Alpine Solaranlagen ans Netz anschliessen
Netzausbau für die Energiewende
Bis 2035 soll die Schweiz 35 TWh erneuerbaren Strom erzeugen. Im Oktober 2022 wurden «Dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter» in Kraft gesetzt. Vorgesehen ist die Förderung von alpinen Solaranlagen, sofern diese bis 2025 mindestens 10% und bis 2028 ihre gesamte produzierte Energie ins Netz einspeisen.
Die Schweiz will ihre Winterstromproduktion erhöhen und diskutiert die Erstellung von alpinen PV-Anlagen. Dieser Artikel beleuchtet die für den Abtransport der Energie erforderlichen Netzverstärkungen, damit dieses Vorhaben gelingt.
Im November 2022 hat eine BFE- Studie gezeigt, was im Netzbereich auf uns zukommt: Um die Ziele der Energiestrategie bis 2050 zu erreichen, müssen die Verteilnetze im Basis-Szenario für rund 30 Mrd. CHF aus- und umgebaut werden. Die Herausforderungen sind also gross, und die BKW setzt sich für einen effizienten Anschluss der PV-Anlagen ans Netz ein.
Anschluss ans bestehende Netz
Für entlegene alpine Solaranlagen bestehen besondere Herausforderungen. In schwach besiedelten Gebieten wie den Alpen wurde wenig Netzinfrastruktur gebaut: Starke Leitungen wurden oft nur zu den Kraftwerken und Stauseen gebaut.
Es ist also zentral, die alpinen PV-Anlagen dort zu erstellen, wo es schon heute eine starke Infrastruktur gibt, also meist dort, wo heute Wasserkraftwerke und die grösseren Unterstationen stehen. Damit ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass das bestehende Netz die Energie abtransportieren kann. In manchen Fällen wird das Netz trotzdem noch verstärkt werden müssen.
Zentral für das Gelingen ist auch die Zeit, die dem Netzausbau zugestanden wird. Es hilft zwar, dass für die Solaranlagen und ihre Anschlussleitungen ein vereinfachtes, beschleunigtes Verfahren und finanzielle Förderung vorgesehen sind. Ab diesem Anschlusspunkt bleiben aber die aktuellen Regelungen zur Verstärkung des bestehenden Netzes und zum Abtransport der Energie in Kraft: Für jede Netzverstärkung sind die Einwilligungen aller Grundbesitzer einzuholen sowie umfangreiche Abklärungen und Bewilligungen mit diversen Ämtern zu durchlaufen. Die Erfahrung lehrt, dass durch Einsprachen manches Projekt zum Erliegen kam. Die Aufnahme der gesamten Produktion aus den geplanten alpinen Solaranlagen bis 2028 ist gefährdet, wenn nicht auch für die Verstärkung des bestehenden Netzes beschleunigte Verfahren ermöglicht werden; ein zentrales Anliegen auch der BKW.
Zwei weitere Herausforderungen sind der Fachkräftemangel und die Lieferfristen für Material. Genügend ausgebildetes Personal für Planung und Bau zu finden, ist heute äusserst schwierig; die Situation wird sich kaum kurzfristig verbessern. Und die Lieferfristen für das Material haben sich stark verlängert, für grosse Transformatoren betragen sie bis zu 30 Monate.
Blick über die Grenze
In einem Artikel der «Stuttgarter Zeitung» vom 30. Januar 2023 wird die Situation in Deutschland geschildert, und es wird klar, dass der Netzausbau zur Ermöglichung der Energiewende ein internationales Thema ist. Die Anschlüsse von PV-Anlagen ans Verteilnetz in Baden-Württemberg (Netze BW) haben sich in den letzten drei Jahren verdreifacht. Wartezeiten von bis zu acht Monaten sind die Folge, während die Zahl der Anschlussgesuche ungebremst wächst. Netze BW sucht für die neuen Anschlüsse 200 Spezialisten.
Gleichzeitig muss Netze BW das bestehende Netz stark ausbauen. Bereits heute können neue Windanlagen nicht immer am nächstmöglichen Anschlusspunkt andocken, weil dort das Netz voll belegt ist. Die Investoren der Windanlagen müssen erhebliche Mehrkosten für längere Leitungen in Kauf nehmen.
«BelpmossSolar» als Beispiel
Der Flughafen Belp plant mit BKW die grösste Solaranlage der Schweiz. Sie wird mit einer Jahresproduktion von rund 35 GWh (im Winter über 10 GWh) wesentlich zur Versorgungssicherheit der Schweiz beitragen und dank der Nähe zu einem starken Netz eine Stromerzeugung zu wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gewährleisten. Für den Netzanschluss sind zudem keine neuen oberirdischen Leitungen nötig.
Fazit
Für einen Anschluss der geplanten alpinen PV-Anlagen braucht es dringend auch für das bestehende Verteilnetz vereinfachte und beschleunigte Verfahren für dessen Verstärkung. Die Standortwahl in der Nähe von starken Netzknoten, Unterstationen und Wasserkraftwerken erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Verteilnetz mit kleineren oder schnell umsetzbaren Massnahmen ertüchtigt und so die eingespeiste Energie abtransportiert werden kann. Damit würden gleichzeitig auch die Engpässe bei Fachspezialisten und Material weniger ins Gewicht fallen.
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