«Auf Augenhöhe miteinander reden»
Architektur und Gebäudetechnik
Der Trend zur Nachhaltigkeit ist auch in der Architektur präsent. Dabei beschränken sich die Fragen nicht nur auf die Gebäudetechnik, sondern setzen auch bei nichttechnischen Aspekten an. Ein gegenseitiges Verständnis der Akteure aus Gebäudetechnik und Architektur ist wichtig. Manfred Spoerri zeigt im Gespräch die Perspektive des Architekten auf.
Bulletin: Ist für Sie als Architekten die Gebäudetechnik ein nötiges Übel oder eine spannende Chance?
Manfred Spoerri: Sie ist immer eine Chance. Wir arbeiten stets sehr gerne mit Spezialisten zusammen, damit wir eine möglichst optimale Lösung mit der Haustechnik erreichen. Architekten wünschen sich, dass man konstruktiv zusammenarbeitet – dass wir die Gestaltung einfliessen lassen können, aber dass wir auch Rücksicht nehmen können auf eine möglichst gute Auslegung einer PV-Anlage. Man muss die Balance finden. Dazu müssen beide Parteien offen sein. Wir sind auf Angaben angewiesen, was technisch möglich ist, und was nicht, aber wir wollen den Ingenieuren auch eine Basis geben, die sie dazu anregt, wie sie die Technik realisieren und optimieren können. Wir wollen auf Augenhöhe mitreden, um räumlich bessere Lösungen zu finden. Und natürlich, um eine Antwort auf die Frage zu finden, wie viel Technik wirklich erforderlich ist.
Wie stark ist der Trend zur Nachhaltigkeit in der Architektur?
Die Nachhaltigkeit fängt bei uns Architekten schon da an, wo man sich fragt, welches Raumkonzept wo eingesetzt werden soll, und wie gross der Keller und die Tiefgarage sein sollen. Die Gänge sollten minimiert und der Wohnraum maximiert werden. Auch der Aussenraum ist wichtig, wobei man gewisse Kompromisse eingehen muss. Wenn man sagen würde, man baue aus Nachhaltigkeitsgründen keine Balkone, wäre es wahrscheinlich eine falsche Richtung. Ausserdem gewinnt das Thema Materialien an Bedeutung: Holz und Lehm werden vermehrt eingesetzt. Und das Thema Photovoltaik ist heute fast selbstverständlich. Es ist ein Gebäude-Bestandteil. Uns interessiert, wie man sie am besten integrieren kann.
Schränkt Nachhaltigkeit, beispielsweise durch den Einsatz von Fassaden-Solarpanels, die kreativen Möglichkeiten eines Architekten ein?
Eine Einschränkung ist es nicht. Ich würde sagen, es ist eher eine Herausforderung. Von der Ziegelindustrie und von den Photovoltaik-Herstellern werden immer mehr interessante Lösungen angeboten. Beispielsweise gibt es auch keramische Solar-Kacheln für Fassaden. Man kann die Photovoltaik heute sehr gut in die Architektur integrieren.
Wie wichtig sind nichttechnische Lösungen wie der Einsatz von Tageslicht?
Tageslicht wurde in der Architektur schon immer eingesetzt. Bezüglich Orientierung ist es etwas vom Wichtigsten. Wie man das Licht mit Oberlichtern einbringen kann, ist sehr spannend. Da passiert im Raum etwas Interessantes. Man erreicht mit Tageslicht eine Tiefe, eine unglaubliche räumliche Qualität. Das künstliche und das natürliche Licht müssen sich dabei aber ergänzen. Wie dies geschehen soll, ist im Einzelfall keine einfache Frage.
Noch eine persönliche Frage zum Schluss: Wie viel Smart-Home-Technik haben Sie zu Hause?
Bei uns zu Hause ist es noch kein Thema. Unsere Generation ist noch nicht so affin, dass man mit dem Smartphone alles steuern müsste. Ich habe den Wunsch noch nicht so stark verspürt. Ehrlicherweise weiss ich auch nicht, was alles möglich ist. Es gibt zweifellos gewisse Bedürfnisse, bei denen Smart Home sinnvoll eingesetzt werden kann. Aber einen intelligenten Kühlschrank, der mir die Einkäufe automatisch auslöst, möchte ich nicht. Da gehe ich lieber in ein Geschäft oder auf einen Markt, wo man einen persönlichen Kontakt hat. Auf den Märkten in Südfrankreich sieht und riecht man die angebotenen Früchte und wird so zum Einkaufen inspiriert. Eine technische Lösung ist für mich zu wenig attraktiv. Dafür bin ich zu sehr ein Genussmensch.
Zur Person
Manfred Spoerri, diplomierter Architekt ETH, ist Co-Geschäftsführer des Architekturbüros Spoerri Thommen Architekten AG. Er war von 1998 bis 2002 Assistent bzw. Diplomassistent für Entwurfsbetreuung am Lehrstuhl von Professorin Flora Ruchat-Roncati an der ETH Zürich.
- Spoerri Thommen Architekten AG, 8045 Zürich
Kommentare