen verfügen, darf die Netzbetreiberin in der Aufforderung zur periodischen Kontrolle nicht ein einzelnes Unternehmen besonders empfehlen. Die Aufforderung darf objektiv betrachtet nicht zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führen. Andernfalls schreitet das ESTI aufgrund eigener Erkenntnis oder auf Anzeige hin ein.

Fussnoten

1) Schreiben des Sekretariats der Wettbewerbskommission an das ESTI vom 9. Mai 2006.
2) Den Anspruch auf Gleichbehandlung der Gewerbegenossen haben direkte Konkurrenten. Als solche gelten Angehörige der gleichen Branche, die sich mit gleichen Angeboten an dasselbe Publikum richten, um das gleiche Bedürfnis zu befriedigen (Entscheid des Bundesgerichts BGE 106 Ia 267, Erwägung 5a mit Hinweisen).
3) Bearbeiten: jeder Umgang mit Personendaten, unabhängig von den angewandten Mitteln und Verfahren, insbesondere das Beschaffen, Aufbewahren, Verwenden, Umarbeiten, Bekanntgeben, Archivieren oder Vernichten von Daten (Art. 3 Bst. e DSG).

 

Autor
Peter Rey

ist Jurist beim Rechtsdienst des ESTI.

  • ESTI
    8320 Fehraltorf
Autor
Daniel Otti

ist Geschäftsführer ESTI.

  • ESTI
    8320 Fehraltorf

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