Fachartikel Erneuerbare Energien , Infrastruktur , Integration ins Netz

Alpine Solar­anlagen ans Netz anschliessen

Netzausbau für die Energiewende

28.02.2023

Bis 2035 soll die Schweiz 35 TWh erneuer­baren Strom erzeugen. Im Oktober 2022 wurden «Dringliche Mass­nahmen zur kurz­fristigen Bereit­stellung einer sicheren Strom­ver­sorgung im Winter» in Kraft gesetzt. Vorge­sehen ist die Förde­rung von alpinen Solar­anlagen, sofern diese bis 2025 mindes­tens 10% und bis 2028 ihre gesamte produ­zierte Energie ins Netz einspeisen.

Die Schweiz will ihre Winter­strom­produktion erhöhen und diskutiert die Erstellung von alpinen PV-Anlagen. Dieser Artikel beleuchtet die für den Abtransport der Energie erfor­der­lichen Netz­ver­stär­kungen, damit dieses Vorhaben gelingt.

Im November 2022 hat eine BFE- Studie gezeigt, was im Netz­bereich auf uns zukommt: Um die Ziele der Energie­stra­tegie bis 2050 zu erreichen, müssen die Verteilnetze im Basis-Szenario für rund 30 Mrd. CHF aus- und umgebaut werden. Die Heraus­forde­rungen sind also gross, und die BKW setzt sich für einen effi­zienten Anschluss der PV-Anlagen ans Netz ein.

Anschluss ans bestehende Netz

Für entlegene alpine Solar­anlagen bestehen besondere Heraus­forde­rungen. In schwach besiedelten Gebieten wie den Alpen wurde wenig Netz­infra­struktur gebaut: Starke Leitungen wurden oft nur zu den Kraft­werken und Stauseen gebaut.

Es ist also zentral, die alpinen PV-Anlagen dort zu erstellen, wo es schon heute eine starke Infra­struktur gibt, also meist dort, wo heute Wasser­kraft­werke und die grösseren Unter­stationen stehen. Damit ist die Wahr­scheinlich­keit höher, dass das bestehende Netz die Energie abtrans­portieren kann. In manchen Fällen wird das Netz trotzdem noch verstärkt werden müssen.

Zentral für das Gelingen ist auch die Zeit, die dem Netzausbau zuge­standen wird. Es hilft zwar, dass für die Solaranlagen und ihre Anschluss­leitungen ein vereinfachtes, beschleunigtes Verfahren und finanzielle Förderung vorgesehen sind. Ab diesem Anschluss­punkt bleiben aber die aktuellen Regelungen zur Verstärkung des beste­henden Netzes und zum Abtransport der Energie in Kraft: Für jede Netzverstärkung sind die Ein­willigungen aller Grundbesitzer einzuholen sowie umfangreiche Abklärungen und Bewilli­gungen mit diversen Ämtern zu durch­laufen. Die Erfahrung lehrt, dass durch Einsprachen manches Projekt zum Erliegen kam. Die Aufnahme der gesamten Produk­tion aus den geplanten alpinen Solar­anlagen bis 2028 ist gefährdet, wenn nicht auch für die Verstärkung des bestehenden Netzes beschleunigte Verfahren ermöglicht werden; ein zentrales Anliegen auch der BKW.

Zwei weitere Heraus­for­de­rungen sind der Fach­kräfte­mangel und die Liefer­fristen für Material. Genügend ausgebildetes Personal für Planung und Bau zu finden, ist heute äusserst schwierig; die Situation wird sich kaum kurzfristig verbessern. Und die Lieferfristen für das Material haben sich stark verlängert, für grosse Trans­forma­toren betragen sie bis zu 30 Monate.

Blick über die Grenze

In einem Artikel der «Stuttgarter Zeitung» vom 30. Januar 2023 wird die Situation in Deutschland geschildert, und es wird klar, dass der Netzausbau zur Ermögli­chung der Energiewende ein inter­nationales Thema ist. Die Anschlüsse von PV-Anlagen ans Verteilnetz in Baden-Württemberg (Netze BW) haben sich in den letzten drei Jahren verdreifacht. Wartezeiten von bis zu acht Monaten sind die Folge, während die Zahl der Anschluss­gesuche ungebremst wächst. Netze BW sucht für die neuen Anschlüsse 200 Spezialisten.

Gleichzeitig muss Netze BW das bestehende Netz stark ausbauen. Bereits heute können neue Wind­anlagen nicht immer am nächst­möglichen Anschluss­punkt andocken, weil dort das Netz voll belegt ist. Die Investoren der Wind­anlagen müssen erhebliche Mehrkosten für längere Leitungen in Kauf nehmen.

«BelpmossSolar» als Beispiel

Der Flughafen Belp plant mit BKW die grösste Solaranlage der Schweiz. Sie wird mit einer Jahres­produktion von rund 35 GWh (im Winter über 10 GWh) wesentlich zur Versor­gungs­sicher­heit der Schweiz beitragen und dank der Nähe zu einem starken Netz eine Strom­erzeugung zu wirt­schaft­lichen Rahmen­bedingungen gewährleisten. Für den Netzanschluss sind zudem keine neuen ober­irdischen Leitungen nötig.

Fazit

Für einen Anschluss der geplanten alpinen PV-Anlagen braucht es dringend auch für das bestehende Verteilnetz vereinfachte und beschleunigte Verfahren für dessen Verstärkung. Die Standortwahl in der Nähe von starken Netzknoten, Unterstationen und Wasser­kraft­werken erhöht die Wahr­schein­lichkeit, dass das Verteilnetz mit kleineren oder schnell umsetzbaren Mass­nahmen ertüchtigt und so die eingespeiste Energie abtrans­portiert werden kann. Damit würden gleichzeitig auch die Engpässe bei Fach­spezialisten und Material weniger ins Gewicht fallen.

Autor
Daniel Brand

ist Leiter Netzbetrieb bei BKW Power Grid.

  • BKW Power Grid, 3003 Bern

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