Auf dem Weg zu Netto-Null
Globaler Ansatz
Als eines der ersten grossen Industrieunternehmen hat sich Siemens bereits 2015 zur Klimaneutralität im Geschäftsbetrieb bis im Jahr 2030 verpflichtet. Dieses ambitionierte Ziel erfordert einen globalen Ansatz in Zusammenarbeit mit allen Stakeholdern. Ein Blick auf die Situation und die Vorgehensweise.
Die Welt verändert sich heute in rasantem Tempo. Der Klimawandel, die Globalisierung, die Digitalisierung, der demografische Wandel und Urbanisierung erfordern einen nachhaltigen Geschäftsbetrieb. Einem global agierenden Unternehmen, das rund 311’000 Mitarbeitende zählt und im Geschäftsjahr 2022 über 72 Mia. € Umsatz erzielte, kommt dabei eine besondere Verantwortung zu. Siemens hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, bis im Jahr 2030 Netto-Null-Emissionen im eigenen Geschäftsbetrieb zu haben – mit 55% Emissionsreduktion bis 2025 und 90% bis 2030 im Vergleich zu 2019. Allfällige Restemissionen werden mit CO2-Zertifikaten kompensiert. Um das zu erreichen, genügt es nicht, sich gutklingende Ziele zu formulieren. Es ist eine Verpflichtung, die ein klares und messbares Rahmenwerk erfordert, das sämtliche Bestandteile von Nachhaltigkeit inkludiert. Das Unternehmen ist auf gutem Weg, die Verpflichtungen zu erreichen – zwischen 2019 und 2022 konnte der CO2-Fussabdruck bereits um 46% reduziert werden.
Degree-Rahmenwerk und Science Based Targets
Das Degree-Rahmenwerk für Nachhaltigkeit ist die Antwort von Siemens auf die dringendsten Herausforderungen der Gesellschaft und beinhaltet die ESG-Prioritäten in einem 360-Grad-Nachhaltigkeitsansatz. «Degree» ist ein Akronym und setzt sich aus den sechs Handlungsfeldern Decarbonization, Ethics, Governance, Resource efficiency, Equity und Employability zusammen. In allen sechs Handlungsfeldern sind klare und messbare Ziele definiert, welche für den ganzen Konzern weltweit gelten. Mit dem Rahmenwerk werden alle relevanten Stakeholder adressiert, von den Mitarbeitenden über Lieferanten und Investoren bis hin zur Gesellschaft. Das Ziel «Netto-Null-Emissionen» bis 2030 ist im Handlungsfeld Decarbonization angesiedelt. Im Jahr 2021 hat sich Siemens zusätzlich zur Science-Based-Targets-Initiative (SBTi) und den Climate-Group-Initiativen EV100, RE100 und EP100 verpflichtet. Die SBTi-Initiative unterstützt Firmen bei der Reduzierung von Emissionen im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen. Die drei Climate-Group-Initiativen bestehen aus drei Zielen, die bis 2030 erreicht werden müssen: RE100 hat das Ziel, komplett auf Strom aus erneuerbaren Quellen umzustellen. EV100 strebt eine komplette Umstellung der Fahrzeugflotte auf Elektrofahrzeuge an und die EP100-Verpflichtung besagt, dass man nur noch Gebäude besitzt oder mietet, die keine Netto-CO2-Emissionen mehr aufweisen.
Fokus erneuerbare Energien, Gebäude und Flotte
Einen grossen Hebel in Richtung Netto-Null bieten die drei Bereiche Gebäude, Flotte sowie der effiziente Umgang mit erneuerbarer Energie. Nicht erst seit dem Beitritt zur RE100-Initiative arbeitet Siemens an einer ständigen Erhöhung des Stromanteils aus erneuerbaren Energien. Im Geschäftsjahr 2022 hat das Unternehmen weltweit 77% des benötigten Stroms aus erneuerbaren Quellen bezogen. Und auch in der Schweiz kommt Siemens dem Ziel, Strom nur aus erneuerbaren Quellen zu beziehen, immer näher. So wurden soeben an den Standorten in Zug und Zürich PV-Anlagen in Betrieb genommen, die 1,7 GWh pro Jahr Strom liefern. Die drei Eigentumsstandorte Steinhausen, Zürich und Zug sowie der Produktionsstandort Wallisellen beziehen Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Form von Wasserkraft oder Photovoltaik. Dies entspricht 90% des Stromverbrauchs von Siemens in der Schweiz. Seit 2020 beziehen die Gebäude in Zürich, Steinhausen und Wallisellen Wärme aus Biogas. Ziel bis 2030 ist es, Strom zu 100% aus erneuerbaren Quellen zu beziehen, wie es die Initiative RE100 vorsieht.
Im Gebäudebereich will das Unternehmen nur noch Gebäude besitzen oder mieten, die keine Netto-CO2-Emissionen mehr aufweisen. Dies wird durch den CO2-neutralen Neubau von Gebäuden, Modernisierungen, Anmietung von Büroflächen mit möglichst niedrigen Emissionen sowie der zukünftigen Kompensation von verbleibenden Emissionen durch CO2-Zertifikate, wenn andere Massnahmen ausgeschöpft wurden, erreicht. Aktuell sind weltweit bei 41 Standorten im Regelbetrieb keine Netto-CO2-Emissionen mehr zu verzeichnen. Mit dem «New Normal Working Model» verringern sich die Emissionen aus der Nutzung der Gebäude sowie durch Arbeitswege.
Als einer der ersten grossen Standorte wird der neue Siemens-Campus in Zug nach dem Abschluss der Bauarbeiten im Jahr 2023 komplett klimaneutral betrieben. Nebst einem Bürogebäude befinden sich auch eine Produktion sowie ein Gebäude für Forschung und Entwicklung in Zug. Möglich macht dies ein Mix aus bewährten Anwendungen sowie modernsten Technologien. Wärmepumpen und Wasser aus dem Zugersee werden zur Kühlung und zum Heizen genutzt, PV-Anlagen unterstützen den Standort in der Stromproduktion. Bepflanzte Flachdächer sorgen für eine zusätzliche Isolationsschicht. Ein intelligentes Gebäudeautomationssystem sorgt für die optimale Raumklimatisierung und Energieeffizienz. Zusammen mit den LED-Beleuchtungen sorgt das System für den bestmöglichen Raumkomfort. Die beiden Eigentumsstandorte Zürich und Zug sind LEED-zertifiziert.
Dieser Prozess ist jedoch noch nicht abgeschlossen – die Eigenstandorte werden laufend optimiert und das nächste Projekt ist ebenfalls bereits in der Pipeline: So entsteht am Standort von Siemens Mobility in Wallisellen für 70 Mio. CHF ein innovativer Industrie- und Bürokomplex mit rund 13'500 m². Auch hier wird von Anfang an grosser Wert auf eine nachhaltige Planung, Realisierung und Bewirtschaftung gelegt. So werden nicht nur eine LEED-Zertifizierung und ein CO2-neutraler Betrieb angestrebt, sondern auch eine ressourcenschonende Bauweise umgesetzt. Das Gebäude wird mit modernster Gebäudetechnik des Unternehmens ausgestattet, die für ein effizientes, gesundes und angenehmes Raumklima sorgt, und auf dem Dach wird ebenfalls eine grosse Photovoltaikanlage installiert. Die Fertigstellung des Gebäudes ist voraussichtlich 2025 geplant.
Das Unternehmen arbeitet weiter an der Emissionssenkung in der Fahrzeugflotte. Es betreibt weltweit rund 42 000 Fahrzeuge und strebt, wie erwähnt, eine vollständige Elektrifizierung bis 2030 an. Dies betrifft auch die Serviceflotte in der Schweiz, wo die Umrüstung von Verbrennern auf Elektroautos bereits begonnen hat. Bis ins Jahr 2030 sollen so alle 1200 Servicefahrzeuge von Siemens in der Schweiz elektrisch betrieben werden. Darüber hinaus wird die Ladeinfrastruktur an Schweizer Standorten laufend ausgebaut. Aktuell verfügen alle Schweizer Standorte über 113 Ladepunkte.
CO2-Reduktion in der Lieferkette
Im Geschäftsjahr 2022 kaufte das Unternehmen bei etwa 66 000 Lieferanten aus rund 150 Ländern Güter und Dienstleistungen im Wert von knapp 35 Mia. € ein – dies entspricht in etwa der Hälfte seines Gesamtumsatzes. Diese Einkaufsaktivitäten haben einen grossen Einfluss auf die Gesellschaft und die Umwelt. Es ist also unabdingbar, dass auch die Lieferkette in die Bemühungen miteinbezogen wird. Es sind enorme Anstrengungen nötig, um überhaupt berechnen zu können, wie hoch der CO2-Ausstoss in der Lieferkette ist.
«Carbon Reduction @ Suppliers» ist der umfassende Ansatz des Unternehmens zur Unterstützung von Lieferanten bei der Festlegung von Zielen und Aktionsplänen zur Verringerung ihres CO2-Fussabdrucks. Der Ansatz besteht aus dem Carbon Web Assessment (CWA) und einer ausgefeilten CO2- Überwachung der Emissionen der vorgelagerten Lieferkette. Dadurch kann aktiv Einfluss auf den betrieblichen CO2-Fussabdruck der Lieferanten genommen werden. Durch das CWA gewinnt Siemens Transparenz über die Anstrengungen bei den Lieferanten, erhöht die Genauigkeit der modellierten CO2-Schätzungen, gewinnt Einblicke in die Leistung der Lieferanten und kann Ergebnisse vergleichen. Darüber hinaus ermöglicht der Green Digital Twin, den ökologischen Fussabdruck auf Produktebene zu simulieren und Einkaufsentscheidungen zu unterstützen. Mit Hilfe dieser Instrumente wird das Ziel verfolgt, bis 2030 eine Emissionsreduktion von 20% in der Lieferkette zu erreichen und bis 2050 eine Netto-Null-Lieferkette zu verzeichnen.
Klimaschutz bei der Kundschaft
Das Portfolio von Siemens leistet einen wichtigen Beitrag im Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft mit einem Fokus auf Automatisierung und Digitalisierung, smarte Infrastruktur für Gebäude und dezentrale Energiesysteme sowie intelligenten Mobilitätslösungen. Im Geschäftsjahr 2022 haben Kunden mit Siemens-Lösungen 153 Mio. t CO2-Äquivalente eingespart. Das sind mehr als die dreifachen jährlichen CO2-Äquivalente der Schweiz. Technologien, die bei der Kundschaft von Siemens am stärksten zur Vermeidung von CO2-Äquivalenten beitragen, sind Frequenzumrichter, schienengebundener Personen- und Güterverkehr sowie Gebäudetechnik. Die eingesparten Emissionen allein spiegeln jedoch nicht alle positiven Effekte wider. So gibt es bislang noch nicht für alle Lösungen und Produkte, wie zum Beispiel Software und Automatisierungstechnik, robuste Berechnungsansätze, um deren Dekarbonisierungseffekt zu quantifizieren. Einigen dieser Produkte aus dem Bereich Elektrifizierung und Digitalisierung, die als «enabling technologies» (Systemermöglichung) ein relevanter Wegbereiter für eine nachhaltige Wirtschaft sind, kann derzeit keine direkte Emissionsvermeidung zugewiesen werden. Sie spielen aber eine Rolle, die globalen Umweltziele zu erreichen, da sie Systeme für den Umbau zu einer klimaneutraleren Wirtschaft bereitstellen.
![Dank Energiespar-Contracting reduziert sich der jährliche CO<sub>2</sub>-Ausstoss des Hotels «Beatus» um 719 t.](files/content/news-articles/B_Artikel/Archiv/2023/2307/B_2307_Estermann/B_2307_Estermann_Bild_2.jpg)
Und auch in der Schweiz hilft das Unternehmen ihren Kundinnen und Kunden, CO2-Emissionen einzusparen. Beispiel: das «Beatus Wellness- und Spa-Hotel» in Merligen am Thunersee. Wie bei vielen anderen Hotels auch ist die Wärmeerzeugung, bedingt durch Schwimmbäder, Wellness- und Spa-Bereiche, äusserst energieintensiv und oft stark von fossilen Brennstoffen abhängig. Um die Wärmeerzeugung des Hotels zu erneuern, ökologischer und CO2-frei zu gestalten, wurde Siemens mit einem sogenannten Turnkey-Projekt für die Umsetzung beauftragt und hat eine Seewasser-Wärmepumpe als neue Form der Wärmeerzeugung installiert. Ein Projekt dieser Art zeichnet sich durch den ganzheitlichen Charakter aus, worin Siemens als technischer Generalunternehmer für sämtliche Gewerke die Verantwortung übernimmt und die notwendigen Projektschritte mit den unterschiedlichen Partnern koordiniert und realisiert. Mit dem definierten Energiespar-Contracting, womit der Wirkungsgrad der Anlage über zehn Jahre garantiert wird, macht das Hotel in Sachen Nachhaltigkeit den nächsten Schritt. So reduziert sich der jährliche CO2-Ausstoss um bis zu 719 t.
Als Unternehmen klimaneutral zu werden, sollte nicht einfach nur eine in der Zukunft liegende Zieldefinition sein. Es ist eine Verpflichtung gegenüber zukünftigen Generationen. Der Prozess hin zur Klimaneutralität muss laufend analysiert, optimiert und erweitert werden. Es ist ein Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Stakeholdern eines Unternehmens. Die Technologien, um die Klimaneutralität zu erreichen, sind heute schon verfügbar. Es geht darum, diese zu nutzen und zu integrieren. Denn der Weg hin zur Klimaneutralität ist für Siemens alternativlos.
Links
- Bundesamt für Umwelt BAFU. Klima: Das Wichtigste in Kürze
- Siemens Nachhaltigkeitsbericht 2022
- Siemens Schweiz Nachhaltigkeit
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